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Kapitel 14

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Lara erstarrte. Die Futterschachtel fiel ihr aus der Hand, als hätte sie jegliche Kraft verlassen.

Das Böse, das sie hatte verdrängen wollen, war zurückgekehrt und dabei, in ihre heile Welt einzudringen.

Unfähig, sich zu rühren, wäre sie wohl so stehen geblieben, doch John, der plötzlich ebenfalls eine Pistole in der Hand hielt, legte einen Arm um ihre Taille und zog sie einfach mit sich. Quint kam ihnen im Mercedes bereits entgegen. Ehe sie zu einer Reaktion fähig war, hatte John sie schon auf die Rückbank gesetzt, die Tür geschlossen und war vorn zu Quint eingestiegen.

Ohne das Licht anzumachen, fuhr Quint vom Hof. Doch er legte abrupt den Rückwärtsgang ein und fuhr wieder hinter den Mühlenturm. „Zu spät. Sie kommen uns bereits auf dem schmalen Feldweg entgegen.“

„Haben sie uns gesehen?“

„Keine Ahnung.“

„Lara, gibt es noch einen anderen Weg zur Straße?“

„Nein.“ Sie hörte, wie ihre Stimme zitterte. „Vielleicht ist es nur die Sicherheitsfirma oder meine Nervensäge.“

John antwortete ihr mit tödlich ruhiger Sachlichkeit: „Lara, das ist nicht der Wagen einer Sicherheitsfirma, die würden höchstens zwei Leute schicken und kein Mensch würde hier gut genug sehen, um ohne Licht zu fahren.“

Und Quint ergänzte ironisch: „Außerdem glaube ich nicht, dass dein Stalker drei andere Kumpels mitbringt, um sich diesmal nicht allein in deinem Bett vergnügen zu müssen.“

„Das war also ein Stalker? Und er lag in deinem Bett?!“

Endlich gelang es ihr, die Starre abzuschütteln und konstruktiv mitzudenken. „Nicht jetzt, John! Wir könnten hintenherum übers Feld fahren. Ach Mist, durch den übergelaufenen Bach und die heftigen Regenfälle ist alles überschwemmt.“

John und Quint tauschten einen Blick aus.

„Sie hat recht, John. Ich hab’s vom Turm aus gesehen. Die umliegenden Felder sind der reinste Sumpf. Und der Wagen wiegt vier Tonnen.“

„Jep, durch das Gewicht könnte er zu tief einsinken. Dann stecken wir fest und geben ein leichtes Ziel ab.“

„Verbarrikadieren und auf Verstärkung warten?“

„Dauert zu lange. Bis die hier sind, ist uns die Munition ausgegangen“, gab John zu bedenken.

Laras Kopf lief auf Hochtouren, um eine Lösung zu finden, während die beiden weiter laut überlegten.

„Ich hab doch einen Panikraum im Badezimmer.“

Quint grinste freudlos. „Das hier sind Vampire, keine Menschen, Lara. Da bräuchtest du schon einen Schweizer Banktresor als Panikraum.“ Dann fragte er John nonchalant: „Schwerter oder Pistolen?“

„Beides. – Lara, bitte gib mir doch mal den langen Sack, der bei dir hinten im Fußraum liegt.“

Sie musste ihre ganze Kraft aufwenden, um ihm den schweren Lederbeutel zu reichen, der die doppelte Länge und Größe eines Golfsacks hatte. Fassungslos beobachtete sie, wie er neben einem Messer und Ersatzmunition drei lange Schwerter aus dem Beutel holte.

„Kriegsgebiet“, murmelte sie, „meine Mühle wird zum Kriegsgebiet und ich sitze mit zwei Rambos im Auto.“

Aber was sie am meisten schockierte, war die routinierte, ruhige Art, in der die beiden ihre Vorgehensweise besprachen, so als würden andere Leute sagen: „Okay, du bringst das Bier mit zum Grillen und ich das Fleisch.“

„Wir teilen uns auf. Quint, du von Westen, ich von Osten. Schalldämpfer für den Überraschungseffekt.“

„Geht klar.“

„Okay, wenn wir Glück haben, bemerken sie uns erst, wenn ihr Wagen so weit in den Hof hineingefahren ist, dass für dich der Weg nach draußen frei ist. Dann fahr mit Vollgas zurück zum Hauptquartier, verstanden?“

Ihre Kehle wurde staubtrocken, John drehte sich zu ihr nach hinten. „Du schaffst das, Lara. Jetzt setz dich hinters Steuer und verriegel den Wagen, sobald wir draußen sind. Weißt du noch, wo der Schalter für die Luftversorgung ist?“

Sie fand keine Worte, nickte nur stumm und wünschte sich, das wäre nur ein 3D-Actionfilm und sie könnte auf Stopp drücken. Doch all das passierte hier und jetzt, und John war bereits in atemberaubender Geschwindigkeit ausgestiegen und in der Dunkelheit verschwunden.

Bevor Quint ihm folgte, drehte er sich nach hinten um und warnte sie eindringlich: „Bleib ja im Auto! Egal, was passiert. Steigst du aus, kriegt John Angst um dich, wird unaufmerksam und sie töten ihn. Hast du das verstanden?“

Wieder nickte sie nur, mittlerweile war ihre Kehle so trocken wie die Wüste Gobi.

„Scheiße, du bist ja kreidebleich“, bemerkte er.

Und beim Aussteigen zwinkerte er ihr doch tatsächlich zu.

„Hey, keine Sorge. Wir sind die Wächter. So was machen wir öfters.“

So was machten die öfters?

Er hatte die Fahrertür geschlossen und deutete auf den Verriegelungsknopf, entfernte sich erst, nachdem sie ihn gedrückt hatte.

Steif kletterte sie nach vorne auf den Fahrersitz.

***

Das Telefon auf Agnus’ Schreibtisch klingelte.

Elia, er ihm sonst alle Anrufe vom Hals hielt, hatte sich entschuldigt, um im Quartier mit seiner Sarah zu telefonieren. Das konnte ewig dauern, denn er vermisste sie. Also nahm Agnus ab, ohne auf die Nummer zu sehen.

„Agnus hier.“

Am anderen Ende meldete sich niemand, doch er hörte hektische Atemgeräusche. Er blickte auf die Nummer im Display – keiner seiner Wächter.

„Vier“, hörte er am anderen Ende, „es sind vier, sagte Quint.“

Das war Lara und ihre Stimme zitterte.

Er wusste, dass er manchmal hart im Umgang mit seinen Wächtern war, und er entschuldigte sich auch nicht für seine Ausdrucksweise oder die Faust, die ihm ab und zu ausrutschte. Doch ihm war bewusst, mit wem er hier sprach.

Und an der Tatsache, dass nicht seine Wächter anriefen, sondern sie, ebenso wie an ihrer Atmung erriet er zwei Dinge: Etwas musste gewaltig schiefgelaufen sein und Lara stand unter Schock. Durch John gehörte sie zur Familie und er würde sich um sie kümmern, egal ob sein Wächter noch lebte. Falls nicht, wäre sie bald hilflos, denn wenn Menschen so atmeten, wurden sie bewusstlos.

„Lara, hör mir zu. Was auch immer passiert ist, wir holen dich da raus. Wir schaffen das, aber du musst erst mal tief durchatmen, verstanden?“

Leider war Elia nicht im Büro nebenan, sonst hätte er sich die Bilder der Überwachungskameras an ihrer Mühle geben lassen. Während sie zwei tiefe Atemzüge machte, rief er auf der anderen Leitung Ambrosius an, außer Sarah der einzige Hubschrauberpilot, und beorderte ihn mit einem knappen Befehl sofort zurück. Leider war der gerade am anderen Ende der Stadt zum „Frühstücken“.

„Schon besser, Lara. Jetzt sag mir, sind es vier Angreifer oder vier Fahrzeuge?“

„Angreifer.“

Vier gegen zwei. Und Agnus wusste seit dem Training, wie gefährlich Raúls Elitekämpfer waren.

„Die Gasmasken, sie haben die Gasmasken gar nicht dabei“, stammelte Lara am anderen Ende.

„Ihr seid im Mercedes unterwegs, oder?“

„Ja.“

„Sitzt du drin?“

„Ja.“

Er hätte gern gefragt, ob Quint und John noch am Leben waren, doch anscheinend wusste sie es nicht.

„Steig auf keinen Fall aus, hörst du! Das Ding ist extra dafür konstruiert worden, um in so einer Situation die Insassen zu schützen. Dir passiert nichts, solange nicht einer exakt auf die gleiche Stelle mehrere Schüsse abgibt. In dem Fall musst du den Wagen in Bewegung halten, verstehst du das?“

„Ja. Kann ich ihnen nicht irgendwie helfen?“

Sie klang verzweifelt.

„Nein. Und bitte versuch das auch nicht. John und Quint sind Profis und ich schicke Ambrosius, Walter und Raven mit dem Hubschrauber los.“

Er sagte das mehr zu ihrer moralischen Unterstützung, denn bis Ambi dort eintraf, wäre ihre Munition vermutlich längst aufgebraucht. Aber vielleicht könnte Lara im Mercedes flüchten und vom Heli aufgesammelt werden.

„Agnus, der Wagen kommt.“

„Kannst du da wegfahren?“

„Nein, das ist der einzige Weg. Jetzt sind sie da, aber die fahren nicht weit genug herein, damit ich rauskann.“

Obwohl die Situation schlimmer wurde, atmete Lara jetzt ruhiger und antwortete klarer, tapferes Mädchen.

„Okay, Lara, wenn du helfen willst, versuch, die Kerle beim Aussteigen zu zählen.“

„Fünf. Fünf Männer, die aussehen wie Rambo.“

Wer war Rambo? Egal, sie würden bis an die Zähne bewaffnet sein. Also stand es fünf gegen zwei! Zumindest wurden John und Quint nicht von ihnen überrascht.

„Agnus, was soll ich machen?“

„Bleib am Telefon, und wenn dir einer zu nahe kommt, fahr ihn über den Haufen. Du hast ganze vier Tonnen, die auf deinen Befehl hören.“

Er würde an ihrer Seite bleiben und sie unterstützen – wenn es sein musste, bis zum bitteren Ende.

„Agnus, der erste kommt! Und ich sehe auch Boris. Er grinst mich an. Ich glaube, das Schwein hat mich wiedererkannt.“

Gefangene aus Liebe

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