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b) Anspruchsnormenkonkurrenz

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Es ist aber auch möglich, dass ein und dasselbe Leistungsbegehren (zB Zahlung von 500 €) durch mehrere Anspruchsnormen begründet ist.

Fall 7:

A verschuldet mit seinem Motorrad fahrlässig einen Unfall, bei dem B sich ein Bein bricht. Hat B Anspruch auf Ersatz der durch Krankenhausaufenthalt und ärztliche Behandlung entstehenden Heilungskosten? (Dass der Schaden, wenn A pflichtgemäß versichert ist, von der Versicherung getragen wird, sofern A haftet, bleibe außer Betracht.)

Dem B stehen zugleich mehrere Anspruchsnormen zur Verfügung:

a) § 823 I: A hat den Körper des B widerrechtlich und fahrlässig verletzt und ihm dadurch einen Schaden verursacht.

b) § 823 II in Verb. mit § 229 StGB: A hat eine Körperverletzung nach § 229 StGB begangen; damit hat er ein dem Schutze anderer dienendes Gesetz verletzt; dadurch ist der Verletzte geschädigt worden.

c) § 7 StVG: A ist Halter eines Kraftfahrzeugs, bei dessen Betrieb der Körper eines Menschen verletzt wurde; daraus ist ein Schaden entstanden; der Unfall war auch nicht durch höhere Gewalt verursacht.

Drei Anspruchsnormen also tragen die von B begehrte Rechtsfolge: Anspruch auf Ersatz der Heilungskosten. Andererseits ist aber klar, dass B nicht dreimal Ersatz seiner Heilungskosten verlangen kann, sondern nur einmal. Das eine Leistungsbegehren des B kann also gleichzeitig aus mehreren Anspruchsnormen begründet werden.

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Herkömmlich spricht man in einem solchen Fall von Anspruchskonkurrenz; es soll sich um mehrere Ansprüche handeln, die insgesamt nur einmal zu erfüllen sind. Demgegenüber gewinnt die Auffassung an Boden, dass in solchen Fällen trotz der Mehrheit der Anspruchsnormen, die das Leistungsbegehren tragen, nur ein Anspruch vorliegt (ein Anspruch, aber Anspruchsnormenkonkurrenz). Wie immer man sich in dieser Frage entscheidet: Wichtig ist das Wesen der Sache, dass nämlich ein und derselbe Interessenkonflikt gleichzeitig von mehreren nebeneinander anwendbaren Normen mit gleichem Ergebnis gelöst sein kann. Der Anspruch ist gegeben, wenn der Tatbestand auch nur einer dieser Normen erfüllt ist.

Häufig sind die Rechtsfolgen der Normen, die sich auf die genannte Weise überlagern, nur teilweise identisch.

In Fall 7 ergibt sich: Die Anspruchsinhalte (a) des § 823 I und (b) des § 823 II sind untereinander deckungsgleich: Beide Ansprüche berechtigen den B dazu, seinen Vermögensschaden in unbegrenzter Höhe geltend zu machen und außerdem Schmerzensgeld (§ 253 II) zu verlangen. Mit dem Anspruchsinhalt des § 7 StVG (c) stimmt das nur zum Teil überein: Zum Beispiel gewährt § 7 StVG Schadensersatz nur bis zu einem bestimmten Höchstbetrag (§ 12 I StVG). Der verletzte B kann alle diese Anspruchsgrundlagen nebeneinander geltend machen; soweit dabei die Anspruchsinhalte deckungsgleich sind, erhält er den Schaden jedoch nur einmal ersetzt.

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