Читать книгу Gott war dort, aber sie ist schon wieder fort - Kurt F. Stangl - Страница 22
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Naabwenden, Juni 1984
Johanna erwachte. Ungewöhnlich hell leuchtete das Morgenlicht in die Dachwohnung. Hellwach, ohne eine Spur von Müdigkeit, erhob sie sich aus dem warmen Bett. Auf dem Weg ins Bad beschlich sie ein eigenartiges Gefühl. Hatte sie etwas vergessen? Vor der Dusche ließ sie wie jeden Morgen ihren Pyjama auf den Boden gleiten und genoss anschließend den heißen Wasserstrahl. Mit einem morgendlichen Elan, wie sie ihn schon lange nicht mehr verspürt hatte, stieg sie in der Farbe eines gekochten Hummers aus der Nasszelle. Wieder hatte sie das Empfinden, etwas vergessen zu haben. Sie sah sich um. Sie fühlte sich nackt. Sie sah an sich hinab – sie war nackt, dennoch fühlte sie sich nackter. Es war keine beklemmende Nacktheit. Sie war trotz ihres unbekleideten Zustands nicht entblößt, sie fühlte sich wohl und frei.
Sie sammelte ihr Nachtgewand auf und warf es auf den Haufen ungewaschener Wäsche. Schon vor dem Zähneputzen roch ihr Körper nach unbelasteter Frische, aber während der Zahnpflege schien es ihr, als explodiere der erfrischende Minzegeschmack der Zahnpasta in ihrem Mund. Sie fühlte sich, als stünde sie spärlich bekleidet bei Minustemperaturen auf der Straße und schabte Eis von der Windschutzscheibe.
Nach dem Ankleiden verließ sie ihre Wohnung und nahm das schon vorher empfundene, intensive Gefühl der Nacktheit mit sich. Fühlte sie sich verletzlicher? Oder fühlte sie sich freier? Von was war sie befreit?
Sie nahm die Leichtigkeit des Morgens mit nach unten. Die Gänge und Räume, durch die sie eilte, wirkten heller und reiner als am Vortag. Selbst der Klang unter ihren Füßen schien verändert. Das ganze Haus, selbst die Schlachterei, verströmte den Duft des Unberührten, als stünde das Geschäft vor der Neueröffnung.
Kurz vor ihrer Frühstückspause, nach dem Ansturm der Brotzeitkäufer, fühlte Johanna sich immer noch wie frisch geduscht.
»Was ist denn heute mit dir los?«, fragte Helga, ihre Kollegin und Lebensgefährtin ihres Vaters erstaunt.
»Was meinst du?«
»Du wirkst heute anders. Einerseits frisch und munter wie nach einer deiner Reisen, und andererseits schaust du dich immer wieder verwundert um, als würdest du auf etwas warten. Nein, …« Helga überlegte kurz, bevor sie weitersprach. »… ich würde sagen, du lauerst auf etwas oder auf irgendwen?«
»Es riecht heute alles nach Badewasser«, sagte Johanna nüchtern.
»Was?«, fragte Helga irritiert.
Johanna lachte auf. »Ich habe heute ständig dieses Reinheitsgefühl, das man nach einem langen Schaumbad hat. Obendrein verfolgt mich ständig der Gedanke, dass ich etwas vergessen habe. Kennst du das auch?«
»Ja, wenn ich unterwegs bin, frage ich mich ständig, ob ich auch bestimmt die Autotür abgeschlossen habe.«
»Das ist nicht ganz das, was ich meine. Es ist eher so, als hätte ich vergessen, mir Unterwäsche anzuziehen. Verstehst du?«
Helga schüttelte den Kopf.
»Es ist, als ob man ein leeres Hallenbad betritt, in dem sich auf der glatten Wasseroberfläche alles spiegelt. Nein, das ist es auch nicht. Also vergiss alles. Es ist so, als käme man nachts auf einem Flughafen an. Niemand wartet auf einen. Die Schritte hallen suchend durch unendliche Gangschluchten. Im Takt der Schritte nährt sich Einsamkeit, die sich vom Echo der Wände speist.«
Die anderen Kolleginnen kamen von ihrer Frühstückspause in den Verkaufsraum zurück.
Helga drehte sich um, grinste Johanna an und sagte: »Ich glaube, du liest zu viele Gedichte. Am besten gehst du jetzt rauf und ziehst deine Unterwäsche an, und dann komm durch die hallenden Gänge zur Brotzeit.«
Leicht angesäuert stand die Verspottete da und ärgerte sich mehr über sich selbst als über Helgas schnoddrigen Ton. Sie hätte nichts sagen sollen, außer sie hätte es vermocht, ihr in wenigen Worten ihr Gefühl zu erklären. Aber wie beschreibt man ein Gefühl oder eine Wahrnehmung, die einem selbst abstrakt und absurd vorkommt? Jetzt fiel ihr der passende Vergleich ein: Es war, als blickte sie auf eine Stadt zurück, die sie in kalter Nacht verlassen hatte. Vor ihr die aufgehende Sonne und hinter ihr lag, noch immer im Dunkeln, die Stadt, aus deren Blickwinkel sie schon längst entschwunden war. Genau, das ist es, dachte sie. Johanna merkte, dass sie zu früh dran war. Aber wo war sie zu früh?
Die Stunden des Tages verrannen. Die Tage vergilbten wie Kalenderblätter an der Wand, und Johanna gewöhnte sich langsam an die neue Zeit in ihr. Genauer gesagt war es eher so, als wüchse sie in sie hinein wie in ein zu großes Kleidungsstück.
Anfangs kaum merklich verschoben sich nach und nach ihre Interessen, veränderte sich ihr Bekanntenkreis. Im Laufe des Sommers beschäftigte sie sich mehr und mehr mit dem Thema Atomkraft und deren Folgen. Durch die Treffen der BI gegen eine WAA begegnete sie Menschen, mit denen sie noch vor wenigen Monaten gar nichts gemeinsam gehabt hatte. Von jeher war es ihr schwergefallen, sich auf Menschen einzulassen; nur auf ihren Reisen konnte sie ungehemmt Kontakt zu anderen Menschen aufnehmen. Sie fragte sich des Öfteren, woran es lag, dass sie in fremden Ländern auf die Menschen zugehen konnte, aber nicht in Naabwenden.
Bei den BI-Leuten fiel ihr das sonderbarerweise nicht besonders schwer. Bei jeder Begegnung mit ihren neuen Bekanntschaften erschien es ihr, als sei sie auf Reisen. Unterwegs konnte sie sich von ihrer Neugier treiben und lenken lassen und Land und Leute entdecken.
Am Mittsommerabend lud Heidrun Schottenhamml, die Kassenwartin, zum Grillen ein. Johanna, die gesellschaftlichen Verpflichtungen allzu gerne aus dem Weg ging, sagte nach kurzem Zögern zu. Nach der Vorabendmesse fuhr sie zu den neuen Siedlungen hinüber, wie Heidrun es ihr am Telefon beschrieben hatte. Nach der zweiten Naabbrücke fuhr sie links den Berg hinauf, vorbei am Siedlungsgebiet aus den fünfziger Jahren.
Johannas Auto kletterte den steilen Berg bis zur letzten geteerten Straße hinauf. Oben auf der Bergkuppe rief sie sich Heidruns Worte ins Gedächtnis: ›Wir sind das beschwipste grüne Haus.‹
»Ja, klasse«, schimpfte Johanna vor sich hin. »Das grüne beschwipste Haus. Hier stehen drei grüne Häuser!«
Genervt stieg sie mit ihrer Fototasche und den mitgebrachten Grillutensilien aus. Vor dem ersten grün verputzten Gebäude schnitt ein älterer Mann in einem weißen, gerippten Unterhemd Pfingstrosen.
»Entschuldigen’s, wohnen hier Schottenhamml?«, fragte sie ihn.
Ohne das Schneiden des Grünzeugs zu unterbrechen, deutete er die Straße hinunter. »Vor der leichten Kurve, das Beschwipste.«
›Toll, entweder sind die hier oben alle besoffen oder ich bin’s‹, grantelte Johanna in sich hinein, warf aber ein freundliches »Danke« über den Jägerzaun und schleppte ihre Sachen weiter.
Als das Haus dann endlich in ihrem Blickfeld auftauchte, musste sie bei dem Anblick schmunzeln: So, wie es in den abfallenden Hang hineingebaut worden war, wirkte es tatsächlich wie beschwipst.
Johanna betrat über eine Treppe das Grundstück und folgte dem hellen Gelächter, das von der Rückseite des Hauses nach vorne drang.
Im Garten stieß sie auf eine bunte Schar von Menschen, die sich rund um den Grill an einer Bierzeltgarnitur tummelten. Schlagartig befiel sie wieder einmal das Gefühl, fehl am Platz zu sein, ihr leises »Hallo« ging im Geschwätz und Gelächter der anderen unter. Mit ihrer leuchtend gelben Leggings und der langärmeligen weißen Bluse wirkte sie unter dem leger gekleideten, wuselnden Haufen wie ein bunter Hund. Johanna drang in eine fremde Welt vor. Sie sah sich nach Heidrun oder einem anderen BI-Mitglied um.
»Wer ist denn der lange rothaarige Nena-Verschnitt?«, rief ein schwarz gekleideter junger Mann mit Irokesenschnitt.
Alle Blicke wendeten sich ihr zu. Sie würgte nach dem überhörten Gruß noch einmal ein »Hallo« heraus.
»Erwin, lass deine blöden Sprüche und beleidige gefälligst nicht meine Gäste!«, schimpfte ein muskulöser Mann, der mit freiem Oberkörper und kurzer Hose am Grill stand. Mit einer Fleischzange bewaffnet eilte er auf Johanna zu.
»Ich bin Franz, Heidruns Mann, und du musst Johanna sein. Schön, dass du gekommen bist. Heidrun ist drinnen im Haus. Komm, setz dich.«
Er schob sie, ohne sie zu berühren, zu einem Tisch, an dem nur ein etwa zehnjähriges Mädchen saß, das hinter reichlichen Ketchup-Spuren in seinem Gesicht hervorgrinste. Franz nahm Johanna den Korb mit dem Grillfleisch ab und verschwand hinter einer dichten Rauchsäule, die über dem Grill aufstieg. Johanna nahm Platz. Von weitem schrie der Irokese: »Hey, Bohnenstange, das ist mein Platz!«
»Schnauze, Erwin. Ich sag’s dir zum letzten Mal, beleidige nicht meine Gäste!«, ging Franz in ähnlicher Lautstärke von der anderen Seite her dazwischen.
Johanna sah zum Himmel und dachte, ›Oh Gott, warum bin ich nur hierhergekommen?‹
»Hi, ich bin Jo. Wer bist du?«, japste das Ketchup-Monster und schob sich einen großen Bissen von etwas Weißem, Gegrilltem in den Mund.
»Ich bin Johanna. Was isst du denn da?«, fragte sie neugierig.
»Klasse, du heißt wie ich. Tofusteak.«
Noch bevor Johanna antworten konnte, knallte ein Teller mit Tofu-Bratwürsten dicht neben ihr auf den Tisch. »Mach Platz, Popper«, giftete Erwin sie an.
»Sie heißt Johanna und nicht Popper«, platzte Jo heraus.
Ein weiterer Jugendlicher kam an den Tisch. Er schlug Erwin hart, aber freundschaftlich auf den Oberarm und drängte sich zwischen ihn und Johanna. »Komm, Junge, mach Platz. Sie ist doch nichts für dich.«
An Johanna gerichtet fügte er hinzu: »Er führt sich gerne wie ein Spasti auf, aber im Grunde ist er ganz harmlos.«
Heidrun stellte eine Schüssel Salat auf den Tisch, begrüßte Johanna und setzte sich neben sie. »Wie ich sehe, hast du meine Kinder Johanna und Konrad schon kennengelernt. Der Mann am Grill ist Franz, mein Mann. Der Rest der Gesellschaft sind Freunde und Bekannte.«
Johanna lächelte sie an und dachte, ›Wie man sich irren kann. Sie ist verheiratet und hat Kinder.‹
Franz brachte Johanna ihr mitgebrachtes Steak. »Falls es dir zu blutig ist, lege ich es noch einmal auf den Grill. Musst entschuldigen, es ist Jahre her, dass ich Fleisch gebraten habe.«
Johanna sah ihn fragend an.
»Wir und unsere Kinder leben vegetarisch«, erklärte Heidrun.
Nach dieser Erklärung sah Johanna noch verwirrter drein. »Aber du hast doch bis vor einigen Wochen jeden Dienstag zwei Käsekreiner, acht Rädchen Gelbwurst und an den Samstagen hundert Gramm Schweinebraten, zwei Pfälzer und sechs Scheiben Hartwurst gekauft?«
»Du hast dir gemerkt, was ich gekauft hatte? Drollig!«, lachte Heidrun. »Meine Schwiegermutter aß jeden Dienstag Abend Käsekreiner und von Mittwoch bis Samstag zum Frühstück zwei Scheiben Gelbwurst auf ihr Butterbrot. Sonntag Mittag Schweinebraten mit Knödeln und von Sonntag bis Dienstag zum Frühstück Hartwurst. Wenn ich ihr eine andere Sorte Wurst oder Fleisch mitbrachte, verzichtete sie auf ihr Essen. Sie war schwer gehbehindert, darum kaufte ich für sie ein. Einen Tag, nachdem ich die BI-Flugblätter verteilt hatte, starb sie im Alter von 86 Jahren.«
Während Johanna ihr Steak aß, kamen Konrads und Erwins Freundinnen, Uta und Petra, an den Tisch. Die Stimmung wurde gelöster und Johannas Gefühl, fehl am Platz zu sein, nahm ab. Obwohl sie sich kaum an den Gesprächen beteiligte, begann der Abend ihr großen Spaß zu machen. Aufmerksam hörte sie zu und beobachtete die Akteure, wie sie es durch ihre Kamera getan hätte. Unversehens fühlte sie sich in dieser fremden Welt wohler.
Erwin war der Mittelpunkt am Tisch und trieb mit jedem seine verbalen Späße, musste aber auch kräftig einstecken – ein Clown, wie er im Buche stand.
»Erwin, was haben deine Eltern gesagt, als ihnen dein Schulverweis ins Haus flatterte?«, fragte Franz, der sich sichtlich über Erwins Scherze ärgerte.
»Nichts, ich bin achtzehn und von nun an kann ich tun und lassen, was ich will. Ich nehme an, meine Eltern sind froh, dass ich volljährig bin und sie sich nicht mehr um das schwarze Schaf der Familie kümmern müssen.«
Johanna glaubte, einen Anflug von Melancholie in seiner Stimme zu hören. Doch die war mit seinem nächsten Satz wie weggeblasen, als er gut gelaunt prahlte: »Es gibt an diesem Tisch niemanden, der es faustdicker hinter den Ohren hat als ich.«
»Du irrst dich wie immer, Erwin«, sagte Sybille, die hinter Johanna auftauchte und sich ans Ende des Tisches setzte.
»Es gibt hier eine Person, die schlauer ist, als es auf den ersten Blick scheint. Mit vierzehn riss sie zum ersten Mal von zu Hause aus. Ein paar Tage vor ihrem Verschwinden ließ sie sich von der Stadtverwaltung einen Pass ausstellen und reiste per Anhalter nach und durch Südfrankreich. Im gleichen Jahr flog sie von der Schule.«
Erschrocken dachte Johanna, ›Oh nein. Hoffentlich erzählt sie jetzt nicht die ganze Geschichte mit Elke und der folgenden Gottesdebatte.‹ Sie beugte sich vor und schielte flehend zu Sybille hinüber, ›Bitte erzähl nicht alles, sie würden es nicht verstehen.‹
»Echt, Sie sind von der Schule geflogen?«, fragte Erwin erstaunt Sybille.
»Nein, nicht ich. Die dort drüben.« Sie zeigte mit dem Finger auf Johanna.
»Was? Die?«, entfuhr es Erwin. »Die sieht überhaupt nicht rebellisch aus …«
»Danke«, sagte Johanna und sprach weiter. »Erstens bin ich keine ›Die‹, sondern Johanna. Und zweitens muss ich klarstellen, dass ich nie ›ausgerissen‹ bin. Vor der Reise nach Südfrankreich bin ich noch vom Internat nach Hause gefahren und habe meinem Vater einen Brief geschrieben, den ich offen auf meinem Schreibtisch liegen ließ. Ich schrieb ihm, dass ich nach Frankreich fahren würde, um in den Ferien meine Französisch-Kenntnisse zu verbessern. Er bräuchte sich keine Sorgen zu machen, ich wäre in zwei Wochen wieder da. Nach meinem kurzen Ausflug in die Sonne lag der Zettel immer noch auf seinem Platz, so wie ich ihn liegen gelassen hatte. Ich wurde überhaupt nicht vermisst.«
»Noch ein schwarzes Schaf!«, jubelte Erwin.
Johanna sah verdutzt in sein grinsendes Gesicht. ›Bin ich ein schwarzes Schaf?‹ fragte sie sich. ›Innerhalb der Herde, die sich meine Familie nennt? Ja, mit Sicherheit. Selbst wenn ich allein unter Frauen bin, falle ich auf wie ein bunter Hund. Sogar hier in dieser kleinen Gruppe falle ich allein schon wegen meiner Kleidung aus dem Rahmen.‹
Schließlich antwortete sie: »Nein, ich glaube, ich bin ein kunterbuntes.«
»Ein buntes haben wir noch nicht. Sei willkommen in unserer Runde«, grinste Erwin. Alle lachten.
Neugierig fragte Jo in das Gelächter hinein: »Und warum ist Johanna von der Schule geflogen?«
»Nicht wichtig«, sagte Johanna schnell, bevor Sybille etwas sagen konnte.
Aber nachdem Erwin nachbohrte: »Frau Zintl, erzählen Sie!«, begann zwischen Johanna und Sybille ein heftiger Blickwechsel, der niemandem verborgen blieb.
»Also …«, begann Sybille. Sie erzählte, wie Johanna eines Tages zur Schulleiterin Schwester Remedia gerufen worden war und bei der anschließenden Diskussion ihre Meinung geäußert hatte: Sie hatte der Schulleiterin erklärt, dass sie glaubte, Gott sei eine Frau. »Da Johanna von ihrer ungeheuren Glaubensfrage nicht abzubringen war, musste sie wegen ›mangelnden Respekts‹ ihre Koffer packen.«
Nachdem Sybille geendet hatte, sah Erwin sie und Johanna ungläubig an und sagte: »Das soll alles gewesen sein? So, wie ihr euch gerade angeschaut habt, glaubt das doch kein Mensch, da war doch sicherlich noch mehr.«
»Erwin, lass gut sein«, forderte Heidruns Mann ihn mit festen Worten auf.
»Gut, lassen wir das für heute. Auch wenn du den wahren Grund nicht nennst, gefällst du mir. Falls es dem bunten Schaf bei uns gefällt, kannst du ja am Montag zu unserem Spieleabend kommen«, lenkte Erwin ein.
»Spieleabend, was ist das? Hab’ ich noch nie gehört. So, wie du grinst, kann das nichts Anständiges sein.«
»Haha, verarschen kann ich mich selber«, sagte Erwin eingeschnappt.
»Nein, kenn’ ich wirklich nicht!«
»Na gut. Kennst du ›Mensch ärgere dich nicht‹ oder ›Monopoly‹? Mit diesen oder anderen Spielen spielen wir Spiele an unseren Spieleabenden«, erklärte Erwin.
»Wie war das?«, fragte Johanna vergnügt.
Irritiert sah Erwin sie an. Er setzte einen Blick auf, als wolle er sagen ›Gott, ist die begriffsstutzig‹, und begann mit mehr Geduld, als seine Freunde von ihm gewohnt waren, noch einmal ganz langsam zu erklären.
»Also, an unseren Spieleabenden – o. k.?«, fragte er, um sicherzugehen, dass sie es diesmal verstand. Alle um ihn herum fingen an zu schmunzeln.
»Spielen wir Spiele …«
Mitten in seinen weiteren Erklärungsversuch hinein lachte der ganze Tisch hell auf.
»Hey, du verarscht mich doch!«, sagte Erwin halb sauer, halb belustigt zu Johanna und gab ihr einen leichten Rempler wie bei seinen Freunden.
»Ehrlich, zuerst nicht. Aber als du mit der Erklärung angefangen hast, ›… am Spieleabend spielen wir Spiele …‹ – wie war das noch mal?«, sagte Johanna besänftigend und bekam daraufhin von Erwin einen weiteren freundschaftlichen Schlag auf den Arm.
Am nächsten Montag Abend erschien sie zum Spieleabend. Von da an traf sie sich öfter mit Konrad, Erwin, Uta und Petra.