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Christusglaube – nicht Bibelglaube

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„Was für die Katholischen der Papst sein sollte, das ist für euch Evangelische die Bibel: unfehlbar!“ Das hat mir eine Frau geschrieben, weil ich in meinen Radiobeiträgen immer wieder auf biblische Geschichten hinweise. Die Frau war ein bisschen genervt: „Wie kann man sich so kritiklos auf ein so altes Buch verlassen? Ich kann nicht mehr alles glauben und für wahr halten, was in der Bibel steht. Da wissen wir heute einfach mehr.“

Hat die Frau Recht? Glauben wir Evangelische an die Bibel? Unbeirrt und unkritisch? Ich finde es tatsächlich wichtig, deutlich zu sagen, woher ich meine „Morgengedanken“ und „Anstöße“ im Radio nehme. Für so weise halte ich mich nicht, dass ich da einfach sagen könnte, was mir selbst richtig und wichtig scheint für unsere Zeit. Und ich finde, das sollen meine Zuhörer auch wissen, dass ich aus der Bibel lerne.

Aber ich glaube nicht an die Bibel. Christen glauben an Jesus Christus. In ihm, glauben wir, hat Gott sein Gesicht gezeigt. In ihm hat Gott sich den Menschen liebevoll zugewendet, damit sie gut leben können. Davon ist an vielen Stellen in der Bibel die Rede. Und genau deshalb darf man eben nicht kritiklos alles übernehmen, was dort steht. Nicht mal Martin Luther hat das getan, sondern alles daran gemessen, ob da von Christus die Rede ist. Oder, besser gesagt: von dem, was dem Geist und dem Reden und Handeln Jesu entspricht. Deshalb ist es wichtig, immer wieder zu fragen: Stimmt denn das, was ich an einer Stelle in der Bibel lese, mit dem zusammen, was von Jesus erzählt wird? Da wird sich dann zeigen, dass manches nicht zu dem Jesus passt, der zum Beispiel Männer und Frauen gleich behandelt hat und der zu dem Verbrecher, der mit ihm gekreuzigt worden ist, gesagt hat: „Heute wirst du mit mir im Paradies sein!“ Daran kann ich beurteilen, was im Einzelnen in der Bibel steht. Und dann manchmal sagen: Ich glaube, Jesus hätte das anders gesehen. Deshalb sehe ich das auch anders.

Manches, was in der Bibel steht, ist zudem gar nicht so wichtig, da kann ich ruhig bejahen, was die Wissenschaft inzwischen anders sieht. Aber dass Gott in Jesus zur Welt gekommen ist, damit wir Menschen gut leben können, das ist für mich wichtig. Das, scheint mir, ist keine veraltete und überholte Geschichte, „nicht Lesewort“, hat Martin Luther gesagt: „Nicht Lesewort … sondern Lebewort … nicht zum Spekulieren und Grübeln, sondern zum Leben und Tun.“ Die Geschichte von Jesus hat Konsequenzen. Und ich finde: Darüber sollten meine Hörerinnen und Hörer, Leserinnen und Leser selbst nachdenken können. Deshalb erzähle ich Geschichten aus der Bibel.

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