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Einleitung:

Wohin geht unsere Reise?

Wohin geht die Reise unserer Kinder?

Welche Sehnsucht verbinden wir mit Zukunft?

Wie sollte sie aussehen?

Welche Horizonte müssen wir dabei öffnen?

Professor Holger Rogall, der an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin Nachhaltige Ökonomie lehrt sagt in Einigkeit mit anderen Wissenschaftlern der Nachhaltigen Ökonomie unmissverständlich:

„Unser Lebensstil ist nicht zukunftsfähig“

Wenn unser Lebensstil nicht zukunftsfähig ist, dann ist auch unsere Wer-tehierarchie mit der wir durchs Leben gehen nicht zukunftsfähig. Wir müssen unsere materiellen und immateriellen Werte ändern, wenn wir in eine lebens-werte Zukunft gehen wollen. Ein System, das weltweit auf Wachstum und Profit als einziges Ziel sich setzt, muss früher oder später scheitern. Wir müssen uns vom Mehr und immer mehr Habenwollen verabschieden. Unsere Gier, unser Ego und unsere darunter liegenden, meist unbewussten Ängste treiben uns zu diesem Lebensstil. Je größer diese Ängste vor der Zukunft werden, umso mehr möchten und müssen wir sie verdrängen.

Wir müssen uns fragen lassen, ob wir einen göttlichen Funken oder einen Dachschaden, oder beides haben? Wenn wir die Entwicklung der Menschheit betrachten, so glaube ich, kann man sagen: Wir sind Wesen, die beiden Extre-men gerecht werden können. Betrachten wir die die letzten Jahrzehnte aus ökologischer Sicht: Die Energiewirtschaft, die Entwicklung der Finanzmärkte, die Ausbeutung der Rohstoffe, die immer größer werdende Spaltung in arm und reich, dann überwiegt eindeutig der Dachschaden. Die Ordnungsmacht, die Po-litik zeigt sich hilflos, immer ohnmächtiger, die unbedingt notwendigen Repa-raturen auszuführen, um diesen Dachschaden noch zu begrenzen oder gar zu beheben.

Welche Horizonte müssen wir öffnen, wenn wir unsere Sehnsüchte, die wir mit der Zukunft verbinden, erfüllen wollen? Wenn wir in einer friedvolleren, gerech-teren, sozialeren und naturverbundenen Welt leben wollen?

 Wie gefährdet ist unsere Zukunft denn wirklich?

 Warum können wir so egoistisch und gierig sein?

 Wieso können wir uns so gleichgültig und ungerecht verhalten?

 Warum können wir die Natur so zerstören und ausbeuten?

 Wenn wir unsere marktkonforme Gesellschaftsform in eine gerechtere De-mokratie verändern wollen, was müsste sich dann ändern?

 Was würde das für die Struktur unserer marktkonformen Gesellschafts-form bedeuten?

 Was würde das für unseren Lebensstil bedeuten?

 Welche Werte, Tugenden, welche spirituelle Haltung, welche philosophi-schen Konzepte müssen wir dann in unserer Wertehierarchie ganz oben ansiedeln?

 Wie können diese Konzepte und Werte in eine Bildungsreform eingebracht werden, so dass sie kollektiv aufgenommen werden können?

Dies sind die Fragen auf die ich hier eingehen werde und versuchen möchte dabei mögliche Antworten darauf zu geben.

Dort, wo sich Himmel und Erde scheinbar begegnen, endet der Horizont. Mein Horizont ist mein Wahrnehmungs- und Erfahrungskreis. Was sich unter meinem Horizont befindet, kann ich sehen, erkennen, empfinden. Alles, was sich außer-halb meines Horizontes befindet, bleibt mir fremd, ist Ausland. Ich kann nicht einmal mit absoluter Sicherheit behaupten, dass sich außerhalb meines Hori-zontes noch etwas befindet. Was mir fremd ist, gehört nicht zu mir, kann ich nicht akzeptieren, kann ich nicht verantworten. Auch durch Gleichgültigkeit oder Verblendung kann ich meinen geistigen Horizont begrenzen und ökonomische, soziale und psychische Zusammenhänge ignorieren oder verdrängen.

Das selbstständige, unabhängige, undogmatische Denken ist eine Fähigkeit, ein Potential, das fast alle Menschen mitbringen, aber viele in sich noch schlummern lassen. Menschen, die das Nachdenken anderen oder Ideologien überlassen, machen sich leichter abhängig von den Wenigen, die immer mehr durch dieses System zumindest materiell profitieren und die ihre Interessen mit Hilfe der vierten Macht der Medien, vor allem der Boulevardpresse, so darstellen können, als wären dies auch die Interessen der Mehrheit des Volkes. Wenn Politiker erzählen, dass unser Wohlstand von einem ständigen Wachstum abhängig ist und deshalb jeder unentwegt konsumieren muss, auch wenn man gar kein Bedürfnis hat, dann wird man gefordert darüber nachzudenken, was das für ein System ist, indem ich ein guter Bürger bin, wenn ich mir Güter anschaffe, um der Güter und des Profits einiger weniger Willen. Was ist das für ein System, das mich auffordert Energien zu verschleudern, Rohstoffe auszubeuten und die Kli-maerwärmung zu unterstützen? Sind das wirklich meine Interessen? Haben diese gesellschaftlichen Vorstellungen etwas mit meinen Sehnsüchten zu tun?

 Führen sie mich in eine Zukunft, wie ich sie gerne hätte?

 Wohin führt uns eine gesellschaftliche Ideologie, in der nicht ernsthaft über die Zukunft der kommenden Generationen nachgedacht wird?

 Wohin führt mich eine Ökonomie, in der es nicht mehr um eine Bedarfs-deckung, sondern nur noch um eine künstliche Bedarfsweckung geht?

 In welche Zukunft führt uns ein System, indem kollektiv die Folgen unse-res Lebensstils verdrängt werden?

 Was für eine Art von Sozialisation haben Menschen erfahren, dass sie die-se Ungerechtigkeiten kollektiv mittragen?

 Welche Werte bestimmen uns, wenn wir dieses perverse Finanzsystem zu-mindest billigen?

 Was für ein System bezeichnen wir als „Demokratie“, indem so wenig demokratisch gehandelt wird?

 Was hat diese Demokratie noch mit Gleichheit zu tun?

 Welche Werte haben wir bisher zu wenig entwickelt, dass wir dieses Sy-stem insgesamt immer noch unterstützen?

 Welche Werte brauchen wir, um ein gerechteres und sozialeres System zu schaffen?

 Wie müsste dann unsere Sozialisation und Bildung ausgerichtet sein?

Weshalb folgen wir immer noch Ideologien, die ungefähr 250 Jahre alt sind und damals im 18. Jahrhundert, als die Herren Smith und Locke sie in die Welt setzten, nahezu 80 % der Bevölkerung kaum genügend zu essen hatten und damit die Wirtschaftsliberalität auch einen gewissen Sinn ergab. Was die heuti-gen sogenannten Neoliberalen dabei aber vergessen haben, Smith und Locke hatten bei ihren kapitalistischen Vorstellungen auch Moralisches im Gepäck. Das Gemeinwohl war ihnen wichtiger als der subjektive Verdienst. Kann man dies heute noch zum globalisierten Marktgeschehen sagen? Zu einer Welt, in der eine kleine Anzahl Menschen immer reicher und immer mehr Menschen immer ärmer werden?

Welches Denken bestimmt uns unbewusst noch heute? Ist dies wirklich mein Denken? Wie kommt es, dass ein geringer Teil der Menschheit, die Mehrheit der Menschen manipulieren und abhängig machen kann? Wie kommt es, dass die Gier nach Geld, so von uns Besitz nehmen kann? Wie kommt es, dass wir dabei immer mehr verdrängen, dass die Natur uns überhaupt nicht braucht, wir aber umgekehrt von ihr vollkommen abhängig sind?

Der Verleger Christian Strasser, hat dem ehemaligen Außenminister Hans Dietrich Genscher, der jahrelang die Weltpolitik mitbestimmt hat und der eher ökonomisch liberal und konservativ denkt, gefragt: „Glauben Sie, dass unsere westliche Zivilisation noch steuerbar ist und glauben Sie, dass wir die Probleme in den Griff bekommen werden?“ Nach ungewöhnlich langem Nachdenken, antwortete Hans Dietrich Genscher: „ Wir haben die Möglichkeit es zu schaffen. Aber die Chancen stehen fünfzig zu fünfzig, mehr nicht.“ Was tut die Weltpolitik in solch einer bedrohlichen Situation? Die Berliner Zeitung hat eine ins „Schwar-ze“ treffende Karikatur zum Ergebnis des letzten Klimatreffen in Durban (Südaf-rika) herausgebracht, die mehr sagt als tausend Worte: Im Meer mit hohem Wellengang, schwimmt die Erde und kann sich mit ihren kleinen Armen kaum noch über Wasser halten. In diesem Moment kommt der Weihnachtsmann mit seinem Rentierschlitten vorbeigefahren und sagt zur Erde: „ Supernachricht. Ich habe hier einen Gutschein für einen Rettungsring ab 2020 für Sie.“!! Weltkrisen-management im Jahre 2011. Das egolastige Bewusstsein zeigt sich nicht nur in-dividuell, sondern auch auf staatlicher, auf globaler Ebene.

Was müssen wir verändern? Müssen deshalb, weil wir vielleicht, wie auch Hans Dietrich Genscher andeutet, jetzt noch das Heft des Handelns in der Hand haben, aber irgendwann wird, wenn wir nicht oder nur ungenügend handeln, uns dieses Heft aus der Hand genommen. Dann werden wir von den jetzt nur schwer vor-zustellenden Ereignissen geführt werden. Dann sind wir gezwungen uns von einem auf den anderen Augenblick zu verändern. Krisen lassen uns keine Zeit etwas Prozesshaft zu lernen. Niemand kann sagen, wann dies der Fall sein wird. Innerhalb dieses Zeitabschnittes müssen wir aber nicht nur einen ökonomischen sondern auch einen geistigen Paradigmenwechsel vornehmen.

Ich versuche auch darzustellen, wie in sogenannten demokratischen Staaten eine immer größer werdende Ungerechtigkeit entsteht und wie diese sich ausdrückt. Weltweit führt uns dieses System mit seinen „Werten“ in ein immer tieferes kul-turelles, soziales, psychisches, geistiges und spirituelles Elend.

Wie kommen wir von unserem egolastigen Ich in ein ausgeprägteres Du, in ein Wir, in ein neues Gemeinschaftsbewusstsein. Vom Ich, zur Familie, zur Nation, zur gesamten Menschheit. Wir müssen weg vom Entweder Oder, vom entweder Verstand oder Gefühl, zum verbindenden „Und“, oder „Sowohl als auch.“ Zu Verstand und Gefühl, zu Geist und Körper, zu Ökonomie und Ökologie, zu Öko-nomie und sozialer Gerechtigkeit, zu Wir und folgende Generationen... Zu christ-lich und muslimisch und buddhistisch und jüdisch und agnostisch. Individuell ori-entiert, aber auf etwas Größeres, Umfassenderes bezogen. Vom linearen Denken zum vernetzten Denken. Jedes angenommene „Und“ erweitert unseren Horizont.

Naturwissenschaft und geistige Wissenschaft müssen sich vernetzen. Materielle Werte und immaterielle Werte müssen zumindest gleichwertig angenommen werden. Hier folge ich Hegel, der über die Bildung zu einer „besseren Zukunft“ kommen wollte. Aus Bildung entsteht für ihn Freiheit. Bildung ist Aufklärung. Wir brauchen eine ganzheitliche Bildung, in der Demokratie, demokratisches Ver-halten schon im Kindergarten gelernt wird. Nach meiner Überzeugung ist demokratisches Denken und Verhalten kein Vermögen, das uns die meisten Poli-tiker und ökonomisch Mächtigen, die unsere „demokratische“ Gesellschaft zurzeit anführen, vorleben. Die Demokratie ist nicht in ihrem Herzen angekommen. Auch wir müssen sie erst prozesshaft durch Üben im Alltag, in der Familie, in der Verwandtschaft, in der freundschaftlichen Verbindung, am Arbeitsplatz lernen. Demgemäß muss in allen Schulformen geisteswissenschaftlicher Unterricht gleichberechtigt neben und mit den naturwissenschaftlichen Fächern stehen. Phi-losophie und Ethik, kommunikative und soziale Kompetenz in Verbindung mit Geschichte, Kunst, Musik, Musik und Kunstgeschichte und daneben die bekannten naturwissenschaftlichen Fächer, wie: Mathematik, Physik, Biologie, Geologie...

Wenn wir an eine gute Zukunft glauben, dann müssen wir unser Bewusstsein weiterentwickeln. Wenn wir in einer anderen Welt leben möchten, müssen wir uns für einen erweiterten Bildungshorizont entscheiden. Unser „Spürbewusst-sein“, Denken, Spüren und Empfinden mit Kopf, Bauch und Herz kommt in der gesamten Bildung zu kurz. Dem Faktenwissen in den Schulen müsste dann gleichberechtigt die Arbeit am Bewusstsein, an emotionaler Kompetenz, die zu sozialen Werten führt, hinzugefügt werden.

Wenn kommende Generationen in einer friedlicheren und gerechteren Welt leben wollen, müssen wir über einen erweiterten Bildungshorizont ihre geistige Wellt öffnen, so dass sie das Anderssein gegenseitig annehmen und mit Respekt und Achtung mit der anderen Natur umgehen werden.

Leben ist eine geistige Auseinandersetzung. Wissen ist etwas Neutrales. Nicht das Wissen über die Kernkraft führt zu den Kernkraftwerken, nicht das Wissen und die Intelligenz führen zum Betrug oder zum Herstellen von Bomben und Kriegen sondern unser Geist, unser Bewusstsein. Unser Handeln ist weniger durch unsere Gene, als vielmehr durch unser Bewusstsein geprägt. Unser be-grenzter, geistiger Horizont hat uns in diese Krisen geführt und nur ein anderes, ein entwickelteres Bewusstsein, ein erweiterter Horizont, gebildet über ethische Werte und die damit verbundenen Gefühle und Emotionen können uns wieder herausführen. Deshalb genügt Wissen nicht allein. Wir brauchen eine Weiter-entwicklung unseres Bewusstsein. Wenn wir in einer anderen Welt leben möch-ten, müssen wir uns für einen erweiterten Bildungshorizont entscheiden. Denken lernen mit dem Kopf, dem Bauch und dem Herzen. Über geistige Arbeit können wir die Existenzweise des Habens mit der Existenzweise des Seins erweitern. Dem Faktenwissen in den Schulen müsste dann gleichberechtigt die Arbeit am Bewusstsein, an emotionaler Kompetenz, die zu sozialen Werten führt, hinzuge-fügt werden.

Menschen, die eine solche Bildung erfahren, werden sich nicht nur um ihr eigenes Wohl kümmern, sondern auch das Allgemeinwohl, vor allem das der „Schwächeren“ im Auge haben. Wenn wir unseren Geist öffnen, ist eine friedvollere und gerechtere Welt möglich. Die Menschen werden auch erkennen, dass sie, wenn sie überleben wollen, primär um das Wohl der nicht erneuer-baren, der erneuerbaren und der „ewigen“ Ressourcen Sorge tragen müssen. Dabei werden wir nebenbei existenziell lernen, die Natur wieder ähnlich zu schät-zen, zu bestaunen, zu genießen wie unsere Vorfahren, die die Natur beseelt oder mit Göttern erfüllt sahen.

So gebildet werden kommende Generationen sich in eine andere Welt führen können. In eine Welt, die (wohl noch) möglich ist. Vielleicht haben wir so eine Chance uns in eine prozesshafte demokratisch humanistisch, soziale, kapitalisti-sche, anarchistische, spirituelle Gesellschaft zu entwickeln. Wenn wir uns diesen Horizonten öffnen, wenn wir bei diesen Fragen kollektiv in einer offenen Haltung zu möglichen Antworten bleiben, können dann Menschen noch fundamentalis-tisch, dogmatisch oder gewalttätig werden?

**Ein besonderes Anliegen ist es mir, dass alle Lesenden ohne ein Wörterbuch durch den komplexen Inhalt finden. Daher werde ich versuchen, alle nicht alltäglichen Begriffe laufend zu erklären.

HORIZONTE ÖFFNEN

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