Читать книгу Empfehlungen für die weitere Entwicklung der Wissenschaftlichen Informationsversorgung des Landes NRW - Manfred Thaller - Страница 19
2.3.2. Voraussetzungen für die Kooperation der Hochschulen
ОглавлениеBei den Gesprächen mit den Informationseinrichtungen der einzelnen Hochschulen, insbesondere auch mit Vertretern der Hochschulleitungen, wurde sowohl bei der Diskussion hochschulübergreifender Kooperation in den allgemeinen IT-Infrastrukturen, als auch im Besonderen bei der Diskussion einer engeren Integration in der kooperativen Bereitstellung bibliothekarischer Dienstleistungen, immer wieder darauf hingewiesen, dass die Hochschulen zwar prinzipiell an Kooperationen sehr interessiert seien, das Hochschulfreiheitsgesetz in seinem jetzigen Zuschnitt sie bei der Kooperation aber nachhaltig behindere. Denn, so das Argument, sobald zwei Hochschulen eine Kooperationsform anstreben würden, die den Austausch geldwerter Leistungen beinhalte, träten sie als wirtschaftliche Anbieter auf einem allgemeinen Markt auf. Wären zwei Hochschulen daher z.B. daran interessiert in eine Kooperation einzutreten, bei denen eine der beiden Hochschulen den eMail-Dienst für beide übernehmen wolle, die andere im Ausgleich Backup-Kapazitäten für beide bereitstellen wolle, liefe dies darauf hinaus, dass sowohl die eMail-Leistungen, als auch der Backup-Service europaweit ausgeschrieben werden müssten.
Das für diesen Bericht verantwortliche Projektteam verfügt über kein juristisches Expertenwissen. Unseres Erachtens ergeben sich hier jedoch Parallelen zu anderen Kooperationsformen zwischen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, die sich in den letzten Jahren durchaus bewährt haben.
Die Kommunen des Landes stehen im Bereich der IT-Dienstleistungen in einer durchaus zu der der Hochschulen vergleichbaren Situation: Während die von uns hier postulierte Notwendigkeit der Hochverfügbarkeit von IT-Infrastrukturen an Hochschulen als Voraussetzung für deren Betrieb in 2025 unseren Wissens nach Neuland ist, ist sie für die Kommunen eindeutig notwendig. Der Betrieb einer hochverfügbaren IT-Infrastruktur wäre – wegen genau der unterkritischen Größe einzelner Kommunen, die wir für die Mehrzahl der Hochschulen in NRW diagnostiziert haben – nicht kostengünstig betreibbar. Als Lösung für die Kommunen bot sich der Betrieb von kommunalen Rechenzentren unter der Rechtskonstruktion der kommunalen Zweckverbände an, die unter der Kontrolle mehrerer Kommunen für diese gemeinsame Strukturen bereitstellen.
Das HFG (Hochschulfreiheitsgesetz) bestimmt:
„§ 2 Abs. 1: Die Hochschulen nach § 1 Abs. 2 sind vom Land getragene, rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts.
§ 2 Abs. 2: Soweit dieses Gesetz nichts anderes zulässt, erledigen sie ihre Aufgaben in Forschung, Entwicklung und Kunst, Lehre und Studium in öffentlich-rechtlicher Weise.“18
Auch das HFG ändert also nichts daran, dass Hochschulen im Grundsatz nach wie vor öffentlich-rechtliche Körperschaften sind.
Das „Gesetz über Kommunale Gemeinschaftsarbeit“ bestimmt:
„KommGemG § 4 Abs 1: Gemeinden und Gemeindeverbände können sich zu Zweckverbänden zusammenschließen, um Aufgaben, zu deren Wahrnehmung sie berechtigt oder verpflichtet sind, gemeinsam zu erfüllen …
KommGemG § 4 Abs 2: Neben einer der in Absatz 1 genannten Körperschaften können auch der Bund, die Länder der Bundesrepublik und andere Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts Mitglieder eines Zweckverbandes sein,[…].“19
Ohne tiefergehendes juristisches Wissen ist es für uns nicht entscheidbar, ob die Bestimmungen von §4 Abs 2 KommGemG bereits ausreichen würden, einen Zweckverband zu begründen, der neben Hochschulen als Körperschaften öffentlichen Rechts keine Gemeinden und Gemeindeverbände enthält, was zwar nicht dem Tenor, wohl aber dem primären Zweck des Gesetzes über die Kommunale Gemeinschaftsarbeit zuwider liefe. Nachdem die Absicht des Gesetzgebers aber offensichtlich ist, auf diese Weise generell die Zusammenarbeit von Körperschaften öffentlichen Rechts bei der Lösung gemeinsamer Aufgaben sicher zu stellen, sollte eine Ausdehnung dieser rechtlichen Konstruktion auf die Hochschulen aber ohne allzu große Mühe möglich sein.
Um die Hochschulen beim gemeinsamen Betrieb von Infrastruktureinrichtungen zu unterstützen, ist also eine Rechtskonstruktion im Sinne eines „akademischen Zweckverbandes“ zu unterstützen, bei der Infrastruktureinrichtungen gemeinsam von mehreren Hochschulen betrieben werden. Vergleichbare Konstruktionen haben sich im Ausland durchaus bewährt: Wir verweisen auf die niederländische Lösung und das niederländische Governance-Modell von SURF,20 einer Einrichtung auf deren Basis die Hochschulen der Niederlande gemeinsame IT-Dienste betreiben, die in vieler Hinsicht als vorbildlich zu betrachten sind, auch wenn sie unseres Erachtens nach noch nicht weit genug gehen. Dabei sei darauf hingewiesen, dass die Niederlande größenmäßig ein Hochschulsystem betreiben, das dem von NRW relativ genau entspricht.
SURF nimmt dabei eine ähnliche Funktion für die IT der Hochschulen ein, wie das HBZ in NRW für die Hochschulbibliotheken. Das HBZ bietet sich gleichzeitig als bereits bestehende landesweit agierende Infrastruktureinrichtung im Bereich der bibliothekarischen Informationsversorgung der Hochschulen als Träger sowohl für die unterste der postulierten vier Schichten – „landesweite Informationsinfrastruktur“ – als auch für die oberste – „landesweiter einheitlicher Informationszugang“ – an. Grundsätzlich scheint für den bibliothekarischen Bereich auch ein Konsens der Hochschulen feststellbar, dass das HBZ diesen Aufgaben gewachsen wäre, solange (a) klar ist, dass das HBZ auf die Bereitstellung der hier unter 2.3.1.2. beschriebenen bibliothekarischen Infrastrukturaufgaben beschränkt wird, also nicht versucht wird, seinen Zuständigkeitsbereich auf die Bereitstellung einer inhaltsagnostischen informationstechnischen Infrastruktur wie unter 2.3.1.1. beschrieben auszudehnen und (b) gesichert wird, dass der Einfluss der Hochschulen auf das HBZ gegenüber dem Ist-Zustand mindestens nicht verringert wird.
Beides wird u.E. am besten dadurch sichergestellt, dass das HBZ sobald als möglich in die Rechtskonstruktion eines akademischen Zweckverbandes aller Hochschulen des Landes überführt wird. In dieser Konstruktion kann das MIWF – in Anlehnung an KommGemG § 4 Abs 2 – als Mitglied agieren, um zusätzliche Sicherheit für kleinere Hochschulen zu garantieren, die derzeit gelegentlich fürchten, beim Aufbau kooperativer Strukturen ihre Interessen gegenüber den großen Universitäten nicht angemessen durchsetzen zu können.
Um die Hochschulen bei der konsequenten Ausnutzung der Vorteile hochschulübergreifender Kooperation zu unterstützen, empfehlen wir dem MIWF des Landes NRW daher folgende kurzfristig umzusetzende Maßnahmen:
1. Es ist zu prüfen, wieweit die derzeitige Gesetzeslage ausreicht, um „akademische Zweckverbände“ im angesprochenen Sinne zu unterstützen. Ist dies nicht möglich, sind geeignete gesetzgeberische Maßnahmen zu initiieren.
2. Sämtliche Förderprogramme im Bereich der Informationstechnologie sind so auszulegen, dass der Landesanteil bei der Finanzierung von Vorhaben, die kooperativ erbracht werden, signifikant höher ist, als bei Maßnahmen, die von einzelnen Hochschulen umgesetzt werden.
3. Während ein geeigneter institutioneller Träger für eine landesweite kooperative Infrastruktur im Bereich der inhaltsagnostischen technischen Dienste derzeit nicht besteht, bietet sich das HBZ für diese Rolle im erweiterten bibliothekarischen Bereich an. Es sollte zum frühesten möglichen Zeitpunkt in einen von den Hochschulen des Landes gemeinsam betriebenen Zweckverband umgewandelt werden.