Читать книгу Endstation Alpenparadies - Markus Michel - Страница 10

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Max Berger kommt an Marktständen vorbei. Die Straße führt in den ehemaligen Bauch von Paris. Äpfel, Birnen, Apfelsinen, sorgfältig aufeinandergeschichtet. Ein Händler preist seinen Blumenkohl an. Kopfsalat, Zwiebeln, Knoblauch … Auf Ständen und Karren. Stimmenknäuel der Händler, kehlig, nasal und schrill, mit Schlenkern und Bogen lobpreisend, fruchtige Koloraturen, Gemüsekonzert. Flache und dicke, große und kleine Fische liegen mit runden Augen auf Eis, Max kennt ihre Namen nicht, und die Schildchen zum Teil umgedreht, auf der Miniaturgletscherzunge ausgerutscht oder von einem Fische grapschenden Gummihandschuh umgeworfen. Lebende Krebse bewegen ihre Scheren, schneidern ahnungslos ihr unsichtbares Totenhemd. Und Max denkt, dass die sich tagaus tagein unaufhörlich bewegenden Münder der lieben Menschen ahnungslos ihren Sarg raspeln. Quatsch, die Krebse schneiden sich ihre Luftschlösser zurecht. Die Ahnung beschleicht ihn, dass es einerlei sei, letzten Endes dasselbe, und er wedelt mit der Hand, den Gedanken zu verscheuchen.

Eine Dame wühlt in Holzkisten, die neben einem Marktstand auf dem Boden liegen, schnappt sich zerquetschte Tomaten, angegilbte Petersilie. Sie trägt einen Pelzmantel. Max schüttelt den Kopf. Er bleibt vor einem Käsehändler stehen. Max läuft das Wasser im Mund zusammen. Doch wie er die Trauerränder, die schwarzen Fingernägel der jungen Verkäuferin sieht, fährt ihm ein Schauder über den Rücken, und er geht schleunigst weiter. Zwischen zwei Marktständen sitzt eine alte Frau stumm auf einem Stuhl. Sie trägt einen schwarzen Mantel, ein rotes Kopftuch, hält in der Hand eine kleine, blaue Plastiktüte, in die von Zeit zu Zeit jemand ein Geldstück wirft. Neben ihr liegt in einer Holzkiste ein Dackel, mit einem Klovorleger zugedeckt, nur die Schnauze schaut hervor.

Vielleicht würde er bald ebenfalls hier sitzen. Nein, er hat Beine. Er würde laufen. Zwar hat diese alte Bettlerin auch Beine. Wozu sie sie wohl bisher gebraucht hat, früher? Oder eben nicht, sich geweigert, sie zu gebrauchen. Wieso sitzt die noch hier? Oder hat man es gerade auf diejenigen abgesehen, die ein geregeltes Leben führten? Das ist doch nicht logisch. Freilich, wer nicht dazugehört, nie dazugehört hat und schon längst durch die Maschen gefallen ist, der bleibt auch jetzt nicht hängen. Aber zu wem hat er gehört?

Die Schnauze des Dackels zittert leicht.

Da ist er wieder! Dieser Mann, der gestern Nacht auf dem Bahnsteig der Metrostation auf ihn zukam. Kein Zweifel. Der Dreitagebart, die braune Lederjacke, die Schiebermütze, hinter der die Haare leicht gelockt hervor wuchern.

Max biegt schnell um die nächste Ecke.

Endstation Alpenparadies

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