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Max steht wie üblich auf. Claire hat wie üblich Kaffee gekocht, zwei Croissants, Butter und Konfitüre auf den Tisch gestellt. Max hastet wie üblich zur Tür hinaus, hastet zur Metro, zwängt sich in einen der überfüllten Wagen, zwängt sich zwischen die Verschlafenheit, die Schlaflosigkeit, die Übellaunigkeit, die Stumpfheit, schiebt sich in eine Wolke, einen Duft nach schweißigen Betttüchern, Deodorant, Eau de Toilette.

Gegen Morgen muss er doch noch kurz eingeschlafen sein. Jedenfalls hat er von einem kleinen schwarzen Hund geträumt. Obwohl er sich jetzt nicht mehr erinnert, worum es ging. Ein kleiner schwarzer Hund mit einem weißen Fleck unter dem Schwanz. Irgendwie hängt es mit der Hundekacke zusammen, in die er neulich vor dem Metroeingang getreten ist. Die reinste Banalität. Das ist auch ihm klar. Und trotzdem.

Als sie in der Station St-Lazare einfahren, sieht Max, dass der Bahnsteig schwarz von wartenden Menschen ist. Die graubuntschwarze Woge aus der westlichen Banlieue, die in vollgepferchten Vorortszügen im Bahnhof St-Lazare angerollt, die Treppen in den Untergrund hinuntergespült worden ist, flutet durch alle Türen der Metro, drückt die sich bereits darin stehenden Fahrgäste, die nicht das Glück haben zu sitzen, an die Wand, dass ihnen die Luft wegbleibt. Max, der einen Sitzplatz ergattert hat, sagt sich plötzlich, dass er nicht mehr dazu gehöre, sonst wäre ihm dies alles gar nicht aufgefallen. Der Straßenfotograf, der ihn gestern knipsen wollte, hatte doch die richtige Nase, obwohl er um diese Zeit ja noch gar nicht … Aber war er nicht schon am Vorabend in der Metro falsch umgestiegen? Dabei kennt er das gesamte Netz auswendig. Er fährt zwar seit über dreißig Jahren nur auf der Linie 3. Trotzdem kennt er das gesamte Netz, wenn auch rein theoretisch vom Schreibtisch her. Wenn Max im Büro gerade nichts zu tun hatte, studierte er mit großem Eifer den Metroplan, ließ Namen wie Trocadéro, Glacière, Robespierre, Jasmin, Malesherbes, Jaurés auf der Zunge zerschmelzen, konnte ohne zu überlegen sagen, wie man fahren und wo man umsteigen musste, um zum Beispiel von Plaisance nach Emile Zola zu gelangen, ohne den Bauch von Paris zu berühren.

Buntgrauschwarz. Wo stiegen sie um, um wohin zu gelangen? Würden gleich den Mantel in einen Schrank hängen. Würden sich in großen Kaufhäusern auf die verschiedenen Abteilungen in den verschiedenen Stockwerken verstreuen, würden Büstenhalter, Krawatten, Schnuller, Käse, Wurst, Räucherstäbchen, chinesisches Porzellan verkaufen, würden durch Hinterhöfe und Magazine Kisten schleppen, am Fließband stehen, Maschinen überwachen, von Maschinen überwacht werden, an Computern sitzen, hastig an einer Zigarette ziehen.

Nein, er, Max Berger, gehört nicht mehr dazu. Und so bleibt er in «Sentier» in sich zusammengesunken im Wagen sitzen, fährt weiter.

Die fahren alle zur Arbeit, als wäre nichts geschehen. Max fängt an, sie zu beneiden.

Plötzlich hat er eine Idee.

Er steigt zwei Mal um. Fährt jetzt wieder die gleiche Strecke wie fälschlicherweise am Vorabend seiner Kündigung. So sehr er auch die Ohren spitzt, kein Wort davon, was er vorgestern gehört und ihn so in Verwirrung gebracht hatte. Das beweist nichts, obwohl er gehofft hat, gerade hier etwas zu vernehmen, irgendetwas, das ihm hätte helfen, oder wenigstens alles bestätigen oder entkräften können.

Alpenparadies Dolce Vita. Ha! – Einfach lächerlich!

Beim Place d’Italie steigt er um auf die Linie 6 in Richtung Nation, wechselt in Nation auf den nördlichen Halbkreis. Kein Wort davon, was er am Vorabend seiner Kündigung in der Metro gehört hatte.

Endstation Alpenparadies

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