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b) Die Konkurrenz von Gläubigern in der Zwangsvollstreckung

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In den Zusammenhang des Haftungsproblems gehört die Möglichkeit, in der Zwangsvollstreckung einen Gläubiger gegenüber anderen Gläubigern desselben Schuldners zu bevorzugen. Es geschieht dies zB durch die Pfandrechte. Um die Funktion dieser Rechte zu verstehen, muss man sich die Lage vergegenwärtigen, die entsteht, wenn mehrere Gläubiger gegen denselben Schuldner die Zwangsvollstreckung betreiben.

Fall 8:

Eine Bank (B) hat dem S 10 000 € als Darlehen überlassen. Auch G hat dem S 5000 € „geliehen“. Beide Gläubiger haben gegen S geklagt und vollstreckbare Zahlungsurteile gegen ihn erlangt. Beide betreiben die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des S. Es stellt sich heraus, dass ein Pkw den einzigen Vermögensgegenstand des S darstellt, in den die Vollstreckung zulässig ist. Für den Pkw werden in der Versteigerung durch den Gerichtsvollzieher 9000 € erzielt.

Es steht in diesem Fall fest, dass die Zwangsvollstreckung für die Gläubiger nur ein Teilerfolg werden kann, weil die Schulden den Wert des Schuldnervermögens übersteigen. Es entsteht dann die Frage, wie der Versteigerungserlös unter die Gläubiger verteilt wird. Man könnte an eine anteilige Befriedigung der Gläubiger denken; dann würde jede Schuld gleichmäßig zu 3/5 erfüllt. B erhielte demnach 6000 €; G erhielte 3000 €. Den Weg der anteiligen Befriedigung der Gläubiger hat das Gesetz jedoch bei der Einzelvollstreckung nicht gewählt. Vielmehr gibt es demjenigen Gläubiger den Vorrang, der zeitlich als erster den Vermögensgegenstand hat pfänden lassen, sodass zu seinen Gunsten ein Pfandrecht entstanden ist (§ 804 ZPO). Hat also die Bank den Pkw pfänden lassen (§ 808 ZPO) und hat hernach auch G im Wege der Anschlusspfändung (§ 826 ZPO) die Zwangsvollstreckung in den Pkw betrieben, so erhält die Bank die gesamten 9000 €, G hingegen nichts. Denn das durch frühere Pfändung begründete Pfandrecht geht demjenigen, das durch spätere Pfändung begründet wird, im Range vor (§ 804 III ZPO).

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Angesichts dieser Lage besteht für den Kreditgeber ein Bedürfnis, sich wegen des Rückzahlungsanspruchs von vornherein abzusichern, dh sich von vornherein ein Zugriffsobjekt zu sichern, das er im Range vor anderen Gläubigern verwerten kann.

Das Gesetz kommt diesem Bedürfnis durch die Einrichtung des rechtsgeschäftlich bestellten Pfandrechts entgegen (zB bei beweglichen Sachen, §§ 1204 ff). Der Schuldner kann dem Gläubiger durch Rechtsgeschäft schon bevor es zu einer Zwangsvollstreckung kommt (zB schon bei der Darlehensgewährung) ein Pfandrecht an bestimmten Gegenständen seines Vermögens einräumen (Verpfändung). Das Pfandrecht hat zum Inhalt, dass der Gläubiger den verpfändeten Gegenstand wegen der Forderung verwerten darf und dass ihm der Gegenstand im Range vor den anderen Gläubigern haftet. Der Gläubiger hat dann zwei Rechte:

die zu sichernde Forderung (zB Anspruch auf Darlehensrückzahlung);
das Pfandrecht am verpfändeten Gegenstand, dh das Recht, den Gegenstand wegen der Forderung zu verwerten.

Dabei ist zu beachten, dass dem Gläubiger, dem ein Gegenstand verpfändet ist, nach wie vor das gesamte Vermögen des Schuldners haftet; die Verpfändung weist dem Gläubiger einen Gegenstand zur bevorzugten Haftung zu; im Übrigen haftet ihm das Vermögen des Schuldners nach allgemeinen Grundsätzen.

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Der Gegenstand, der zur Sicherung einer Forderung verpfändet wird, muss nicht unbedingt dem Schuldner gehören. So kann zB der Eigentümer einer Sache, der nicht Schuldner ist, aus Freundschaft zum Schuldner oder aus anderen Gründen seine Sache dem Gläubiger verpfänden. Es entsteht dann ein Dreiecksverhältnis.

Es gibt demzufolge die Möglichkeit, für fremde Verbindlichkeiten zu haften. Verpfändet der Eigentümer seine Sache für fremde Schuld, so ist er in keiner Weise verpflichtet; ihn trifft keine Verbindlichkeit. Er haftet aber mit der Sache für die Verbindlichkeit des anderen und muss es hinnehmen, dass der Gläubiger die Sache zu seiner Befriedigung verwertet.


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