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Prolog

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Er war für seinen Freund Buddy eingesprungen, dem es seit einigen Tagen nicht gut ging. In einer viertel Stunde würde er es hinter sich gebracht haben, schätzte Carl und zog einen Stapel Zeitungen aus der Packtasche seines Fahrrads. Danach zur Schule, um acht, das war machbar.

Träge kroch die Sonne hinter den Dächern des Altstadtviertels hervor. Es war ein klarer Frühlingsmorgen. Das Licht veränderte sich, wechselte von Ultramarin und Violett nach Zinnober. Die ersten chromgelben Strahlen der aufgehenden Sonne überzogen die Stadt mit einem glänzenden Schimmer. Die Welt hatte ihre scharfen Konturen verloren und erhielt einen warmen Anstrich.

Begleitet vom Gezwitscher rivalisierender Spatzen und Elstern, verrichtete Carl seine Arbeit. Das Klappern der Briefkastenabdeckungen und das gelegentliche Einrasten des Fahrradständers waren die einzigen, von Menschenhand verursachten Geräusche.

Eine staubige Schmutzschicht hatte sich über Nacht auf den von der Sonne erwärmten Blechen der an den Parkstreifen schlummernden Autos abgelegt. Der feine schwarze Staub kam aus den Schornsteinen der naheliegenden Stahlwerke, war allgegenwärtig.

Gelbgoldene Forsythien hatten sich in den Beeten unter den Fenstern der Wohnhäuser ausgebreitet, und an den Straßen blühten die Kastanienbäume, boten einen angenehmen Kontrast zur grauen Tristesse der Häuser aus der Gründerzeit. Bald würde die Stadt erwachen und die Bewohner ihren Beschäftigungen nachgehen.

Viel zu früh wurde die morgendliche Großstadtidylle von einem alles durchdringenden Geräusch zerstört. Vier Streifenwagen jagten mit eingeschaltetem Martinshorn durch die engen Häuserschluchten wie in einem französischem Krimi Noir. Aus allen Himmelsrichtungen schossen sie heran und legten vor dem Eingang eines mehrstöckigen Wohnhauses eine Vollbremsung hin. Kreuz und quer kamen sie mit quietschenden Reifen zum Stehen und blockierten mit eingeschaltetem Blaulicht die Straße.

Die Vögel waren still, und Carl hatte seine Arbeit unterbrochen.

Der übernächtigte Einsatzleiter Peter Kramer blickte durch die Frontscheibe seines Einsatzwagens und fuhr sich mit der Hand über sein unrasiertes Kinn. Die Kontrolllampe des Funkgerätes blinkte grün, die Stimme aus dem Lautsprecher von einer Störfrequenz überlagert.

Während sein Kollege auf dem Beifahrersitz die oberen Etagen des Wohnhauses mit den Augen absuchte, nahm Kramer den Hörer vom Armaturenbrett. „Regulär wär ich längst in der Kutsche. Scheiß Nachtdienst“, beklagte er sich, schaltete auf Senden und gab den finalen Befehl. „Wir gehen da jetzt rein! Seid ihr bereit?“

„Vorsicht ... Person ist bewaffnet ... Ende!“ Die Information kam aus der Zentrale über Lautsprecher herein und wurde von einem Rauschen und Frequenzbrummen begleitet.

„Dann wollen wir mal“, sagte Kramer zu seinem Kollegen und öffnete die Fahrertür.

Mehrere Polizeibeamte mit kugelsicheren Westen sprangen gleichzeitig aus den Streifenwagen. Auf Kramers Handzeichen entsicherten sie ihre Schusswaffen und rannten zum Hauseingang. Vorbei an überquellenden Briefkästen bewegten sich die Polizisten geschmeidig hinauf in die zweite Etage. Kramer deutete auf eine Wohnungstür, die zwei seiner Kollegen rechts und links mit im Anschlag gehaltenen Pistolen absicherten. Der gezielte Fußtritt eines weiteren Beamten ließ die Tür krachend auffliegen.

Mit erhobenen Waffen durchkämmten die Männer Zimmer für Zimmer. Überall stapelten sich Berge von Hausmüll, schmutzige Wäsche auf dem Boden verstreut.

Und mittendrin, eingehüllt in einer fleckigen Decke, die gesuchte Person, dösend in einem Sessel, vor dem rauschenden Testbild des Fernsehers. Ein kleiner Ganove aus dem Rotlichtmilieu; ungepflegt und unbedeutend, so wie er es die ganzen 36 Jahre seines Lebens immer gewesen war.

„Irgendwie ist hier keiner richtig auf Sendung“, bemerkte Kramer. „Durchsucht jeden Winkel in diesem Rattenloch!“ Dann wendete er sich der Person zu. „Herr Schneider?! Herr Wolfgang Schneider?!“

„Heiliger Bimbam. Wie bei Hempels unterm Sofa“, kam eine Stimme aus dem Nebenraum.

„Was gibts? Was wollt ihr?“, lallte der Hausherr und versuchte sich zu orientieren.

„Sie sind vorläufig festgenommen“, sagte Kramer emotionslos.

Einer der Beamten zeigte Kramer triumphierend eine Tüte mit weißem Inhalt und eine Pistole.

Kramer nickte sachlich. „Weiter so! Sucht jede Ritze ab!“, ordnete er an und widmete sich wieder der Zielperson. „Und jetzt zu ihnen, Herr Schneider. Ihnen werden folgende Vergehen vorgeworfen: Unerlaubter Waffenbesitz, Zuhälterei, Drogenbesitz und schwere Körperverletzung in drei Fällen. Ich glaube das genügt. Abführen!“

Wolfgang befand sich immer noch im Tiefenrausch, und deshalb konnte ihn das nicht erschüttern. „Ist denn schon O… Ostern?“, fragte er, als hätte er eine wichtige Verabredung verpasst.

„Der Osterhase kommt erst in vier Tagen“, sagte Kramer. „Heute ist Dienstag, der erste April neunzehnhundertneunundsechzig.“

Fantasio

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