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Warminsko-Mazurskie, Polen

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Am nächsten Tag bringt mich der Zug nach Olsztyn, dem alten Allenstein. Ich bin somit im ehemaligen Ostpreußen angekommen. Bei Tannenberg, nicht weit von Allenstein, hat der Deutsche Ritterorden 1410 eine heftige Niederlage erlitten. Als im ersten Weltkrieg dann die Deutschen unter Hindenburgs Kommando die Russen im August 1914 bei Allenstein besiegten, war diese Schmach endlich getilgt, und 1927 konnte der fast 80-jährige Hindenburg das Tannenberg-Nationaldenkmal feierlich einweihen.

Lange konnte sich die Bevölkerung allerdings nicht an dem monströsen Denkmal erfreuen, denn deutsche Pioniere leisteten vor der Eroberung Ostpreußens durch die Sowjetarmee ganze Arbeit und sprengten das Denkmal. Immerhin konnten einige der Steine später beim Wiederaufbau von Warschau genutzt werden.

Olsztyn ist heute die schmucke Hauptstadt der polnischen Wojwodschaft Warminsko-Mazurskie (Ermland-Masuren). Die historische Altstadt ist in wenigen Minuten durchschritten, das Cafe si si ist mein Ziel, hier kann man bei Kaffee und Kuchen nach vorne hin den Marktplatz, oder – noch mehr zu empfehlen – nach hinten raus die Burg betrachten.

Auf dem Weg zur Burg trifft man auf das unvermeidliche Nikolaus Kopernikus-Denkmal. Auf den kleinlichen Streit darüber, ob der weltberühmte Astronom Kopernikus denn nun Deutscher oder Pole gewesen sei, soll hier nicht weiter eingegangen werden. Hier in Allenstein wirkte der spätere Frauenburger Domherr Kopernikus als Administrator und wohnte in der Burg, worauf man heute im polnischen Olsztyn genauso stolz ist wie man es früher im preußischen Allenstein war.

Kopernikus lebte übrigens auch im weiter nördlich gelegenen Heilsberger Schloss, wo er offiziell als Arzt seines Onkels, des ermländischen Bischofs Lucas Watzenrode, tätig war. Inoffiziell allerdings arbeitete er hier an den ersten wesentlichen Schriften seines wahrlich astronomischen Werkes. Und warum lasse ich nun den Leser an diesem historischen Wissen teilhaben?

Nun, am nächsten Tag fahre ich nach Lidzbark-Warminski, wie Heilsberg heute heißt. Dort treffe ich mich im Schloss, dem früheren Bischofssitz und heutigen Museum, mit Beata.

Beata ist eine Frau in den besten Jahren, seit 23 Jahren mit einem Deutschen, Jens, verheiratet und hat ihren Arbeitsplatz im Nordflügel des Museums, in dem bis 1936 auch das hiesige Waisenhaus untergebracht war.

Über die deutsche Vergangenheit Heilsbergs hatten wir bei früheren Besuchen schon viel diskutiert, auch über die Sehnsuchtstouristen, die inzwischen fast ausgestorben sind. Jetzt kommt die nächste Generation, so wie ich, auf den Spuren ihrer Eltern: mein Vater ist hier im Schloss aufgewachsen, allerdings nicht als künftiger Schlossherr, sondern als Waisenkind. Im Nordflügel, dritter Stock, unter dem Dach, waren die Schlafsäle.

Und wie ist es so mit den Russen? „Na klar“, erläutert Beata lachend, „es kommen viele russische Touristen (aus dem Oblast Kaliningrad, nur ganz wenige aus dem russischen Kernland) nach Heilsberg, aber die gehen vor allem in das Thermalbad. Und die, die in die Burg kommen, haben kein Interesse an der Geschichte, sie wollen nur das touristische Highlight Heilsbergs nicht verpassen.“ Und Beata selbst, war sie denn schon mal in Kaliningrad? „Nur einmal, vor fast 25 Jahren. Im Bus nach Kaliningrad waren außer mir nur Schwarzhändler, die öffneten schon gleich nach der Grenze die Wodka-Flaschen und schmuggelten auf der Rückfahrt Unmengen an Zigaretten nach Polen. Kein sehr schöner Ausflug, wirklich nicht.“

Der Schmuggel blüht auch heute noch, auch wenn seit der Einführung der Visumpflicht der kleine Grenzverkehr deutlich zurückgegangen ist, wie mir ein paar Monate vorher der vorsitzende Richter des hier zuständigen Gerichtes in Bartozsyce (früher Bartenstein) berichtet hatte. In den ersten 9 Monaten des Jahres 2016 gab es dort 6000 Verfahren gegen Schmuggler! Wenn man einmal davon ausgeht, dass nur ein kleiner Teil der Schmuggler erwischt wird…

Genug über die Russen geredet, noch ein Gang durch die inzwischen fertig renovierten Räume des Schlosses, die ich noch nicht kenne, und dann lasse ich Beata erst einmal weiter arbeiten und ziehe mich in meine Heilsberger Stammkneipe, dem in der Nähe des Marktes gelegene Starowka, zurück, um am Buch zu schreiben und die Zeit bis zum Abendessen im Haus von Beata und Jens zu überbrücken. Natürlich, man ahnt es schon, ist Beatas Menü dann für meinen Magen völlig überdimensioniert, aber das sollte auch bei vielen noch folgenden Essenseinladungen die Regel bleiben. Von wegen Diät und abnehmen, unmöglich auf so einer Reise. Denn nach einer zweiten Nacht in Olsztyn geht es weiter, per Bus nach Kaliningrad, tschüss und do widzenia, Polska.

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