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Teil III Struktur und Verwirklichung von Pflichten und Rechten › Kapitel 1 Das subjektive Recht

Kapitel 1 Das subjektive Recht

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Recht und Pflicht sind die wesentlichen Instrumente, mit deren Hilfe das Zivilrecht die rechtliche Stellung der Personen zueinander gestaltet.

Unter Recht verstehen wir in diesem Zusammenhang die Berechtigung einer Person, anderen gegenüber etwas tun, bewirken, verlangen, bestimmen zu können oder zu dürfen (subjektives Recht, zB: „Ich habe das Recht, dir zu kündigen“). Demgegenüber kann der Begriff „Recht“ auch die Rechtsordnung selbst oder einen Teil davon bezeichnen; wir sprechen dann von objektivem Recht (zB: „Nach Zivilrecht ist der Vertrag nichtig“).

Um die Deutung des subjektiven Rechts wird seit langem wissenschaftlicher Streit geführt. Die Rechtslehre des 19. Jh. begriff das subjektive Recht überwiegend als eine „von der Rechtsordnung verliehene Willensmacht oder Willensherrschaft“ (Windscheid). Demgegenüber deutete Jhering die im subjektiven Recht gegebene Willensmacht nur als Mittel zum eigentlichen Zwecke des subjektiven Rechts, nämlich „dass es dem Menschen irgendeinen Vorteil gewähre, seine Bedürfnisse befriedige, seine Interessen, Zwecke fördere“. Er definierte das subjektive Recht demzufolge als rechtlich geschütztes Interesse. Gängige Definitionen erkennen heute beide Betrachtungsweisen an und vereinigen sie in ein und derselben Formel.

Literatur:

Vgl die Texte bei Savigny, System, I 7; B. Windscheid, Pandekten, 7. Aufl. 1891, I 88; Gierke, Deutsches Privatrecht, I 251; Jhering, Geist des römischen Rechts, III 327, 339/340.

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Das subjektive Recht bildet ein unverzichtbares Instrument der Rechtsordnung. An der älteren Willenstheorie ist richtig, dass das subjektive Recht der berechtigten Person eine Bestimmungsbefugnis gegenüber anderen verleiht. Der Eigentümer einer Sache hat die Befugnis, soweit es ihm das Recht gestattet, andere von der Einwirkung auf die Sache auszuschließen (§ 903 S. 1), etwa einem anderen zu verbieten, sein Haus zu betreten, seine Zahnbürste zu benutzen etc. Dem Inhaber einer Forderung ist die Befugnis zugewiesen, das Verhalten des Verpflichteten im Hinblick auf die Pflichterfüllung zu bestimmen; macht er die Forderung geltend und erfüllt sie der Verpflichtete nicht freiwillig, so kann er Zwangsmittel gegen ihn in Gang setzen. Der Betrachtungsweise Jherings verdanken wir indes die Erkenntnis, dass wir die Bestimmungsbefugnis (als das instrumentale Element des subjektiven Rechts) nicht isoliert betrachten dürfen, sondern auf den Zweck des Interessenschutzes beziehen müssen. Wir können das subjektive Recht demnach definieren als eine Bestimmungsbefugnis (oder ein Bündel von Bestimmungsbefugnissen) einer Person gegenüber anderen Personen, mit deren Hilfe sie bestimmte Interessen soll verfolgen und verwirklichen können. Die Hereinnahme des auf Interessenschutz und -verwirklichung gerichteten Zwecks in die Definition des subjektiven Rechts ermöglicht es, seinen genauen Inhalt und Umfang vom Schutzzweck her zu bestimmen.

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