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Eine Reaktion auf Gottes Güte

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Auch Paulus hat eine unerwartete Begegnung an einem gewöhnlichen Arbeitstag (Apostelgeschichte 9,1-25). Die Religionswächter fordern Opfer und ihr gewissenhafter Anführer ist auf dem Weg, um noch mehr Mitglieder der neuen Sekte aufzuspüren, als er plötzlich von einem hellen Lichtschein vom Himmel geblendet wird. Er fällt zu Boden und hört eine Stimme, die zu ihm sagt: »Saul, Saul, warum verfolgst du mich?« Er fragt: »Wer bist du, Herr?« – »Ich bin Jesus, den du verfolgst …«

Und Paulus, der bislang klar sehen konnte, erblindet für drei Tage. In dieser Zeit isst und trinkt er nichts. Erst als ein Mitglied der gefürchteten Sekte ihn aufsucht, ihm die Hände auflegt und die unerhörten Worte »Saul, Bruder« spricht, lässt die Lähmung nach, und Paulus kann wieder sehen.

Auf so dramatische Art relativiert Gott seine große theologische Kompetenz und geistliche Klarsicht. Auf null gesetzt, buchstäblich am Boden, muss Paulus sich einem Gott beugen, der sich nicht kontrollieren oder imponieren lässt. Paulus ist derart entblößt und abhängig, dass er die geistliche Wegbegleitung von einem von denen annimmt.

Als Paulus einige Jahre später seinen Lebenslauf für seinen Schüler und Kollegen Timotheus zusammenfasst, klingt das so:

Wie dankbar bin ich Christus Jesus, unserem Herrn, der mich stark gemacht, als vertrauenswürdig erachtet und zu seinem Dienst berufen hat, obwohl ich ihn früher verachtet habe! Ich habe die Gläubigen verfolgt und ihnen geschadet, wo ich nur konnte. Doch Gott hatte Erbarmen mit mir, weil ich unwissend und im Unglauben handelte. Aber der Herr war freundlich und gnädig! Er hat mich erfüllt mit Glauben und mit der Liebe von Christus Jesus. Was ich sage, ist wahr und glaubwürdig: Christus Jesus kam in die Welt, um Sünder zu retten – und ich bin der Schlimmste von allen. Aber Gott hatte Erbarmen mit mir, damit Jesus Christus mich als leuchtendes Beispiel für seine unendliche Geduld gebrauchen konnte. So bin ich ein Vorbild für alle, die an ihn glauben und das ewige Leben erhalten werden.

1. Timotheus 1,12-17

Man achte darauf, was er sagt – und was er nicht sagt. Was ist Grundlage und Antrieb seiner Arbeit und Führung? Kein Wort von seinen theologischen Kenntnissen (obwohl er die Rabbiner-Ausbildung absolviert hat). Kein Wort von seinen geistlichen Gaben (die in der Apostelgeschichte dokumentiert sind). So wenig sie bei Petrus im Mittelpunkt stehen, tun sie es bei Paulus. Beide Leiter kannten sich selbst viel zu genau und waren viel zu stark von der Liebe Jesu geprägt, um sich von ihrer eigenen Spiritualität beeindrucken zu lassen.

Ihre Führung gründete in etwas ganz anderem: Sie war eine Reaktion auf Gottes Güte. Paulus beschreibt sich selbst als ein »Vorbild für alle« (vgl. 1. Timotheus 1,16), die zum Glauben finden sollen. Was macht ihn zum Vorbild? Seine Klugheit? Seine große Geistlichkeit? Nein, seine Sünde – und seine Erfahrung einer noch viel größeren Barmherzigkeit. Anstatt von Paulus imponiert zu sein, hat Jesus »all seine Geduld« auf ihn gesetzt. Zweimal wiederholt Paulus das Unerhörte, das schlussendlich den Unterschied macht: »Gott hatte Erbarmen mit mir.«

Das ist nicht nur ein kurzer frommer Exkurs aus Paulus’ erfolgreicher Führungsgeschichte, wie sich im wiederholten Ausdruck in seinem Brief zeigt: »Da Gott uns in seiner Gnade diese Aufgabe anvertraut hat …« (2. Korinther 4,1). Dies also ist das ganze Fundament seines Lebens, seiner Arbeit und seiner Führung. Es ist die Beziehung zu Jesus, die für Paulus Herz, Feuer und Quelle ist. Dass Gott der große Wiederverwerter ist, zeigt sich, als das theologische Wissen und die Geistesgaben, die Paulus dauerhaft hätten verblenden können, stattdessen zum Augenöffner für die ganze christliche Kirche werden.

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