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3. Chronologie
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Friedbergs seinerzeit unveröffentlichter „Entwurf einer Strafprozeß-Ordnung für den Norddeutschen Bund“ bildete den Auftakt zu einem mehrjährigen Gesetzgebungsverfahren.[79] Es galt, wie bereits für das am 1. Januar 1871 in Kraft getretene norddeutsche Strafgesetzbuch, die Interessen der Einzelstaaten, der Hegemonialmacht Preußen sowie der liberalen Reichstagsmehrheit in Ausgleich zu bringen. Chronologisch zusammengefasst stellt sich der Weg zur strafprozessualen Rechtseinheit wie folgt dar:[80]
– | Entwurf einer Deutschen Strafprozeß-Ordnung („Erster Entwurf“, Januar 1873)[81] Nach Einholung vertraulicher Gutachten preußischer Juristen wurde der „Entwurf Friedberg“ im preußischen Justizministerium überarbeitet und mit umfangreichen Motiven sowie sechs Anlagen gedruckt.[82] Rechtspolitischen Zündstoff barg der Entwurf insofern, als er das Schwurgericht beseitigte (anders der „Entwurf Friedberg“), das Rechtsmittel der Berufung verwarf sowie das Anklagemonopol der Staatsanwaltschaft für zahlreiche Delikte durch die Gewährung der subsidiären Privatklage durchbrach. Als Kompensation für die Abschaffung des Schwurgerichts war die Stärkung des Laienelements durch erstinstanzlich urteilende kleine, mittlere bzw. große Schöffengerichte vorgesehen. |
– | Entwurf einer Deutschen Strafprozeßordnung („Revidierter Entwurf“, Juli 1873)[83] Der „revidierte Entwurf“ ist das Ergebnis einer mit elf hochrangigen Juristen besetzten Kommission, die der Bundesrat gleichsam „als rechtsgelehrte Sachverständige“[84] zur Beratung des „Ersten Entwurfs“ eingesetzt hatte.[85] Die vorgenommenen Änderungen beschränkten sich freilich vorwiegend auf redaktionelle und sprachliche Verbesserungen. |
– | Entwurf einer Strafprozessordnung („Reichstagsvorlage“, Juni 1874)[86] Nach weiteren Kommissionsarbeiten legte der Bundesrat dem Reichstag schließlich den Entwurf einer Strafprozessordnung vor.[87] Ein Stein des Anstoßes war zuvor bereits im Zuge der Beratungen über das Gerichtsverfassungsgesetz aus dem Weg geräumt worden. Aufgrund des massiven Widerstands der süddeutschen Staaten hatte der Bundesrat die ursprünglich beschlossene Beseitigung des Schwurgerichts revidiert. |
– | Einsetzung einer Justizkommission durch den Reichstag (Januar 1875–Oktober 1876) Der Reichstag verweigerte dem vorgelegten Gesetzesentwurf die Zustimmung. Um die Justizgesetze zu beraten und zu modifizieren, wurde eine aus 28 Parlamentariern bestehende Kommission eingesetzt.[88] Die sog. „Justizkommission“ nahm im Sinne der liberalen Reichstagsmehrheit umfangreiche Änderungen vor und ergänzte den Entwurf um über hundert Paragraphen.[89] |
– | „Unannehmbares“ und Kompromisse (April 1876–Dezember 1876) Der Bundesrat, der parallel zu den Arbeiten der Justizkommission beriet, erklärte schließlich elf der vom Reichstag beschlossenen Änderungen für „unannehmbar“.[90] Die Vollendung der Rechtsvereinheitlichung stand vor dem Scheitern. Mit den übrigen Reichstagsfraktionen nicht abgestimmte Verhandlungen zwischen den nationalliberalen Parteiführern (v. Bennigsen, Lasker, Miquel) und Reichskanzler Bismarck endeten in Kompromissen und sicherten die Verabschiedung der Reichsjustizgesetze.[91] |
– | Annahme der Reichsstrafprozessordnung durch den Reichstag und den Bundesrat (21./22. Dezember 1876)[92] Die Annahme im Reichstag erfolgte „mit Mehrheit“, jedoch gegen die Stimmen des Zentrums und der linksliberalen Deutschen Fortschrittspartei, die sich durch das eigenmächtige Vorgehen der Nationalliberalen düpiert sahen.[93] |
– | Publikation der Reichsstrafprozessordnung im Reichsgesetzblatt (1. Februar 1877)[94] |
– | Inkrafttreten der Reichsstrafprozessordnung, gemeinsam mit den anderen Reichsjustizgesetzen (1. Oktober 1879) |