Читать книгу Ein Herz und keine Seele - Mark Billingham - Страница 19

SECHZEHN

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An diesem Tag freut Sarah sich noch mehr als sonst, mit den anderen im Café sitzen zu können, mit Savita, Heather, Caroline und dem langweiligen David. Savita hatte sie herübergewinkt, kaum dass sie durch die Tür getreten war, und Caroline hatte ihren Stuhl zur Seite gerückt, um ihr Platz zu machen. Was für eine Begrüßung! Vom schönen Alex ist heute Morgen nichts zu sehen, was nicht schlimm ist, da sie nicht mehr an ihn denkt. Auch ihren Laptop braucht sie heute nicht, sie ist sowieso viel zu sehr mit ihrem Handy beschäftigt.

Von dem Moment an, als sie wach wurde, haben sie und Conrad sich SMS geschickt.

Kaum stehen die Getränke und Kuchenstücke auf dem Tisch, verwickeln Savita und die anderen sie in ein Gespräch. Verschwörerisch beugen sie sich zu Sarah und wollen wissen, was läuft. Das große Geheimnis erfahren, von dem sie ihnen so offensichtlich erzählen will. Den Grund für das Lächeln, das nicht aus ihrem Gesicht verschwinden will. Wer der geheimnisvolle Mann ist, mit dem sie letzte Woche hier gesprochen hat.

Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen ist eine seltene und aufregende Erfahrung, die sie gründlich auskosten will. Und natürlich kann sie den anderen ihre Neugier kaum zum Vorwurf machen. Sie spüren, was mit ihr los ist, das Ausmaß ihrer Gefühle. Also ist es nur verständlich, dass sie das eine oder andere Häppchen erfahren wollen.

Die nächste SMS.

Okay. Film abgehakt, Dinner abgehakt. Was kommt jetzt?

Sarah hält sich das Handy dicht vors Gesicht, damit die anderen das Display nicht sehen können. Trotzdem spürt sie ihre Blicke, während sie tippt.

Was schlägst du denn vor?

»Da sieht jemand glücklich aus«, sagt Savita.

Sie nickt und lächelt. »Dieser Kuchen ist absolut fantastisch.«

»Ja, klar.« Savita schaut Heather an und verdreht die Augen. »Der Kuchen.«

Ein Klingelton kündigt die nächste SMS an. Sie hätte das Handy stumm schalten können, doch sie will, dass alle es hören. Jedes einzelne Mal.

Theater?

»Ich hab gute Laune, na und?«, sagt sie und tippt ihre Antwort.

Würg!

»Es ist ein Kerl«, stellt Caroline das Offensichtliche fest. »Es muss ein Kerl sein. Ihr hättet mal sehen sollen, wie verträumt sie gestern an der Schule rumstand.«

»Ich war nicht verträumt.« Sie lacht. »Wahrscheinlich hab ich mich gelangweilt, weil ich mal wieder auf meinen trödeligen Sohn warten musste.«

»Warum muss es ein Mann sein?«, fragt Heather. »Es könnte auch mit der Arbeit zu tun haben.«

Sie warten, aber so leicht will sie es ihnen nicht machen.

»Geht es um die Arbeit?«, hakt Heather nach.

Sarah antwortet nicht.

Vielleicht eine Galerie.

»Ich hab’s doch gesagt«, ergreift Caroline wieder das Wort. »Klar ist es ein Mann. Schaut sie euch an.«

Doppeltes Würg!!!

»Also … wie geht’s denn Jamie?« Der verdammte David, der sich am wenigsten von allen für Klatsch begeistert. Der ständig von PISA-Studien, Seelsorge oder anderem langweiligen Kram schwafelt.

»Ganz gut«, sagt sie.

»Toll.«

»Klar bringt er mich um den Verstand, und er ist nie da, wo er sein sollte.« David scheint Lust zu haben, die sinnlose Unterhaltung fortzuführen, doch zum Glück wird sie von einer neuen SMS gerettet, die sie die nächste halbe Minute an ihr Handy fesselt.

Dann gib mir einen Tipp.

Ich bin sicher, dir fällt was ein.

Mir fällt eine MENGE ein …

Sie zögert. Vielleicht sollte sie bloß mit einem Smiley antworten, das ihren eigenen Gesichtsausdruck widerspiegelt. Aber sie ist kein Kind mehr.

»Ist es der Typ, der neulich hier war?«, fragt Caroline. »Am Mittwoch, oder?«

»Ich weiß nicht, von wem du redest«, sagt David.

»Doch, du musst dich erinnern … Er trug eine Mütze. Sie haben sich unterhalten. Ich glaube, ich hab ihn hier vorher schon ein-, zweimal gesehen.«

»Wirklich?« Heather schüttelt den Kopf. »Ich nicht.«

Caroline wirft Heather einen Blick zu. »Irgendwie hatte ich gedacht, er wäre ein Freund von dir

Sarah schaut von ihrem Handy auf.

Heather wirkt verblüfft: »Keine Ahnung, wie du daraufkommst. Ich hab den Kerl bis letzte Woche noch nie zu Gesicht bekommen.«

»Mein Fehler«, sagt Caroline.

»So oder so, er sah nett aus«, stellt Savita fest. »Und fit.«

Caroline nimmt einen Schluck Kaffee. »Ja, das muss man ihm lassen. Wenn ich auf der Suche wäre …«

Sarah hämmert etwas in ihr Handy. »Selbst wenn ihr noch so sehr auf der Suche wärt, er hatte nur Augen für mich.«

Das glaube ich gern.

»Schön für dich«, sagt Savita. »Ich meine, ich wusste gar nicht, dass du auf der Suche nach jemandem bist, aber Hauptsache, du bist glücklich.«

Sarah legt das Handy weg, nur für ein paar Sekunden, um sich ihrem Kuchen zu widmen. Glücklich? Sie fühlt sich wie wahnsinnig, gefesselt. Gefesselt von ihm. Sie weiß, dass sie auf der Schwelle zu etwas steht. Und auch wenn sie spürt, dass es gefährlich ist, dass sie ihm vielleicht nicht gewachsen ist, hat sie doch nie einen annähernd vergleichbaren Rausch erlebt.

Sie fühlt sich unbesiegbar.

Ich könnte zu dir kommen.

»Verdammt«, sagt Savita, als es schon wieder klingelt. »Ich hoffe, dein Akku ist geladen.«

Die nächste Nachricht kommt gleich hinterher: Und?

Heather kann sich kaum beherrschen. Sie beugt sich weit über den Tisch und zappelt, als würde sie sich vor Aufregung in die Hose machen. »Na komm schon.« Sie klatscht tatsächlich in die Hände. »Details, meine Liebe, Details!«

Sarah grinst und versucht zu entscheiden, wie viel sie preisgeben will. Nichts zu erzählen wäre unanständig, und davon abgesehen will sie selbst, dass alle Bescheid wissen. Sie zuckt die Achseln und sagt: »Es ist … noch alles ganz frisch.« Gleichzeitig tippt sie schon wieder.

Ich hab mich schon gefragt, wann du endlich zur Sache kommst!

»Yes!«, ruft Heather und ballt eine Faust, als hätte sie ein Tor geschossen oder so was, während Savita nur zufrieden nickt. Caroline hingegen hat sich halb abgewandt und unterhält sich mit David, um zu demonstrieren, dass sie bereits das Interesse verloren hat. Als wäre das alles nicht sonderlich wichtig, als wäre Sarah nicht wichtig.

Am liebsten würde Sarah ihr heißen Kaffee in den Schoß schütten.

Savita hebt ihre Tasse, als wäre sie ein Champagnerglas. »Ich muss schon sagen, Sarah, du bist ein tiefes Wasser.«

Ein Herz und keine Seele

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