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7. Zwangsvollstreckung: Der Vollstreckungstitel

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Wenn der Kläger zu seinen Gunsten ein Leistungsurteil erstritten hat, ist die rechtliche Grundlage einer Zwangsvollstreckung gegeben. Das Urteil bildet einen „Vollstreckungstitel“, auf Grund dessen die Organe der Zwangsvollstreckung gegen den Beklagten vorgehen können, sofern es rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt ist (§ 704 ZPO). Die Notwendigkeit für den Inhaber eines Anspruchs, zuerst ein Urteil zu erstreiten, ehe er zwangsweise gegen den Verpflichteten vorgehen kann, ist ein Gebot des Rechtsstaats. Nicht wer einen Anspruch zu haben glaubt, sondern nur derjenige, dessen Anspruch gerichtlich festgestellt und mit einem gerichtlichen Leistungsbefehl an den Schuldner versehen ist, kann die Organe der Zwangsvollstreckung bemühen.

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Für den Anspruchsberechtigten ist der Umstand, dass er zuerst ein Urteil gegen den Schuldner erwirken muss, lästig. Oft kommt es zu langwierigen Prozessen. Außerdem riskiert er häufig – mag er sich auch noch so sehr im Recht fühlen – eine Niederlage; denn gerade bei streitigen Sachverhalten hängt das Ergebnis der richterlichen Beweiswürdigung oft am seidenen Faden. Unterliegt der Kläger ganz oder zum Teil, so treffen ihn Verfahrenskosten. All dies macht den Prozess auch für den Kläger unerwünscht. Die ZPO kennt daher Möglichkeiten, auf kürzerem Wege zu einem Vollstreckungstitel zu gelangen.

Für ein Vorgehen gegen Schuldner, die voraussichtlich den Anspruch nicht bestreiten werden, empfiehlt sich das gerichtliche Mahnverfahren (§§ 688 ff ZPO). Bei diesem Verfahren erhebt derjenige, der einen Anspruch zu haben glaubt, keine Klage, sondern er beantragt bei Gericht, gegen den angeblichen Schuldner einen Mahnbescheid zu erwirken. Das Gericht erlässt, sofern bestimmte Verfahrensvoraussetzungen erfüllt sind, den Mahnbescheid, ohne nachzuprüfen, ob dem Antragsteller der Anspruch auch wirklich zusteht. Es genügt dem Gericht, wenn der Antragsteller den geltend gemachten Anspruch unter bestimmter Angabe der verlangten Leistung bezeichnet (zB Anspruch auf Zahlung von 500 € wegen Darlehensrückzahlung). Der Mahnbescheid wird dem (angeblichen) Schuldner zugestellt. Dieser kann wie folgt reagieren:

er legt Widerspruch gegen den Mahnbescheid ein; dann geht das Verfahren auf Antrag in das gewöhnliche Erkenntnisverfahren über;
er legt keinen Widerspruch ein; dann wird nach Ablauf der Widerspruchsfrist auf Antrag ein Vollstreckungsbescheid erlassen; damit hat der Gläubiger einen Vollstreckungstitel (§ 794 I Nr 4 ZPO); durch Einspruch hiergegen kann der Schuldner freilich immer noch den Übergang in das Erkenntnisverfahren erreichen.

Durch dieses Verfahren wird der Schuldner vor die Wahl gestellt, entweder freiwillig zu leisten oder einen Prozess zu riskieren oder aber sich der baldigen Zwangsvollstreckung auszusetzen.

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Den schnellsten Weg zu einem Vollstreckungstitel bietet die Möglichkeit (§ 794 I Nr 5 ZPO), dass sich der Schuldner in einer gerichtlichen oder notariellen Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft. Aus einer solchen Urkunde kann der Gläubiger vollstrecken; das Erkenntnisverfahren entfällt. So bequem die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung für den Gläubiger ist, so gefährlich ist sie für den Schuldner. Die Initiative zu einem Prozess ist vom Gläubiger auf den Schuldner übergegangen: Nicht der Gläubiger muss seinen Anspruch gerichtlich erstreiten, sondern beim Schuldner liegt es, sich gegen die Zwangsvollstreckung zu wehren, wenn er sich zu Unrecht belangt glaubt.

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