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Eins zu null für den IS

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Im Anfang war das Wort. Und alles, was seither geschah, begann immer mit einem Wort, einem bedachten oder unbedachten, in böser oder guter Absicht oder einfach nur so dahingesagt. Kaum wahrgenommen, ist es meist schon untergegangen im Meer von Druckerschwärze und pausenlosem TV-Parteigeschwätz.

Aber als ein besorgter Volksnah-Minister aus einem Nachbarland ein viel umfassenderes Zivilschutzprogramm einforderte und seinen Wählern empfahl, neben den üblichen Vorräten eine größere Menge Trinkwasserflaschen einzulagern, und dann noch wohlversorgte Großmütter aufgeschreckt »Das ist ja wie im Krieg!« ausriefen, da schafften die Wasserflaschen, was nicht einmal den Gräuelbildern von Terror und Flüchtlingselend gelang: Eine Handelskette bietet Familiennotstandspakete zu günstigen Preisen, die Anzahl von Ansuchen um Waffenbesitzerlaubnis hat sich verdoppelt, die Jiu-Jitsu-Selbstverteidigungskurse sind heillos überfüllt und so weiter.

So wird frei nach Schiller »mit Entsetzen Scherz getrieben«. So wird durch Verunsicherung und Angstmacherei jenes Eigentor geschossen, das dem IS-Terror zu einem sicheren, mühelosen eins zu null verhilft.

Worte sind noch keine Taten, sondern deren Wegbereiter. Vor allem dann, wenn sie auf unserer geistigen Leinwand Bilder malen. Wer das weiß und die Maltechniken dafür kennt, kann die Wirkung seiner hingepinselten Worte in hohem Maße selbst bestimmen.

Doch zum Leid der Demokratie lässt sich das Volk gerade mit solchen Worten vortrefflich einfangen. Politiker, die im Wahlkampf mit Fakten punkten wollen, erkennen spätestens am Wahlabend, wie wahlentscheidend Bilder und nicht Fakten sind. Man denke an Donald Trumps Wahlerfolg mithilfe chaotisch zusammengewürfelter Metaphern wie »China vergewaltigt unser Land, aber wir halten alle Karten in der Hand, vergesst es nicht!«. Ein metaphorischer Unsinn, der dem frisch von der Leber weg sprechenden Amerikaner den Anstrich von Authentizität verlieh und zum Wahlsieg verhalf.

Populisten bedienen sich aus dem Füllhorn des Populären, was dem Populus nicht unsympathisch ist. Hinzu kommt, dass (angebliche) Nichtpopulisten ihren populistisch agierenden Widersachern allzu unüberlegt die Kunst der Verführung mit Halbwahrheiten und Sprachbildern vorwerfen, selbst aber auch nichts weiter als die Macht durch den Populus gewinnen möchten. Ein im Geiste der Aufklärung schwieriges Unterfangen, gehorcht doch die Masse viel eher archaischen Gesetzen als der Vernunft.

Bildliche Zuspitzungen sowie tabubrechende Prahlerei sollten im Idealfall nie zur Methodik eines Wahlkampfes werden, sonst verkommt der dadurch in den Wahlzellen stattfindende Stimmengewinn schneller als uns allen lieb sein kann zu einem demokratiepolitischen Verlust.

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