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DREIZEHN

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Margate

»Wie bitte …?«

Sie hat den Eindruck, dass die ohnehin schon näselnde Stimme des Jungen inzwischen eine Oktave höher klingt.

»Ich hab gefragt, ob du Lust auf einen Spaziergang hast?«

Michelle tritt einen Schritt zurück, um einer kleinen Gruppe, die gerade aus der Bar kommt, Platz zu machen. Dann tritt sie wieder auf den Jungen zu. Er wird nicht Nein sagen, da ist sie ganz sicher, trotzdem nervt es, dass er sie warten lässt.

»Verdammt«, sagt er.

»Was?«

»Ich meine –«

»Ist doch keine große Sache.«

»Nein.« Er will den Rest seiner Zigarette in den Rinnstein schnippen, verfehlt sein Ziel aber. »Natürlich nicht.«

»Und auch kein Weltuntergang, wenn du keine Lust hast.«

Sie kann schon sehen, dass es für ihn durchaus eine große Sache ist. Sie fragt sich, wie vielen Männern – egal welchen Alters – sie ein Angebot machen müsste, bevor einer ablehnen würde. Einer ganzen Menge, da ist sie sicher, und nicht zum ersten Mal fragt sie sich, warum Männer so … armselig sind.

»Ich sollte meinen Kumpels Bescheid sagen.«

»Ernsthaft

»Na ja, muss auch nicht sein.« Nochmals nimmt der Junge einen schnellen Schluck von seinem Alkopop. »Ist wahrscheinlich nicht so wichtig.«

Vielleicht ist armselig ein etwas zu drastischer Begriff, denkt sie. In Wahrheit glaubt sie nicht, dass Frauen notwendigerweise wählerischer sind als Männer, sondern dass sie nur gern so tun, als ob. Es ist einfach so, dass eine Frau, die dringend Sex haben will, praktisch nur jemanden fragen muss. Okay, vielleicht wägt sie die zur Verfügung stehenden Optionen etwas gründlicher ab als ein Mann in einer vergleichbaren Situation, aber letztlich muss sie bloß zugreifen. Männer wirken dagegen … wahlloser, weil sie sich stärker bemühen müssen und an Zurückweisungen gewöhnt sind. Also lehnen sie ein Angebot, das ihnen irgendwie in den Schoß fällt, selten ab.

Der Lauf der Dinge, oder?

So wie ein Hund alles frisst, was man ihm vorsetzt, weil es die letzte Mahlzeit sein könnte, die er bekommt.

»Was glauben Sie, wie lange wir unterwegs sind?«

Natürlich ist ihr klar, dass sie immer noch abhauen kann. Sich eine andere Bar suchen und einfach ein, zwei Gläser trinken. Ihr Plan ist gut, das weiß sie, er funktioniert, vielleicht reicht es also schon, bis hierhin gekommen zu sein.

»Also …«, sagt sie.

Sie weiß, dass es manchen Leuten reicht, so nahe ranzukommen und zu wissen, dass sie es hätten tun können, wenn sie gewollt hätten.

Ihr hingegen reicht es nicht. Nicht jetzt.

Michelle sagt: »Schauen wir einfach, wie es läuft, okay?«

Ein Herz und keine Seele

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