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Kapitel 1

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Liam

Als ich das große, stille Haus betrete, wappne ich mich dafür, dass meine engsten Freunde – die eigentlich meine Familie sind – hervorspringen und Überraschung rufen. Es ist keine Überraschung. Es ist schon seit ein paar Jahren keine Überraschung mehr. Aber ich gebe jedes Jahr vor, überrascht zu sein, weil sie eine Menge für mich machen und so zu tun, als wäre ich fassungslos, dass all die Autos, die draußen parken, von jemandem hierhergefahren worden waren, ist das Mindeste, was ich tun kann.

»Überraschung!«, ruft die Meute.

»Oh mein Gott!« Gespielt schockiert lege ich mir eine Hand auf die Brust. »Ihr habt mich schon wieder erwischt.«

Mein Bruder Royal lacht leise und marschiert nach vorn, als würde er mich umarmen wollen. Ich kenne seine Finte jedoch und ducke mich, bevor er mich in den Schwitzkasten nehmen kann.

»Hier, Kleiner.« Zade, einer von Royals Partnern, kommt grinsend mit einem roten Plastikbecher in der Hand auf mich zu.

Ich hebe den Becher an die Lippen und zucke zusammen, als mir der Geruch in die Nase steigt.

»Urgh, was zur Hölle ist das?«

»Eine Mischung aus allem, was wir in der Hausbar haben. Es ist ein Initiationsritual, dass du dich heute Nacht übergibst, also fängst du besser mit dem Trinken an.«

»Zade«, schimpft Nash von der anderen Seite des Raums aus. Nash ist Royals und Zades anderer Partner. Diese drei Männer sind mehr als nur Brüder für mich; sie haben mich aufgenommen, als ich nirgendwohin konnte und noch dabei war herauszufinden, wer ich bin. Sie haben mich vom ersten Moment an so akzeptiert, wie ich war, und mich immer unterstützt. Sie haben mir das Leben gerettet.

»Hey, Geburtstagskind, komm mal her«, ruft eine tiefe, raue Stimme vom anderen Ende des Raums. Bevor ich mich auch nur umdrehen kann, spüre ich, wie mein Gesicht heiß wird und mein Puls rast. Ich atme tief ein und drehe mich zu dem Mann um, der das attraktivste Lächeln und die umwerfendsten blauen Augen hat, die mir je begegnet sind. Owen Thames.

Ich winke und lächle ihn schüchtern an. Er winkt zurück und bittet mich mit einem breiten Grinsen zu sich.

Ich versuche, mir unauffällig meine feuchten Hände an der Hose abzuwischen. Ich bin jetzt 21. Ich bin alt genug, wählen zu dürfen, im Krieg zu sterben und jetzt sogar zu trinken. Ich habe einen Abschluss in bildender Kunst und ein recht erfolgreiches kleines Unternehmen als Fotograf aufgebaut. Ich habe sogar meine eigene Wohnung. Ich bin nicht der Kleine, den Owen seit sechs Jahren kennt. Ich bin ein Mann. Und ich bin endlich alt genug, einen Weg zu finden, ihn mir zu holen.

»Herzlichen Glückwunsch.« Beim Klang der tiefen Stimme an meinem Ohr zucke ich zusammen und ein kleiner Schauer läuft mir über den Rücken. Ich drehe mich um und lächle.

»Wyatt! Danke, dass du gekommen bist.« Ich breite die Arme aus, um ihn zu umarmen, stelle dann aber fest, dass er ein bunt eingepacktes Geschenk in den Händen hält. »Du hättest mir nichts kaufen müssen.«

»Du hast Geburtstag; natürlich musste ich dir was mitbringen.« Er hält mir grinsend das Geschenk entgegen. Ich komme nicht darüber hinweg, wie attraktiv er dank seines süßen Lächelns und dem nerdigen Outfit ist. Er trägt sogar eine seiner charakteristischen Fliegen – heute eine mintgrüne mit schwarzen Punkten. In seinen grünen Augen liegt immer ein Lächeln und er ist immer für eine Umarmung zu haben.

»Na dann, danke.« Ich nehme das ordentlich eingepackte Geschenk entgegen und als sich unsere Finger berühren, schießt ein kleiner Funke durch mich hindurch. Es ist nicht das erste Mal. Eigentlich ist er in den letzten zwei Jahren gewachsen. Ich würde es vielleicht eine Schwärmerei nennen, aber ich glaube, dass es eher so etwas wie Heldenverehrung ist.

Wyatt hat vor drei Jahren angefangen, als Betreuer für die Kids im Rainbow House zu arbeiten. Ich war 18, hatte gerade meine Oberkörperoperation hinter mir und jemanden zum Reden gebraucht. Und da war Wyatt, der schnell zu einem Freund geworden war und immer ein offenes Ohr hatte – und mich an meinen jetzigen Berater Alex verwies. Ich bin nicht sicher, wo ich ohne Wyatt wäre, was der Grund dafür ist, dass ich ihn auf ein Podest stelle.

Ich reiße das Papier auf, während Wyatt mich mit einem schiefen Grinsen beobachtet und ich keuche entzückt, als ich die alte Polaroidkamera auspacke.

»Oh mein Gott, die ist großartig! Wo hast du die überhaupt gefunden?«

»Ich hab meine Quellen«, scherzt Wyatt. »Du redest seit mehr als einem Jahr darüber, dass du eine haben willst; ich konnte nicht widerstehen.«

Seht ihr, was hab ich gesagt? Er ist perfekt.

Ich schlinge die Arme um Wyatts Schultern und gestatte mir, einen Augenblick seine beruhigende Ausstrahlung aufzusaugen.

»Ich muss mich ein wenig unter die Leute mischen, aber danke für das Geschenk. Nimm dir was zu trinken, Kuchen, was auch immer«, schlage ich vor. Als mir auffällt, dass ich plappere, lächle ich ihn schnell an.

»Ja, keine Sorge. Ich bin vielleicht alt, aber ich glaube, dass ich mich noch daran erinnere, wie man einen 21. Geburtstag feiert«, versichert mir Wyatt mit einem Zwinkern.

»Amüsier dich, alter Mann«, necke ich ihn.

Ich beobachte, wie Wyatt zu Kyle und ein paar anderen ehemaligen Kids aus dem Rainbow House geht. Dann drehe ich mich wieder zu Owen um, der jetzt in ein Gespräch mit Dani vertieft ist und gehe auf ihn zu.

»Hey, Geburtstagskind«, begrüßt er mich und lächelt, als ich neben ihn trete.

Mein Magen schlägt Purzelbäume und flattert und ich spüre, wie mir die Röte in die Wangen steigt.

»Hey«, sage ich so lässig wie möglich. »Danke, dass du gekommen bist.«

»Jederzeit, Kleiner.«

Sein Spitzname lässt mich zusammenzucken. Natürlich sieht er mich noch immer als Kind. Vielleicht wird er mich immer als Kind sehen.

»Hört mal alle her«, sagt Royal laut und ich zucke erneut zusammen. Um Gottes willen, bitte lass ihn keine peinliche Diashow zusammengestellt haben. Ich drehe mich um und sehe ihn schwankend auf einem der Küchenstühle stehen, sodass ich mich frage, wie viel er schon getrunken hat. »Guck nicht so erschrocken, kleiner Bruder. Ich wollte dir nur gratulieren und dir sagen, dass ich wirklich glücklich bin, dass du mich gefunden hast. Ich bin froh, dass du in unser Leben gekommen bist. Wir lieben dich.«

Mir klappt der Mund auf und ich werde noch röter, als ich es geworden wäre, wenn er ein Bild von mir gezeigt hätte, auf dem ich sabbere, nachdem mir der Weisheitszahn gezogen worden war, oder eines der halben Dutzend Fotos, die er von meinem Kinn gemacht hat, als mir langsam ein Bart wuchs.

»Was glaubst du, wie betrunken ist er?«, flüstert Owen und sein heißer Atem an meinem Nacken lässt mich erschaudern.

»So betrunken, dass Nash und Zade alle Hände voll zu tun haben werden«, stimme ich leise lachend zu.

Wie aufs Stichwort geht Zade zu Royal, wirft ihn sich über die Schulter und verpasst ihm einen spielerischen Klaps auf den Hintern.

»Die Glücklichen«, erwidert Owen und Hitze schießt durch mich hindurch. Witze über Sex sind neu. Das war doch ein Witz über Sex, oder? Wie sehr kann er mich noch als Kind sehen, wenn er einen Witz über Sex macht?

»Es gibt Kuchen«, bietet Nash laut an.

»Warte, wir müssen singen!«, ruft Royal von Zades Schulter aus.

»Liam möchte nicht, dass wir singen, Babe«, versichert Nash ihm.

»Doch, will er; es ist sein Geburtstag«, widerspricht Royal.

»Nein, will er nicht«, mische ich mich ein. »Ihr dürft alle Kuchen essen, aber singt bitte nicht.«

Ein paar Stunden und zu viele Drinks später, legt Kyle einen Arm um meine Taille, und stützt mich.

»Na komm, bringen wir dich nach Hause, bevor du dich blamierst«, schlägt er vor.

Ich habe Kyle im Rainbow House kennengelernt, als ich hergezogen bin und wir haben uns ziemlich schnell gut verstanden. Sein Vater hatte ihn rausgeschmissen, als er ihn beim Crossdressing erwischt hat und damals war er ziemlich verwirrt darüber, was es bedeutete. Mit der Zeit ist ihm klar geworden, dass er einfach ein schwuler Junge ist, der gern hübsche Klamotten und Make-up trägt. Aber wir hatten damals viel Spaß dabei, ihm zu helfen, seine Sexualität zu entdecken, wenn ihr versteht, was ich meine. Und wie jeder weiß, ist die gemeinsame Entdeckung der Sexualität die Wurzel jeder guten Freundschaft.

»Aber ich konnte Owen noch nicht nach einem Date fragen«, lalle ich.

»Ich weiß, Kumpel. Aber das solltest du dir vielleicht für einen Tag aufheben, an dem du nicht betrunken umfällst.«

»Ich hab mich betrunken, damit ich mich traue«, erkläre ich frustriert, während Kyle mich weiter zur Haustür führt.

»Das war kein toller Plan.«

»Ich hasse dich«, grummle ich.

»Du liebst mich«, widerspricht er.

Die Gäste rufen von allen Seiten Bis bald und Herzlichen Glückwunsch, als Kyle mich rausbringt. Auf dem Weg zur Tür richtet sich mein Blick eine Sekunde lang auf Wyatt und mein Herz flattert ein wenig. Als wäre es nicht schon genug, für einen Mann zu schwärmen, der in einer für mich unerreichbaren Liga spielt… seufz.

»Was ist mit meinem Auto?«, frage ich Kyle, sobald wir draußen sind.

»Ich bring dich morgen her, damit du es holen kannst. Beziehungsweise bin ich sicher, dass dein Bruder es vorbeibringt.«

Heathens Ink: Meine Herzensbrecher

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