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1. Struktur
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Der Anspruch ist das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (§ 194 I). Welches Tun oder Unterlassen jeweils verlangt werden kann (Anspruchsinhalt), ist durch Rechtsgeschäft und Gesetz näher bestimmt.
Im Rahmen des Schuldrechts (§§ 241–853) wird der Anspruch auch Forderung genannt. Strukturelle Besonderheiten sind mit dieser Bezeichnung jedoch nicht verbunden. Auch die Forderung gibt das Recht, ein beliebiges Verhalten – Leistung genannt – von einem anderen zu verlangen; auch hier kommt als Leistung ein Unterlassen in Betracht, § 241 I 2. Anspruch und Forderung sind konstruktiv dasselbe und werden vielfach synonym verwendet.
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Mit dem Anspruch ist eine bilaterale Rechtsbeziehung zwischen einem oder mehreren Verpflichteten und einem oder mehreren Berechtigten gegeben. Gedanklich primär ist dabei die Pflicht des einen Teils; die Pflicht ist derart ausgestaltet, dass der andere Teil vom Verpflichteten die Erfüllung (§ 362) verlangen kann. Aus der Sicht des Verpflichteten spricht das Gesetz auch von Verbindlichkeit (zB in § 821).
Beim Anspruch treten sich also zwei Personen (oder Personengruppen) in den Rollen des Verpflichteten und Berechtigten gegenüber. Der Verpflichtete trägt die Rollenbezeichnung Schuldner, der Berechtigte die Rollenbezeichnung Gläubiger (§ 241 I 1). Oft macht ein Anspruch nicht das gesamte Rechtsverhältnis zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten aus, sondern stellt sich als einzelne Befugnis innerhalb einer komplexen Rahmenbezeichnung (zB einem Schuldverhältnis) dar. In einem Rechtsverhältnis können dem Berechtigten mehrere Ansprüche nebeneinander zustehen.