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Verstrickt

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„Der ist ganz der Vater“, sagt man manchmal von einem kleinen Jungen oder von einem Mädchen: „ganz die Mutter“. Ein anderer, heißt es, hat den Starrsinn vom Opa. Oder die schönen Locken von der Oma. Vieles, was in mir steckt und sich im Lauf der Jahre ausbildet, kommt irgendwoher. Das Gute: die schlanke Figur, die Freude an der Musik oder die Begabung für Mathe. Das Schlechte aber auch: die unreine Haut, das aufbrausende Wesen, die Bequemlichkeit.

Es ist nicht immer die biologische Vererbung, es sind nicht immer die Gene, die das ausmachen, wie ich mich verhalte und was ich tue. Es sind auch die Lebensbedingungen, die Umwelt, die Erziehung. Eine Mutter macht mit ihrem Bedürfnis nach Ordnung die ganze Familie verrückt. Manchmal merkt sie es selbst und würde es gern ändern. Aber so ist sie erzogen worden. Sie kann nicht anders. Was das wohl mit ihren Kindern macht? Ein Vater wäre selbst gern Fußballer geworden. Jetzt macht er seine Kinder nach dem Match fertig, wenn sie nicht gut genug gespielt haben. Hinterher tut es ihm leid. Aber es steckt in ihm. Er kann nicht anders. Wie lange die Kinder wohl noch Spaß am Sport haben?

Ich bin verstrickt in das, was vor mir war und um mich herum ist. Ich kann da nicht raus. Niemand kann in seinem Leben bei einem perfekten Punkt Null anfangen. Es ist immer schon etwas da, Gutes und Böses. Und ich gebe das weiter. Ich kann auch nicht anders.

Es gibt Menschen, die versuchen mit großem Aufwand, da herauszukommen. Sie bemühen sich, ökologisch tadellos zu leben, sie sind bedingungslose Pazifisten, erziehen ihre Kinder aufmerksamer und besser als andere. Meinen sie jedenfalls. Aber wenn ich mein Kind mit hohem Aufwand in die pädagogisch hochgelobte Reformschule schicke statt in die Stadtteilschule mit ihren Problemen, wer weiß, was ihm fehlt, wenn es die Kinder in der Umgebung nicht kennt und keine Spielkameraden hat? Es gibt keinen Punkt Null, an dem man neu anfangen kann.

„Erlöse uns von dem Bösen“, beten wir Christen im Vaterunser. Ich glaube, damit ist genau diese Verstrickung gemeint. Und vor allem die Hoffnung, dass das aufhört, dass ich wirklich neu anfangen und alles gut machen kann. Das gibt es höchstens nach dem Tod, sagen viele. In einer anderen Welt. Manche sagen: „im Himmel“. Aber das Vaterunser redet eigentlich immer von dieser Welt. Auch „auf Erden“ soll nach Gottes Willen alles gut werden, wenn Gottes gute Zukunft da ist. Und bis dahin? Bis dahin will ich genau hinschauen. Wahrnehmen, wo ich verstrickt bin in Dinge, die nicht gut sind. Dann kann ich es vielleicht doch anders probieren. Nicht überall. Aber hier und da. Das wären erste Schritte.

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