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Oktober 2007, Nachmittag, Channel 4 läuft, ein Zimmer voller Windeln und Arztbriefe

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Dr. Phil Hammond sitzt in der Wörterbuchecke, gleich neben dem Nationalheiligtum Susie Dent. Susie hält die gesamte Show (Countdown) zusammen, indem sie lange Worte findet, von denen niemand je zuvor gehört hat, und unheimlich gut in Grammatik ist. Hammond ist Mediziner, Comedian und Autor und trägt den Spitznamen „Dr. Phil“. Normalerweise kann ich ihm durchaus das Wasser reichen, wenn ich von zu Hause aus mitrate, aber heute habe ich keine Chance.

Ich frage mich gerade, ob die Veränderungen, die im Gehirn von Schwangeren stattfinden sollen, tatsächlich vorhanden oder lediglich eine sexistische Erfindung sind, als plötzlich aus dem Mix von Vokalen und Konsonanten ein Wort mit acht Buchstaben entsteht und mich regelrecht anspringt: PERINEUM. Bumm.

Ich notiere mein Ergebnis mit bitterem Geschmack im Mund und versuche das Baby nicht zu wecken. Zumindest haben mich die Erfahrungen der letzten Wochen gelehrt, wie man den medizinischen Begriff für den Damm buchstabiert.

Dr. Phil hat ihn auch erspäht. Natürlich. Und macht dann den Witz, dass die meisten Frauen keine Ahnung haben, wo ihr Perineum liegt, bis sie ein Baby bekommen. Das Publikum lacht, als die beiden Moderatoren Des O’Connor und Carol Vorderman einen schrägen Seitenblick austauschen. Susie und ich verziehen peinlich berührt das Gesicht.

Susie deshalb, weil sie bei jedem Wort auf die Definition auf ihrem Laptop schauen muss und diese wahrscheinlich lautet: „Der Bereich zwischen Anus und Hodensack oder Vulva.“

Ich, weil Dr. Phil gerade mein Unwissen über meinen Intimbereich im Fernsehen bloßgestellt hat. Ich nehme es sehr persönlich, dass ich so ein williges Ziel bin. Schlimmer noch ist, dass ich mich nicht einmal auf mein feministisches Podest schwingen und über das Patriarchat maulen kann, weil er tatsächlich Recht hat. Wo genau ist (oder war?) mein Perineum? Hatte ich das irgendwann einmal gewusst?


Gehört hatte ich jedenfalls schon einmal davon. Wahrscheinlich hatte ich mich, als es im Geburtsvorbereitungskurs eine gruselige Diskussion darüber gab, ob man den Damm massieren sollte, vor lauter Horror und Ekel ausgeklinkt. Und was meinen Beckenboden anging, so war ich zwar in Therapie, um ihn wieder flott zu kriegen, aber ich hatte keinen blassen Schimmer, wie das Ding eigentlich aussah.

Gab es noch mehr Lücken in meinem Sexualwissen, das mir, als ich es Revue passieren lasse, vorkommt wie ein Flickenteppich aus TV-Serien, Büchern, Zeitschriften, Freunden, schrecklichen Stunden mit peinlich berührten Biologielehrern und hormongesteuerten männlichen Teenagern, die auf ein Diagramm starren, in dem die Gebärmutter aussieht wie ein wütender Widder.



Ich habe im Laufe der Jahre definitiv etwas über die Periode und Schwangerschaften gelernt, aber die anatomischen und hormonellen Grundlagen sind noch immer böhmische Dörfer für mich – also die Dinge, wegen derer Frauen wie ich auf einem Handtuch sitzen, damit das Sofa nichts abbekommt.

Ich bin nicht ganz dicht

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