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Paternoster

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Der Aufzug im Stuttgarter Rathaus ist eine Attraktion. Viele Besucher kommen nur zum Aufzugfahren hierher. Denn es gibt noch einen Paternoster. Davon gibt es in ganz Deutschland nur noch ungefähr zweihundert Stück, habe ich gelesen. Die offenen Kabinen fahren an Stahlseilen pausenlos, links rauf, rechts runter, über mehrere Stockwerke, immer nur für eine, höchstens zwei Personen. Wie sie oben und unten die Richtung wechseln, ist mir schleierhaft, aber es klappt. Ganz Mutige fahren mit und kommen wohlbehalten wieder an. So ein Paternoster fährt ziemlich langsam. Aber er nimmt viel mehr Menschen mit als ein Aufzug, der in jedem Stockwerk anhalten muss.

Paternoster ist lateinisch und heißt „Vater unser“. Die Idee bei der Namensgebung für die Aufzüge war wohl, dass man früher auch das Vaterunser mehrfach hintereinander gebetet hat – wie die Perlen an einer Kette. So kommen auch die Kabinen des Paternosters immer wieder herauf und herunter. Das Vaterunser nimmt auch viele mit. So war es von Anfang an gemeint. Christen beten nicht „Mein Vater“, sondern „Vater unser“. Das erinnert beim Beten daran: Ich bin nicht allein. Das Vaterunser verbindet. Ich bin verbunden mit Schwestern und Brüdern, in allen Ländern und Konfessionen. Überall, wo Christen leben, betet man das Vaterunser. Orthodoxe Christen in Griechenland oder Russland zum Beispiel, Menschen in Afrika oder Amerika, wir hier in Europa, in Deutschland, in meiner Gemeinde, Menschen, die mit mir in einer Kirchenbank sitzen. Sie alle beten „Vater unser“ und wissen: Ich bin nicht die Einzige. Gottes Fürsorge gilt allen Menschen. Wir sind eine Familie. Es sollte keinem meiner Brüder und Schwestern schlecht gehen.

Viele beten das Vaterunser auch, weil es so kurz und knapp ist. Sieben Bitten nur, die aber das ganze Leben umfassen. Alle Hoffnungen und Wünsche sind darin aufgehoben. Es geht um das tägliche Brot. Darin ist alles eingeschlossen, was Menschen zum Leben brauchen. Es geht um die Schuld, die so vieles zerstört, aber auch um ein Leben in Frieden und Gerechtigkeit, das Gott versprochen hat.

Wenn Sie einmal in Stuttgart sind, gehen Sie ins Rathaus und fahren sie Paternoster! Wenn Sie es noch nie probiert haben, kostet es vielleicht ein bisschen Überwindung beim Einsteigen. So wie beim Beten. Aber es ist ganz ungefährlich. Steigen Sie ruhig ein. In den Paternoster. Vielleicht auch ins Vaterunser. Sie werden sehen: Das bringt einen weiter!

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