Читать книгу Im Dunkeln der Tod - Ein Schweden-Krimi - Mari Jungstedt - Страница 17

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Während des ganzen Sonntags jagte Knutas im Pendelverkehr zwischen Polizeigebäude und Dalmansport hin und her. Erst am späten Nachmittag fiel ihm ein, dass er vergessen hatte, zu Hause anzurufen.

Als er Lines Stimme hörte, erinnerte er sich plötzlich daran, dass sie bei seinen Eltern auf deren Hof oben in Kappelshamn auf Nordgotland hatten essen wollen. Verdammt. Er wusste, wie wichtig es seinen Eltern war, dass alles nach Plan lief. In Gedanken hörte er schon die enttäuschte Stimme seines Vaters, als Line mitteilte, dass Knutas eben nicht mitkommen konnte. Im tiefsten Herzen hatten seine Eltern wohl noch immer nicht akzeptiert, dass er zur Polizei gegangen war. Nicht voll und ganz. Für seine Eltern wurde er niemals richtig erwachsen.

Line dagegen nahm solche Änderungen im Plan meistens gelassen auf, egal, ob es nun um einen abgeblasenen Urlaub in den Bergen oder einen verpassten Elternabend ging. Das findet sich schon, sagte sie nur, und das tat es auch immer. Er brauchte nur selten wegen seiner Arbeit ein schlechtes Gewissen zu haben, was sein Leben ungeheuer erleichterte. Seine dänische Frau ging alles mit einer Leichtigkeit an, die ihn immer wieder daran erinnerte, was für ein unbegreifliches Glück er gehabt hatte. Sie hatten sich durch einen Zufall kennengelernt, als er während einer Polizeikonferenz ein Restaurant in Kopenhagen besucht hatte. Line kellnerte dort, um ihre Ausbildung zu finanzieren. Jetzt arbeitete sie als Hebamme im Krankenhaus von Visby.

Die Pressekonferenz war ungeheuer gut besucht. Die Tatsache, dass das Opfer auf Gotland so bekannt gewesen war, machte die Nachricht für die lokale Presse natürlich zur Sensation. Dass der Tote in einem Tor in der Visbyer Stadtmauer aufgehängt gewesen war, reichte, um auch die übrigen Medien im Land Feuer fangen zu lassen. Und außerdem war Sonntag.

Als Knutas und Norrby den Raum betraten, in dem die Pressekonferenz abgehalten worden war, war die nervöse Erwartung geradezu greifbar. Die Presseleute saßen auf ihren Stühlen parat, die Schreibblöcke brannten auf ihren Knien, die Fotografen stellten die Kameras ein, und auf dem Podium ganz vorn waren Mikrofone aufgereiht. Knutas lieferte die wichtigsten Informationen und gab die Identität des Opfers bekannt. Es bestand kein Grund mehr, sie zurückzuhalten. Alle Angehörigen waren inzwischen unterrichtet worden, das Gerücht hatte sich in Visby verbreitet, und der Blumenhaufen vor der Galerie wuchs immer weiter.

»Glauben Sie an einen Raubmord?«

Diese Frage stammte von einem Vertreter des Lokalsenders.

»Wir können bisher noch gar nichts ausschließen«, sagte Knutas.

»Hatte das Opfer Wertsachen bei sich, zum Beispiel eine Brieftasche?«

Knutas zuckte zusammen. Natürlich Johan Berg. Knutas und Norrby tauschten einen Blick.

»Diese Art von Details gehört in die Voruntersuchung, darauf kann ich deshalb nicht eingehen.«

»Wie können Sie so sicher sein, dass es Mord ist?«

»Eine vorläufige Untersuchung des Opfers ist unternommen worden, und die Verletzungen sind von einer Art, die er nicht selbst hervorgerufen haben kann.«

»Können Sie die Verletzungen beschreiben?«

»Nein.«

»Wurden Waffen benutzt?«

»Darauf gebe ich ebenfalls keine Antwort.«

»Wie war es möglich, ihn im Tor so weit nach oben zu hängen?«, fragte der übellaunige Reporter der Lokalzeitung, auf den er schon am Tatort gestoßen war. »Wo ihr doch sogar die Feuerwehr holen musstet, um den Körper nach unten zu schaffen.«

»Wir gehen davon aus, dass wir es entweder mit mehreren Tätern zu tun haben oder mit einem ungewöhnlich starken Mann.«

»Suchen Sie nach einem Bodybuilder?«

»Nicht unbedingt. Die sehen oft viel stärker aus, als sie wirklich sind.«

Irgendwer lachte.

»Haben Sie eine Theorie darüber, ob der Täter von Gotland oder vom Festland stammt?«

»Das halten wir uns offen.«

»Und wenn es kein Raubmord war – was kann dann der Grund sein?«

»Es ist noch viel zu früh, um Spekulationen anzustellen. Wir arbeiten auf breiter Front und halten uns alle Türen offen. In diesem frühen Stadium kann nichts ausgeschlossen werden.«

»Was macht die Polizei gerade jetzt?«

»Wir führen Vernehmungen durch, befragen die Nachbarschaft und bearbeiten die bereits eingelaufenen Tipps, außerdem bitten wir die Öffentlichkeit, sich zu melden, wenn jemand glaubt, etwas gesehen oder gehört zu haben, entweder am Mordabend oder an den Tagen davor. Wir glauben, dass der Täter die Gegend um die Dalmansport vor der Tat untersucht hat.«

»Egon Wallins Galerie hatte am Mordtag doch eine große, viel besuchte Vernissage«, sagte Johan. »Kann das eine Rolle spielen?«

»Das wissen wir nicht, aber wir bitten alle, die am Samstag diese Vernissage besucht haben, sich bei der Polizei zu melden.«

Viel mehr wurde nicht gesagt. Knutas und Norrby erklärten die Pressekonferenz für beendet und erhoben sich, um den Raum zu verlassen.

Sofort stürzten die Presseleute sich auf Knutas und baten um Einzelinterviews. Er versuchte, so viele wie möglich an Norrby zu verweisen, der sich ihnen freundlich der Reihe nach zur Verfügung stellte.

Alle fragten mehr oder weniger dasselbe und wiederholten genau die Fragen, die schon während der Pressekonferenz gestellt worden waren.

Nach einer Stunde war endlich alles vorbei, und Knutas war erschöpft. Er bereute, seine Mitwirkung angeboten zu haben. Zu einem so frühen Stadium einer Mordermittlung hätte er vor allem für seine Mitarbeiter zugänglich sein müssen, nicht für die Presse.

Lars Norrby hätte die Pressekonferenz auch allein erledigen können.

Schließlich war er doch hier der Pressesprecher.

Im Dunkeln der Tod - Ein Schweden-Krimi

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