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Kapitel 4

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Wyatt

Meine Finger fliegen über die Computertastatur und übertönen beinahe das leise Klopfen an meiner Bürotür. Ich werfe einen Blick auf die kleine Uhr in der unteren Bildschirmecke und runzle die Stirn. Mein nächster Termin ist erst in einer Stunde, was bedeutet, dass das ein unerwarteter Besuch ist und die bedeuten nur selten etwas Gutes.

»Herein«, rufe ich.

Die Tür öffnet sich und Mary erscheint mit einem dünnen, blassen Mädchen im Teenageralter. Ich widerstehe dem Drang, aufzustehen und sie hastig hereinzubitten. Während meiner ehrenamtlichen Arbeit im Rainbow House habe ich gelernt, dass es am besten ist, es mit den Neuankömmlingen langsam angehen zu lassen. Viele kommen aus Elternhäusern, in denen sie missbraucht wurden und reagieren nicht gut auf einen Mann, der von einem Schreibtisch aufspringt und auf sie zueilt.

»Hallo, ich bin Wyatt, wie kann ich helfen?«, frage ich sanft und richte die Frage eher an das Mädchen als an Mary. Als ich keine Antwort bekomme, richte ich meinen Blick auf Mary, um herauszufinden, ob sie mehr weiß.

»Das ist Margaret. Sie ist heute Morgen angekommen und nach ein paar ziemlich anstrengenden Stunden mit Beck, dachte ich, dass es ihr vielleicht helfen würde, kurz mit dir zu sprechen, bevor ich sie im Schlafsaal unterbringe.«

Ein paar Stunden mit Beck? Das muss bedeuten, dass Margaret wegen eines ziemlich großen rechtlichen Problems hierhergekommen ist. Becks Hauptaufgabe hier ist es, sich für die Teenager um Sorgerechtsfragen zu kümmern, wenn sie hier ankommen, aber manchmal gibt es auch größere rechtliche Probleme, die er bewältigen muss. Er verbringt etwas Zeit mit den Teenagern und telefoniert dann mit den zuständigen Behörden.

»Klar doch, danke, Mary.« Ich schenke ihr ein kurzes Lächeln und stehe dann langsam auf. »Möchtest du etwas essen oder trinken, Margaret?«

»Das wäre toll. Ich hab ziemlichen Hunger.« Sie legt sich eine Hand auf den Bauch, aber tiefer, als man es von jemandem erwarten würde, der von Hunger spricht. Vielleicht ist sie schwanger? Es wäre nicht das erste Mal.

»Okay, wie wäre es, wenn wir uns in die Küche schleichen und mal sehen, was wir finden und dann kommen wir wieder hierher zurück und unterhalten uns, wenn du möchtest?«

Sie nickt und lässt sich von mir den Flur entlang in die Küche führen. Nachdem wir uns ein paar Sandwiches gemacht und uns Chipstüten sowie ein paar Limos geschnappt haben, gehen wir zurück in mein Büro.

»Möchtest du, dass ich dich Margaret nenne, oder ist dir etwas anderes lieber?«, frage ich nach, sobald wir sitzen und sie sich auf das Essen stürzt.

»Maggie«, antwortet sie kleinlaut und ich nicke.

»Kein Problem, Maggie. Ich bin sicher, dass du nach dem Treffen mit Beck heute Morgen keine Lust mehr zum Reden hast, aber er ist Anwalt und ich bin Therapeut, was bedeutet, dass ich ein viel besserer Zuhörer bin als er«, sage ich und zwinkere ihr zu, damit sie weiß, dass ich Beck nicht wirklich schlechtmache. »Gibt es etwas, worüber du mit mir reden willst?«

Sie zuckt mit den Schultern und knabbert an einem Chip.

»Ich darf hierbleiben, oder? Ich mag Mädchen, also heißt das, dass ich bleiben kann?«, fragt sie nach.

»Auf jeden Fall. Und wenn du nicht LGBT wärst, würden wir einen anderen sicheren Ort für dich finden. Wir schicken niemanden zurück auf die Straße oder in gefährliche Situationen«, versichere ich ihr.

»Aber es stimmt. Also, dass ich Mädchen mag.« Ihre Schultern sind abwehrend hochgezogen und ihr Gesichtsausdruck ist angespannt und verschlossen.

Ich nicke. »Ich mag Jungs«, sage ich schulterzuckend, damit sie weiß, dass sie keine Angst haben muss, hier über ihre sexuelle Orientierung zu sprechen. Das ist der Grund, warum das Rainbow House existiert.

»Waren Ihre Eltern wütend, als Sie es ihnen gesagt haben?«, fragt Maggie und rupft ein Stück ihres Sandwichs ab.

»Ja, sie waren wütend. Wir haben nicht miteinander gesprochen, seit ich es ihnen gesagt hab.« Das ist die Kurzfassung. Es würde den ganzen Nachmittag dauern, Maggie alles über meine verkorkste Familie zu erzählen.

»Sind Sie traurig, weil sie nicht mehr mit Ihnen reden?«

»Eigentlich will ich nicht mit ihnen reden. Ich hab ihnen gesagt, dass ich mir von ihnen kein schlechtes Gefühl einimpfen lassen werde, wenn sie mich nicht akzeptieren können, und das war's. Manchmal macht es mich traurig, aber ich habe gute Freunde gefunden, die jetzt wie eine Familie für mich sind.«

Maggie nickt. »Meine Familie sind Mormonen, aber die Art, bei der ich mit 15 heiraten musste.«

Mein Magen zieht sich zusammen und ich muss die Zähne zusammenbeißen, um nicht zu zischen. Einige der Praktiken von fundamentalistischen Mormonen sind mir nur allzu vertraut.

Erneut legt sie sich eine Hand über den Bauch. Hört sich an, als hätte Beck mit ihr viel Arbeit vor sich.

»Und du bist weggelaufen, weil du diesen Mann nicht heiraten wolltest?«, rate ich.

»Ich hab ein anderes Mädchen geküsst. Eine meiner Freundinnen und mein Vater hat es gesehen. Er hat es meinem Ehemann erzählt und sie haben gesagt, dass Satan mich verführen will. Sie haben mich in einen Schuppen gesperrt und mir gesagt, dass ich da drinbleiben, fasten und die Bibel lesen soll, bis ich meine Fehler eingesehen habe. In der Nacht bin ich durch ein Fenster geklettert und hab mich ein paar Wochen versteckt. Ich hab in der Suppenküche die Straße runter einen Flyer von hier gesehen.«

»Ich bin froh, dass du hergekommen bist. Darf ich dich etwas fragen?«, hake ich nach und sie nickt. »Bist du schwanger?«

»Woher wissen Sie das?«

»Du berührst immer deinen Bauch. Weißt du, in welchem Monat du bist?«

»Noch nicht weit, dritter Monat glaube ich.«

Ich mustere ihren flachen Bauch. Wenn sie wochenlang auf der Straße gelebt hat, hat sie offensichtlich nicht die pränatale Fürsorge bekommen, die sie braucht.

»Ich würde gern einen Arzttermin für dich machen, damit jemand nach dem Baby sehen und dafür sorgen kann, dass du Vitamine und alles bekommst, was du brauchst. Darf ich das?«

»Ja.« Sie beißt sich auf die Lippe und lässt den Kopf hängen. »Aber ich bin nicht sicher, ob ich es behalten will. Ich will nicht… Sie wissen schon… Aber ich bin nicht sicher, ob ich es behalten will.«

»Das ist in Ordnung. Der Arzt kann die Möglichkeiten mit dir besprechen. Adoption ist immer möglich.«

Sie nickt eifrig. »Ja, ich glaube, das will ich.«

»Okay, dann suche ich dir Infomaterial raus und wir können in ein paar Tagen noch mal darüber sprechen. Wie hört sich das an?«

»Gut.«

»Super. Iss auf und dann zeigt Mary dir hier alles. In der Zeit werde ich den Arzt anrufen und nachfragen, wann er vorbeikommen kann. Wir haben hier auch eine tolle Klinik, aber leider ist der Arzt ein ehrenamtlicher Mitarbeiter, also kommt er nur, wenn wir ihn rufen.«

»Danke.«

»Nicht der Rede wert. Dafür sind wir da.«

Heathens Ink: Meine Herzensbrecher

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