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Donnerstag, 11 August 2011 – Der Regenbogen

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Der Gewitterregen drückte alles nieder, riss halb verblühten Heckenrosen die Blätter ab, warf sie zu Boden, da lagen sie, wie kleine rosarote, rote, weiße Flamingofedern mitten im Gras. Die dunklen schweren Wolken streiften fast die Baumwipfel, die Regentropfen die unablässig, schier unerschöpflich, aus ihnen herunter prasselten, zogen einen dichten Vorhang von Regenschnüren über den Abhang bis hinunter zum Waldrand und nun war doch an der Wolkenkante wieder ein Streifen blauen Himmels zu sehen. Das Gewitter hatte sie überrascht, alle waren ins Haus gestürzt, hatten eben noch die Wäsche, halbnass, so wie sie war von der Leine gerissen und in den Korb geworfen. Er war wieder der kleine Junge, fasziniert von dem Donnergrollen, den Blitzen, die dicht vor seinen Augen zur Erde zuckten, dicht vor ihm, als wollten sie direkt ins Haus einschlagen. Er konnte sich kaum rühren so gebannt war er, stand zwischen Vorhang und Glasscheibe der Verandatür, direkt an der Scheibe, die Hände links und rechts in Schulterhöhe auf das Glas gelegt. Er spürte die Kühle des Glases, seine Vibration von den Regentropfen, die gegen die Scheibe prasselten, auf ihr zerplatzten, in kleinen Bächen dicht an dicht herunter rannen. Sein Blick war zum Himmel hoch gerichtet, jetzt begann hinter den abziehenden schweren Wolken her, die Sonne die Wipfel der Tannen zu bestrahlen und dann stand der Regenborgen zum Greifen nah vor ihm, fiel direkt vor ihrem Haus zur Erde hinunter, musste auf der Wiese vor dem Wald auf die Erde treffen. Mama hat gesagt, da wo der Regenbogen auf die Erde trifft, steht ein Topf voll Gold. Schon war die Tür auf, noch unter den letzten Tropfen rannte er hinaus, kümmerte sich nicht, dass seine Socken im nu durchnässt waren, das Wasser in den Sandalen hin und her quatschte, die Beine bis hinauf zu den Aufschlägen der kurzen Lederhose nass waren. Er lief und lief, hatte den Regenbogen dicht vor sich. Unbedingt wollte er der erste sein, der den Goldtopf in den Armen hielt, kein Rufen hielt ihn zurück. Mama wird sich freuen, alles wird auf einen Schlag viel einfacher sein. Der PUK Roller, den bekomme ich dann ganz sicher, in rot, mit weißen luftgefüllten Reifen, mit einer Klingel, die Geschwister bekommen natürlich auch etwas, die Mutter ein neues Kleid und dann bauen wir uns ein eigenes Haus, aus dem uns keiner hinaus werfen kann. Wo genau war er noch auf die Wiese gestürzt, der Regenbogen? Er wischte sich die nassen Haare aus den Augen, vor seinen Augen verschwand der Anfang, als habe er es sich anders überlegt, wäre einfach weiter gewandert in den Wald hinein. Er muss doch zu finden sein, weit konnte er nicht gekommen sein und schon war er mitten im dunklen Wald zwischen den Tannen, durch die hindurch die Sonnenstrahlen auf den Waldboden fielen, ihn zum Dampfen brachten. Er schaute nach oben, sah die Streifen Sonnenlicht, wie Strahlen fuhren sie zwischen die Äste, irgendwo da oben musste sich der Regenbogen verfangen haben, glitzerte es da nicht golden in einer Astgabel? Der Regenbogen war verschwunden, als er durch den Wald hindurch auf der anderen Seite wieder hinaustrat, war er nicht mehr zu sehen. Er rannte auf die Wiese hinaus, blieb stehen, erschöpft, enttäuscht, zum Umkehren bereit, drehte er sich zurück auf den Weg, den er gekommen war. Der Regenbogen narrte ihn, da stand er wieder, auf der anderen Seite des Waldes, nur etwas blasser, als habe er sich keinen Millimeter von der Stelle gerückt. Pech gehabt!

Windelträger - Roman einer Reise

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