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Die römisch-katholische Kirche

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Was blieb nun der katholischen Kirche? Ihren Anspruch, der spirituelle Führer dessen zu sein, was vom Christentum übrig geblieben war, hielt sie jedenfalls aufrecht. Doch was das angesichts der Tatsache, dass das protestantische Europa diesen Anspruch verworfen hatte, bedeuten konnte, musste erst noch entschieden werden. Anfänglich konzentrierte die katholische Kirche ihre Anstrengungen auf das Kernland des westlichen Europas. Diese Bemühungen führten schließlich zu einer systematischen Auseinandersetzung mit dem Protestantismus auf dem Konzil zu Trient (1545–1563) und sollten weithin mit der Vormachtstellung der spanischen Habsburgermonarchie und ihren Konflikten (insbesondere mit den Osmanen) in eins gesetzt werden. Zugleich aber bewahrte die katholische Kirche die Verbindung zu ihrer angestammten Tradition, indem sie sich durch eine spirituelle und religiöse Neubelebung jener lokalen Wurzeln versicherte, von denen die protestantische Rhetorik sie hatte lösen wollen. Nun fand auch die katholische Kirche, wie bereits der Protestantismus, ihre Einheit in der Konfessionalität. Die Organisation blieb theokratisch und bürokratisch, was jedoch durch das Aufblühen von Ordensgemeinschaften verdeckt wurde. Neben Neugründungen wie Jesuiten und Kapuzinern erfuhren auch ältere Orden wie Franziskaner und Dominikaner eine Wiederbelebung. Sie alle fühlten sich herausgefordert durch die Probleme, denen sich die Christenheit gegenübersah. Diese organisatorische Einheit bildete die Grundlage für den Kampf gegen die theologischen Abspaltungen des Protestantismus und seine – wie es von den Verteidigern der Tradition empfunden wurde – Inkohärenz in Fragen der Autorität.

Schlussendlich hing die Wiederbelebung der katholischen Kirche von der Neuverhandlung der Beziehung zwischen der Kirchenhierarchie und den Gemeinden vor Ort ab. Im Mittelpunkt stand dabei das Ziel, den Menschen Zugang zum Heiligen und zur Erlösung zu verschaffen. Zugleich sollte beseitigt werden, was die Hierarchie als „abergläubische“ Auswüchse ansah, die zu früherer Zeit in die Heilslandschaft eingedrungen waren, desgleichen die Reste „heidnischer“ Kulte und Glaubensformen bei jenen Völkern, die außerhalb Europas erst kürzlich zum Christentum bekehrt worden waren. Das letztere Vorhaben wurde zum Ausgangspunkt für das bemerkenswerte missionarische und kirchliche Bemühen um „spirituelle Landgewinne“ in den Kolonien, wodurch die altgedienten universellen Werte des Christentums in das neue Gewand einer globalen Christenheit gehüllt wurden.

Das verlorene Paradies

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