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Vorwort
ОглавлениеAufgewachsen in der mittelhessischen Kleinstadt Lich „im Herzen der Natur“, sind mir Vögel seit den frühen 1950er-Jahren vertraut. Die Mehlschwalbenkolonie am Nachbarhaus, die Rauchschwalben in den nahen Kuhställen, die Weißstörche mit ihrem Nest auf dem Kirchendach oder bei der Nahrungssuche in den umliegenden Wiesen, der Kuckucksruf im Wald, das Hausrotschwänzchen auf den Dächern in der historischen Altstadt, der Grünspecht in den Streuobstwiesen oder der Eisvogel am kleinen Fluss der Wetter, die der Region den Namen Wetterau gab – alle gehörten sie zu meinen Bekannten. Auch der Rotmilan, der während seiner Saison täglich segelnd über dem Offenland zu sehen war, und die Mauersegler mit ihren Flugrufen während ihrer rasanten Luftmanöver über der Kleinstadt am Himmel und zwischen den Häusern sind vertraute Bilder und Geräusche aus meiner Kindheit. Und dann kam jedes Jahr die Zeit, zu der einige von den gerade beschriebenen Vogelarten sich sammelten und plötzlich weg waren. Früh hatte ich schon erfahren, dass diese Arten – auch Zugvögel genannt – wegzogen, um in wärmeren Gefilden, wohl in Afrika, zu überwintern. Und jedes Jahr war die Freude groß, wenn im Frühjahr die Vertrauten alle wieder zurück waren. Da war das Kinderlied „Alle Vögel sind schon da“ direkt erlebbar. Der Eindruck, den die Vögel auf mich machten, war wohl so stark, dass ich ein Schulheft als „Tierbeobachtungsheft Nr. 1, 1960–1961“ anlegte, um darin meine Beobachtungen aufzuschreiben und mit (schlechten) Fotos und Zeichnungen zu ergänzen. Der frühe Wunsch, „Tierforscher“ zu werden, führte mich nach dem Biologiestudium und einigen Jahren in der universitären Forschung in Gießen mit Schwerpunkt Säugetiere und Verhaltensforschung nach Bayern in den Naturschutz. Nicht unwesentlich für den Umstieg von der Universität in die Naturschutzverwaltung war, dass ich als Student in den Semesterferien, zum Teil auch während der Vorlesungszeiten (!), die letzten Brutplätze der Wanderfalken in Bayern und Baden-Württemberg bewachte, um diese vor menschlichen Nesträubern zu schützen. So waren es Vögel, die meinen Wechsel vom Forschen zum Schützen maßgeblich beeinflussten. Als Artenschutzreferent im Regierungsbezirk Oberbayern und zuletzt Sachgebietsleiter für Fachfragen des Naturschutzes stand neben vielem anderen dann auch das Wohl und der Schutz von Brut- und Gastvögeln (und der Fledermäuse) weit oben auf der Agenda. Dabei kam ich auch mit Größen der Ornithologie in Kontakt, allen voran Einhard Bezzel als damaliger Leiter der Vogelschutzwarte in Garmisch-Partenkirchen. Mit meiner Rückkehr nach Hessen nach elf bayerischen Jahren und der Übernahme der Leiterstelle an der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland wurde Einhard Bezzel zum Kollegen und alle Vogelschutzwarten-Kollegen wurden zu Freunden. Diese Verbindung endete nicht mit dem Ruhestand nach 22 Jahren Vogelschutzwarte. Sie geht weiter und führte letztlich auch zu diesem Buch, das die Forschungsergebnisse vieler Freunde und Kollegen zusammenfasst und Schwerpunkte setzt, die mir aus meiner langjährigen beruflichen wie ehrenamtlichen Tätigkeit im Natur-, Arten- und speziell im Vogelschutz besonders wichtig scheinen. Es ist die Natur um uns – und hier besonders die fast überall sicht- und erlebbare Vogelwelt –, die unser Leben bereichern kann. Durch unser Tun wie durch unser Unterlassen können wir dazu beitragen, dass die Vögel unsere Begleiter bleiben. Viel Vergnügen bei der wundersamen Reise mit den Zugvögeln und deren Schutz!
Klaus Richarz
1 Erste Tierbeobachtungen, niedergeschrieben und illustriert vom Autor als 13-Jähriger.