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3. Kapitel Teuflisches Verlangen 1.

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Shinné riss seinen Arm nach oben und wehrte einen Dolchhieb von Ranva mit seiner bloßen Hand ab. Die Klinge schnitt tief in sein Fleisch, doch er ließ sie nicht los. Ganz im Gegenteil, er genoss den Schmerz. Schmerzen waren seit langem das Einzige, das ihn in der sogenannten Realität hielt. Shinné wusste, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis er in den Wahnsinn abstürzen würde. Zuvor wollte er sich noch an Leander rächen. Er war es schließlich, der den gefallenen Engel so weit getrieben hatte.

Über Ranvas Schulter hinweg sah er Leander mit ein paar Dämonen kämpfen. Auch seine Schwester hatte noch eine Rechnung mit dem schwarzen Engel zu begleichen und, nach den Rechten der Hölle, sogar einen höheren Anspruch auf Rache. Als der Kampf begonnen hatte, war sie sofort auf Leander losgestürmt, doch Raphael hatte sich ihr in den Weg gestellt.

Als er sah, wie Leander einem Angriff der Dämonen geschickt auswich und einen der beiden im nächsten Moment mit dem Schwert durchbohrte, knurrte Shinné. Er wollte derjenige sein, der Leander die Flügel abriss und ihn tötete; Leander hatte ihm damals viel Schlimmeres angetan.

Shinné spürte, wie sich der Schleier des Zorns über ihn legte. Die Geräusche des Kampfes drangen nur noch gedämpft an seine Ohren, als wäre er unter Wasser. Sein Umfeld nahm er nur noch verschwommen, durch einen roten Schleier hindurch, wahr. Sein Zorn wurde glühend heiß, und er wollte nur noch etwas mit den Händen zerfetzen. Dass er gerade mitten in einem Kampf mit Ranva steckte, kam ihm dabei mehr als gelegen.

Mit einem wütenden Aufschrei packte er sie und ignorierte dabei den tiefen Schnitt, den sie ihm mit dem Dolch versetzte. Mühelos hob Shinné sie hoch und warf sie von sich.

Ranva landete genau zwischen Wyn und den zwei Dämonen, mit denen er sich angelegt hatte. Shinné hörte, wie ihren Lungen die Luft durch die Wucht des Aufpralls entwich, und lächelte zufrieden. Dann wandte er sich Leander zu.

Dieser kämpfte gerade mit dem Rücken zu ihm und bemerkte nicht, was um ihn geschah.

Shinné lächelte. Das Blut, das an einer Gesichtshälfte hinunterlief, verlieh ihm ein wahnsinniges Aussehen. Er machte einen Schritt auf Leander zu, als sich ihm eine Gestalt in den Weg stellte. Wer, konnte er durch den Schleier seiner Wut nicht erkennen, und Shinné fauchte ungehalten.

»Wollen wir irgendwo hin?«, fragte die Gestalt.

Seltsamerweise gefiel Shinné diese Stimme. Sie war weich und melodisch, legte sich wie ein Mantel um ihn und bedeckte sanft seine Wunden.

Shinné lächelte, doch die sanfte Stimme vertrieb auch den Schleier vor seinen Augen. Sein Lächeln gefror auf dem Gesicht.

Vor ihm stand Wyn, in jeder Hand ein Schwert, und lächelte ihn herausfordernd an. Hinter seinem Rücken hatte Ranva den Kampf mit den Dämonen aufgenommen. Enttäuschung machte sich in Shinné breit; die wunderschöne Stimme gehörte also einem Feind.

»Was ist los?«, wollte Wyn wissen. »Willst du kämpfen oder willst du mich nur anstarren?«

»Ich will nicht nur kämpfen«, knurrte Shinné, »ich will dich vernichten!«

Er stürzte sich auf Wyn, der durch die Wucht des Aufpralls kurz taumelte.

»Habe ich dich etwa verärgert?«, lachte dieser nur.

»Ich bringe dich für immer zum Schweigen«, zischte Shinné dem schwarzen Engel zu.

Noch während er das sagte, wurde ihm bewusst, dass das eigentlich das Letzte war, was er wollte. Er wollte Wyns Stimme jeden Tag hören, in ihr versinken und nie wiederauftauchen. Irritiert stellte Shinné fest, dass er etwas für Wyn empfand, nur, was genau, konnte er nicht ganz einordnen. Aus dem Gleichgewicht gebracht, machte Shinné einen Schritt zurück und unterbrach so den Kampf.

»Wirst du müde?«, fragte Wyn schelmisch und begann zu lachen.

Shinné machte einen unschlüssigen Schritt auf ihn zu, woraufhin sich ihre Blicke trafen.

Wyns Gelächter erstarb. Er legte den Kopf leicht schief und sah Shinné neugierig an.

Shinné versank in den tiefschwarzen Augen seines Gegenübers.

Wyns Augen waren ebenso sanft wie seine Stimme, ein Strudel, der Shinné magisch anzog. Dann spürte er plötzlich, wie sich etwas in seinem Brustkorb regte. Zuerst wusste er nicht genau, was es war, das sich so warm in seinem ganzen Körper ausbreitete. Nach wenigen Augenblicken erkannte er die Zärtlichkeit, seine ganz eigene Gabe, die ihn diesmal nicht verbrannte und ihm wehtat. Seltsamerweise ging diese Zärtlichkeit von Wyn aus und galt Shinné allein.

»Das werdet ihr büßen!«, kreischte da Silva.

Shinné blinzelte verwirrt und durchbrach so die Verbindung, die er gerade noch mit Wyn gehabt hatte. Die Dämonen lagen besiegt auf dem Boden, und die schwarzen Engel hatten einen Kreis um ihn, Silva und Wyn gebildet.

Auch Wyn blinzelte ein paar Mal benommen, bevor er sich umsah und sich dann in den Kreis seiner Gefährten einreihte.

»Das werden wir noch sehen«, erwiderte Ranva nur trocken auf Silvas Drohung.

Silva warf ihr einen verächtlichen Blick zu. Sie ließ ihre Flügel erscheinen und stieß sich kraftvoll vom Boden ab.

Widerwillig ließ Shinné seine Flügel ebenfalls erscheinen. Er warf einen letzten sehnsüchtigen Blick auf Wyn, bevor er sich ebenfalls vom Boden abstieß und im nächtlichen Himmel verschwand. Obwohl er nichts lieber getan hätte, als zu bleiben, um noch länger in Wyns Augen zu sehen.

Schwarze Präsenz

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