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a) Organe

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Wenn die juristische Person als eigenständiges Rechtssubjekt gedacht wird, das von der Rechtspersönlichkeit der Mitglieder streng geschieden ist, so muss sie auch „als solche“ handeln können. Die Handlungsfähigkeit wird rechtlich konstruiert: Das Handeln der gesetzmäßigen oder satzungsmäßigen Organe (dh also der Menschen, die als Vorstand etc fungieren) wird der juristischen Person unmittelbar zugerechnet.

Als Beispiel diene der rechtsfähige Verein. Dessen rechtliche Grundordnung findet sich in der im Gründungsvertrag gegebenen Vereinssatzung (§ 25). Für ihren Inhalt gewährt das Gesetz einen weiten Spielraum (Vereinsautonomie, Rn 178), der allerdings durch einige verbindliche Normen begrenzt ist. Das Gesetz sieht zwei Organe des Vereins vor, den Vorstand (§§ 26–29) und die Mitgliederversammlung (§§ 32–37). Daneben kann die Satzung weitere Organe schaffen, zB „besondere Vertreter“ (§ 30), die neben dem Vorstand für gewisse Geschäfte handlungsbefugt sind.

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Dass ein Vorstand bestellt wird, ist obligatorisch (§ 26 I 1: „muss“). Dieser hat die Geschäfte des Vereins zu führen und ist diesem dafür verantwortlich. Für das Rechtsverhältnis zwischen Vorstand und Verein sind die Vorschriften über den Auftrag (§§ 664–670) entsprechend anzuwenden (§ 27 III 1); das bedeutet insbesondere, dass der Vorstand dem Verein zu Auskunft und Rechenschaft und bei schuldhafter Pflichtverletzung auch zu Schadensersatz verpflichtet ist. Die Vorstandsmitglieder sind unentgeltlich tätig (§ 27 III 1), soweit die Satzung nichts anderes vorsieht; den durch ihre Tätigkeit veranlassten Aufwand können sie nach § 670 ersetzt verlangen. Im Verhältnis nach außen hat der Vorstand die Stellung eines gesetzlichen Vertreters; er vertritt den Verein gerichtlich wie außergerichtlich (§ 26 II 1), sein rechtliches Handeln wird dem Verein unmittelbar zugerechnet. Die Vertretungsmacht des Vorstands ist umfassend; Einschränkungen sind Dritten gegenüber nur wirksam, wenn sie in der Satzung verankert sind (§ 26 II 2).

Der Vorstand wird durch Beschluss der Mitgliederversammlung bestellt (§ 27 I). Die Bestellung ist jederzeit widerruflich, die Widerruflichkeit kann durch die Satzung aber auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes beschränkt werden (§ 27 II).

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Wie sich der Vorstand zusammensetzt, ergibt sich aus der Vereinssatzung. Der Vorstand kann aus mehreren Mitgliedern bestehen (§ 26 I 2), dies ist in der Praxis auch üblich. Dann ergibt sich die Frage, ob jedes einzelne Vorstandsmitglied den Verein vertreten kann („Einzelvertretung“) oder alle gemeinschaftlich handeln müssen („Gesamtvertretung“) oder ob es darauf ankommt, dass die Mehrheit der Vorstandsmitglieder nach ordnungsgemäßer Beschlussfassung handelt. Beim rechtsfähigen Verein gilt nach hM das Mehrheitsprinzip (§ 26 II 1), sofern die Vereinssatzung nicht abweichend hiervon Gesamtvertretung oder Einzelvertretung vorsieht. Ist jedoch eine Erklärung dem Verein gegenüber abzugeben, so gilt gemäß dem zwingenden § 26 II (§ 40 S.1) das Prinzip der Einzelvertretung; es genügt also die Abgabe der Erklärung gegenüber irgendeinem vertretungsberechtigten Vorstandsmitglied.

Dabei ist zu beachten: Viele Vereinssatzungen sehen über den Kreis des gemäß § 26 II vertretungsberechtigten Vorstands hinaus weitere Vorstandsmitglieder ohne Vertretungsmacht vor („erweiterter Vorstand“, etc). Diese Vorstandsmitglieder sind in keiner Weise befugt, für den Verein zu handeln, sie sind auch keine tauglichen Adressaten einer an den Verein zu richtenden Erklärung.

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Das zweite Hauptorgan des Vereins ist die Mitgliederversammlung. Ihre Aufgabe ist es, durch Beschlussfassung die Angelegenheiten des Vereins zu „ordnen“, soweit diese Angelegenheiten nicht vom Vorstand oder einem anderen Vereinsorgan wahrzunehmen sind (§ 32 I 1). Die Mitgliederversammlung ist das „demokratische“ Organ des Vereins, in dem die einzelnen Mitglieder an der Willensbildung der Vereinigung mitwirken. Sie ist vor allem für die Bestellung und Abberufung des Vorstandes (§ 27 I, II), für dessen Überwachung, für Satzungsänderungen (§ 33) und die Auflösung des Vereins (§ 41) zuständig. Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Vorstand und Mitgliederversammlung pflegt in der Vereinssatzung näher umschrieben zu sein.

Die Satzung kann die Zuständigkeit der Mitgliederversammlung bedenklich beschneiden. Trotz des Grundsatzes der Vereinsautonomie gibt es Grenzen für die Schaffung von Machtstrukturen mit Hilfe des Vereinsrechts (vgl OLG Celle NJW-RR 1995, 1273: Verlagerung der Kompetenzen auf einen „Beirat“, auf dessen Bestellung und Kontrolle die übrigen Mitglieder keinen nennenswerten Einfluss haben). In den Satzungen der Großvereine wird die Funktion der Mitgliederversammlung häufig auf eine Versammlung von gewählten Vertretern („Vertreterversammlung“) verlagert, die ähnlich wie ein Parlament die Willensbildung für die Gesamtheit repräsentativ wahrnimmt. Das ist unbedenklich, wenn die Zusammensetzung der Vertreterversammlung in einer Weise erfolgt, die der Gesamtheit der Mitglieder den entscheidenden Einfluss sichert und nicht gegen das Gebot der Gleichbehandlung der Mitglieder verstößt.

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