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5. Herausforderungen und Chancen religiöser Bildung heute

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Oben genannte Veränderungen sind religiöser Bildung aufgegeben. Wir können weder hinter sie zurück noch können wir sie überspringen. Wie also damit religionspädagogisch umgehen? Wir können diese Veränderungen als radikale Bedrohung des christlichen Glaubens und entsprechend als eminente Belastungsposten und Probleme für religiöse Bildung einstufen, wir können sie aber auch als große Herausforderung und Chance für religiöse Bildung heute begreifen. Wir sind hier der Auffassung, dass man die (religiös) individualisierte, pluralisierte, globalisierte und veränderte Situation von Kindern nicht einfach als defizitär, sondern als gewandelt (und sich noch im Wandel befindlich) verstehen sollte. Anliegen religiöser Bildung heute ist, dass Religionslehrkräfte und Kinder – auf der Suche nach Orientierung und Sinn (s. I.1) – Religion gemeinsam lernen und sie so kommunizieren, dass sie (nicht nur die Kinder!) sich selbst religiös bilden können. Religiöse Bildung muss also die aus dem religiösen und gesellschaftlichen Wandel herrührenden Anforderungen an Religion nicht nur notdürftig akzeptieren, sondern sollte sie positiv aufnehmen und religionspädagogisch gestalten. Wenn Religionslehrkräfte die genannten Veränderungen generell als schlecht und defizitär empfinden und von früheren, religiös »besseren« Zeiten schwärmen, erzeugen sie nicht nur bei Grundschülern ganz schnell das Gefühl der Fremdheit und der Geringschätzung. Schülerinnen und Schüler, denen von Religionslehrkräften signalisiert wird, dass Menschen – Kinder sowieso – heute nicht mehr oder zu wenig religiös seien und zu wenig glaubten, werden in eine relativ aussichtlose Situation gebracht: Ihre Bereitschaft zu und Lust an religiösem Lernen und religiöser Bildung wird dadurch nicht gefördert, sondern dezimiert und deprimiert. Demgegenüber meinen wir: Was christlicher Glaube und Religion heute sind, »ist notwendig, aber nicht hinreichend an der Vergangenheit abzulesen«, sondern muss von jeder Zeit immer wieder neu buchstabiert und geklärt werden (vgl. HEIL / ZIEBERTZ 2003, 297).

Zusammenfassung:

Religiöse Bildung vollzieht sich seit geraumer Zeit nicht mehr auf der Basis einer geschlossenen und bewusst kirchlichen Einstellung oder einer christlichen familialen Erziehung. Infolge gesellschaftlicher Modernisierung ergeben sich komplexe Individualisierungs-, Pluralisierungs- und Globalisierungsprozesse, die auch die Religion betreffen: Für die Einzelnen stellt sich das, was heute Religion ist, komplex, uneindeutig und vielfältig dar. Gleichwohl wächst so der religiöse Orientierungs- und Bildungsbedarf von Kindern. Religiöse Bildung kann sich nicht an diesen Prozessen vorbei ereignen. Dabei kommt es darauf an, die Veränderungen im positiven Sinne als Herausforderungen und Chance für religiöse Bildung zu sehen. Damit Kinder sich religiös bilden können, ist es konstitutiv, dass sie die vielgestaltige (christliche) Religion im Sinne kultureller Partizipation sinnenhaft kennenlernen; des Weiteren ist es für religiöse Bildung unentbehrlich, den Blick von Kindern über den eigenen »religiösen Gartenzaun« zu fördern und zu üben. All dies geschieht in der Absicht oder besser in der Hoffnung, dass sich Kinder mit der Unterstützung des Religionsunterrichts in, mit und unter solcher Begegnung mit Religion(en) religiös bilden, nach Möglichkeit ihre Religiosität finden und gestalten.

Lesehinweise:

ENGLERT, RUDOLF (2002): Dimensionen religiöser Pluralität. In: SCHWEITZER, FRIEDRICH u. a.: Entwurf einer pluralitätsfähigen Religionspädagogik. Gütersloh / Freiburg, 17–50.

SCHWAB, ULRICH (2002): Eltern, Kinder und die Religion. In: WERMKE, MICHAEL (Hg.): Aus gutem Grund: Religionsunterricht. Göttingen, 34–43.

WORLD VISION DEUTSCHLAND (Hg.) (2010): Kinder in Deutschland 2010. 2. World Vision Kinderstudie. Frankfurt a. M., 16–33.

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