Читать книгу Schwarze Präsenz - Lena Obscuritas - Страница 18

3.

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»Du hast ein Zimmer im Erdgeschoss?«, fragte Gabriel wenig begeistert, als Daniel ihn in sein Zimmer führte.

»Ist das ein Problem?«, fragte Daniel etwas besorgt.

»Vielleicht«, erwiderte Gabriel. Er ging zu dem einzigen Fenster und sah mit zusammengezogenen Augenbrauen nach draußen. »Mach das Licht aus und halte dich an der Tür!«, befahl er Daniel dann.

»Was ist los?«, wollte dieser wissen. Er hatte instinktiv angefangen zu flüstern, während er so lange zurückwich, bis er mit dem Rücken gegen sein Bücherregal stieß.

Gabriel zog seine Jacke aus. Mit zwei Lederriemen war ein Dolch an seinem rechten Oberarm befestigt. Er öffnete das Fenster und zog sich daran hoch.

»Ich bin bald wieder zurück«, sagte er dann, bevor er in der Dunkelheit verschwand.

Daniel blieb mit rasendem Herzen neben der Zimmertür stehen. Gabriels Verhalten machte ihm Angst. Was, wenn der schwarze Engel nicht zurückkam? Wenn dort draußen irgendetwas bereits auf ihn lauerte?

Daniel versuchte, sich mit tiefen Atemzügen zu beruhigen, doch die Angst zu sterben wurde übermächtig. Endlich tauchte Gabriel wieder vor dem Fenster auf und kletterte zurück ins Zimmer.

»Du kannst das Licht jetzt ruhig wieder anmachen«, sagte er, während er das Fenster wieder schloss.

Daniel tat, wie ihm geheißen, und das Zimmer wurde augenblicklich in warmes Licht getaucht.

»Was ist passiert?«, fragte Daniel.

Gabriel ließ sich auf Daniels Bett nieder.

»Ich habe bei unserer Ankunft einen Dämon auf dem Nachbargrundstück gesehen, aber er ist verschwunden. Seine Spur führt die Straße hinunter«, antwortete er.

»Willst du ihn nicht verfolgen?«

»Und dich allein zurücklassen?«, erwiderte Gabriel, als er sich mit dem Rücken gegen die Wand lehnte. »Lieber nicht.«

Daniel blieb unschlüssig neben seinem Bücherregal stehen. Gabriel dagegen saß ganz entspannt auf seinem Bett; die Hände ruhten auf seinen Oberschenkeln.

»Du kannst dich ruhig neben mich setzen«, sagte Gabriel schließlich augenzwinkernd. »Ich beiße schon nicht.«

Widerwillig musste Daniel grinsen und ließ sich auch auf das Bett sinken.

Eine Weile saßen sie nur schweigend nebeneinander. Dann sagte Gabriel: »Das heute war bestimmt sehr viel für dich.«

»Ein bisschen«, murmelte Daniel. »Ich weiß noch nicht so genau, was ich von alledem halten soll.«

»Kann ich verstehen«, meinte Gabriel. »Wenn du noch Fragen hast, frag ruhig.«

Daniel dachte kurz nach. »Wo soll ich anfangen?«, fragte er.

»Am besten vorne«, scherzte Gabriel und zwinkerte ihm zu, was Daniel zum Lachen brachte. »Du und Raphael seid Erzengel, nicht wahr?«, wollte er dann wissen, was Gabriel mit einem Nicken beantwortete.

»War es denn für den Himmel nicht ein großer Verlust, gleich zwei von euch zu verlieren?«

»Drei«, korrigierte Gabriel. »Du vergisst, dass auch Luzifer einer von uns war. Er war der Erste, der fiel; ich bin ihm erst Jahrhunderte später gefolgt. Aber, um deine Frage zu beantworten: Vermutlich war es für den Himmel ein großer Verlust. Raphael ist einer der Weltenwandler; das heißt, er kann die Tore, die zwischen Himmel, Hölle und Erde existieren, aufspüren und öffnen.«

»Wie viele der Weltenwandler gibt es?«, fragte Daniel.

»Zwei im Himmel und zwei in der Hölle. Demnach ist es ziemlich ungünstig, einen davon zu verlieren.«

»Wieso bist du gefallen?«, fragte Daniel, unsicher, ob es eine unhöfliche Frage war, doch er war einfach zu neugierig.

»Ich habe aufgehört zu glauben«, antwortete Gabriel. »Der Himmel ist wunderschön, und ich habe alles geliebt, was wir geschaffen haben, von der Erde bis zu den Lebewesen, die sie bevölkern. Dann haben die Menschen begonnen, die ersten Kriege zu führen. Ich wollte eingreifen, sie aufhalten, doch es wurde mir verboten. Ich konnte nicht einfach tatenlos zusehen, obwohl wir die Macht hatten, alles zu ändern, und so bin ich gefallen.«

»Und in der Hölle gelandet«, vermutete Daniel, doch Gabriel schüttelte den Kopf. »Ich hatte zwar den Glauben an den Himmel verloren, doch in die Hölle wollte ich auch nicht. Ich habe mich dazu entschlossen, auf der Erde zu bleiben, und so wurde aus mir der erste schwarze Engel«, erzählte Gabriel.

Daniel schwirrte der Kopf von all den Bildern, die Gabriels Geschichte ihm in den Kopf gepflanzt hatte. Bevor er allerdings noch etwas sagen konnte, ertönte ein Klopfen an seinem Fenster.

Gabriel legte einen Finger an seine Lippen und näherte sich langsam dem Fenster. Er zog seinen Dolch aus der Halterung an seinem Oberarm, hob ihn, bereit, jeden Moment zuzustechen, und öffnete das Fenster.

»Besten Dank für diesen freundlichen Empfang«, ertönte Farahs Stimme.

Gabriel grinste und trat zur Seite, um seine Freunde hereinzulassen. Nacheinander kletterten sie in Daniels Zimmer; Raphael als Letzter, nachdem er Ranva hineingehoben hatte.

»Geht es euch gut?«, fragte Raphael gleich besorgt.

»Ja«, erwiderte Daniel verwirrt.

»Was ist los?«, wollte Gabriel wissen.

»Wir sind in eine Falle gelaufen«, sagte Wyn tonlos und ließ sich in Daniels Sessel fallen.

»Zwei gefallene Engel und eine Handvoll Dämonen haben uns angegriffen«, erzählte Farah weiter.

»Als wir hier angekommen sind, habe ich einen Dämon entdeckt«, sagte Gabriel, »aber er ist verschwunden.«

»Er sollte bestimmt Daniel entführen«, vermutete Leander. »Gut, dass du mit ihm gegangen bist.«

Gabriel nickte. »Und die beiden gefallenen Engel?«, fragte er.

»Silva und Shinné«, antwortete Leander.

»Noch nie von ihnen gehört«, sagte Gabriel kopfschüttelnd.

»Du vielleicht nicht«, erwiderte Ranva. Dann sah sie Leander erwartungsvoll an, der geschlagen seufzte: »Es gibt da etwas, das nur Raphael über mich weiß. Ich habe es nie erzählt, weil ich es nie für relevant gehalten habe, aber bevor ich mich Raphael angeschlossen habe, war ich ein gefallener Engel.«

Die anderen schwiegen erschüttert, nur Raphael wirkte relativ unbeteiligt.

»Ein Brauch in der Hölle ist, dass die stärksten Krieger eine Verbindung eingehen, so verlobte ich mich mit Silva«, erzählte Leander. »Allerdings machte sie sich nicht viel aus mir, ich war für sie nur eine Art Trophäe. Doch durch meine Verbindung mit ihr verbrachte ich viel Zeit mit Shinné, und er wurde meine Affäre.«

»Du hattest eine Affäre mit Shinné?«, kreischte Farah.

Wyn, der die Augen geschlossen hatte, zuckte so heftig zusammen, dass er beinahe aus dem Sessel gefallen wäre.

Leander sah Farah währenddessen verständnislos an. »Als wäre bei uns Engeln das Geschlecht jemals von Bedeutung gewesen!«

»Deswegen hasst dich Shinné also so«, vermutete Ranva.

Leander nickte. »Ich habe ihm das Herz gebrochen.«

Daniel sah irritiert von einem zum anderen. Wenn er gedacht hatte, dass dieser Abend nicht verrückter werden konnte, hatte er sich geirrt.

Gabriel fing seinen Blick auf und lachte. »Ich glaube, wir haben Daniel etwas erschreckt.«

»Überfordert«, korrigierte Daniel, grinste aber dabei.

»Und wie soll es jetzt weitergehen?«, fragte Ranva.

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