Читать книгу Und dann kommst Du dahin an einem schönen Sommertag - Loretta Walz - Страница 21

»Ich bin mit Sehnsucht geboren und sterbe mit Sehnsucht«

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»Doris Maase und ich konnten im Revier helfen. Zum Beispiel konnten wir eine, die gefährdet war durch Transport, drei Tage im Revier lassen. Du warst immer in so einem Fieber, du bist ja auch immer mit einem Fuß im Strafblock gestanden. Aber trotz allem, man hatte eine wahnsinnige Sehnsucht nach dem Leben, die hab ich heute noch. Ich bin ein Mensch, der mit Sehnsucht geboren wurde und mit Sehnsucht stirbt. Ich hab Sehnsuchtsgedanken, wenn andere schon halb tot sind. Dann denk ich immer an das, was noch kommt. Du weißt ja, wie alt ich bin. Aber ich hab ja auch immer so viel zu tun. Damals haben wir uns immer alles erzählt und auch die Liebesbriefe gelesen. Doris Maase und Lina Haag11 bekamen welche – ich hab keine bekommen

Die Hilfe für andere, sagte Maria Zeh, sei eine wirkliche Erfüllung gewesen, durch die die eigenen Sorgen und sogar der Hunger in Vergessenheit gerieten. »Ich hatte dadurch einen Vorteil, dass ich Faltboot gefahren, Ski gelaufen bin, jung verheiratet war. Ich hatte schon ein anderes Leben. Doch je mehr ich mich daran erinnerte, desto größer war natürlich die Sehnsucht. Doch dann kam ein Einschnitt: Ich hätte ja nie geglaubt, dass ich wieder rauskomme. Selbst als Himmler kam und manche Leute zur Entlassung ausgesucht hat, sagte er zu Doris Maase und zu mir: ›Die haben zu fanatische Augen. Die kommen nicht raus.‹ Das war sehr schwer, als die anderen gingen, und ich blieb da! Auch von dieser Verlassenheit kann ich jetzt noch nachts aufwachen, die kriege ich nicht mehr los. Unter den Aufseherinnen gab es sympathische Frauen, aber es gab auch ganz große Kanaillen. Eine mit Namen Mandl12, die hat ausgesehen wie ein Engel, blond und blauäugig. Die hat mit einer unerhörten Unbarmherzigkeit zugeschlagen, bis die Haut geplatzt ist. Und eines Abends, die Kameradinnen waren alle weg, stand ich so da, 1001 war meine Nummer, und die Schwester sagte: ›Was denken Sie jetzt, 1001?‹ Ich sagte: ›Was soll ich Ihnen sagen, was ich jetzt denke, wenn alle fort sind?‹ Sie sagte, sie hätte nichts machen können. In meiner Akte stehe ›Rückkehr unerwünscht‹. Ich hab bloß eines gewusst: Du darfst jetzt nicht zusammenbrechen! So ging’s halt weiter. Und eines Tages hat es geheißen: ›Drei Tage nichts essen und trinken!‹ Das war die Vorbereitung für den Abtransport

Und dann kommst Du dahin an einem schönen Sommertag

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