Читать книгу Die Geschichte des Institutes für Ur- und Frühgeschichte an der Universität zu Köln - Martina Dr. Schäfer - Страница 19
6. Das Institut für UFG in den Jahren 1935 – 1938 6.1. 1935-1938 – Warten auf Buttler
ОглавлениеFünf Tage nach der Entziehung der Lehrbefugnis von Herbert Kühn fragte der Minister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung bei der Philosophischen Fakultät in Köln nach, wie es denn nun mit dem Fach Vorgeschichte dort weiterginge?
Nachdem durch Erlass vom 1. November d. Js. dem n.b.a.o. Professor Dr. Herbert Kühn die Lehrbefugnis an der dortigen Universität entzogen worden ist, ersuche ich um Bericht, welche Absichten dort für die künftige Vertretung der Vorgeschichte bestehen. Ich bemerke, dass nach der hier entworfenen Reichsplanung für die Universität Köln ein Lehrauftrag für Vorgeschichte vorgesehen ist. Es käme mithin hierfür gegebenenfalls auch ein an einem Kölner Museum tätiger Vorgeschichtler in Betracht. Ferner ersuche ich um Aeusserung, in welcher Weise nach dem Ausscheiden Kühns die Leitung der Vorgeschichtlichen Abteilung des Historischen Seminars geregelt worden ist. (UAK Zug 9/55)
Am 26.11.1935 antwortete ihm der Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln, dass der Fakultät das Habilitationsgesuch von Werner Buttler vorläge, der wissenschaftlicher Assistent am Museum für Vor- und Frühgeschichte sei:
Die Vorgeschichte ist im Lehrbetrieb der Universität Köln an die Geschichte angeschlossen. Der derzeitige Direktor des Historischen Seminars, Herr Prof. Dr. Kallen, der selbst bereits seit Jahren schon in Münster die Vorgeschichte in seine Vorlesungen einbezogen hat, ist bereit, die Bibliothek der vorgeschichtlichen Abteilung zu überwachen. Die Sammlungen werden zweckmässig bis zur Neuregelung des vorgeschichtlichen Lehrbetriebes unter Verschluss gehalten und nur unter Aufsicht zugänglich gemacht, damit der Bestand nicht gefährdet ist. (UAK Zug 9/55)
Werner Buttler leitete das Museum für Vor- und Frühgeschichte im Bayenturm seit 1934. Durch die Ausgrabung einer neolithischen Siedlung in Köln-Lindenthal hatte er sich in den frühen dreissiger Jahren bereits einen Ruf erworben.
Schaut man sich die Daten seines Berufungsverfahrens an und vergleicht sie mit jenen der Entziehung der Lehrbefugnis von Herbert Kühn, so fällt die Überschneidung der Daten ins Auge. Es ist, als hätte Werner Buttler bereits in den Startlöchern gestanden, das verwaiste Institut zu übernehmen, nicht er persönlich vielleicht, aber doch wohl die Philosophische Fakultät.
Bereits am 12.1.1935 hatte Heinrich Freiherr von Stackelberg, der Führer der Dozentenschaft der Universität Köln, Privatdozent für Wirtschaftliche Staatswissenschaften und Statistik telefonisch Werner Buttler um die Noten bezüglich seiner Promotion sowie um Angabe von Referenzen gebeten. Noch am gleichen Tag übersandte ihm Werner Buttler die gewünschten Unterlagen, welche Heinrich von Stackelberg am 16. Januar dem Dekan Gerhard Kallen weiterreichte. (UAK Zug 44/112)
Wobei ihm in der Datierung seiner Unterschrift ein fast freudianischer Fehler unterläuft, datiert er sie doch auf den 16.1.34. (UAK Zug 44/112)
Werner Buttler teilte ihm mit, dass er mit dem Gesamtprädikat «sehr gut» promoviert worden sei, seine Dissertation wurde mit «gut» bewertet, die mündliche Prüfung mit «sehr gut». Des weiteren zählte Werner Buttler neun Referenzen auf, die sich wie ein Who is Who deutscher Vorgeschichte lesen: Gero von Merhart aus Marburg, Oswald Menghin aus Wien, Hans Zeiss und Paul Reinecke aus München, Behrens und Ernst Sprockhoff aus Mainz, Bolko von Richthofen aus Königsberg, Oelmann aus Bonn und Carl Schuchhardt aus Berlin, zum grossen Teil dem am 1. Juli 1935 gegründeten «SS-Ahnenerbe» nahestehend (Menghin, Zeiss, Richthofen) oder der von ihr vertretenen, weniger germanophilen Richtung (Schuchardt) (KATER 1997).
KUNTER charakterisierte Gero von Merhart folgendermassen: Er war ein Ehrenmann – unpolitisch. (KUNTER 1998)
Diese Referenzen, alle bereits im Januar 1935 geschrieben (Hans Zeiss` Referenz stammt vom 1.2.1935) waren durchweg positiv.
So schrieb Gero von Merhart am 28. Januar 1935 über Werner Buttler: In der Beurteilung des Herrn Dr. Werner Buttler kann ich mich verhältnismässig kurz fassen, da ich ja als sein mehrjähriger Lehrer ihn gut kenne. Seine Arbeiten sind immer sauber, intelligent und förderlich, sein Vortrag angenehm und gut. Die Publikation von Lindenthal verspricht höchst erfreulich zu werden und wird seine sicheren Fortschritte seit der Dissertation bezeugen ... (UAK Zug 44/112)
Gero von Merhart wies positiv darauf hin, dass Werner Buttler auch im Ausland, in Griechenland, gegraben habe und nicht nur aufs Neolithikum beschränkt sei sondern auch eine Studie zur Bronzezeit des Nordbalkan verfasste. (UAK Zug 44/112)
Oswald Menghin schlug ähnliche Töne in seiner Referenz vom 26.1.1935 aus Wien an: ... Aus diesen Arbeiten kann man ersehen, dass Herr Buttler über eine ausgezeichnete methodische Schulung verfügt, die ihn einerseits dazu befähigt, aus oft sprödem Materiale durch umfassende Vergleiche soviel als möglich herauszuholen, andererseits davor bewahrt, mehr wissen zu wollen, als im Augenblicke möglich ist. Sie zeigen auch, dass sich seine Interessen weit über das Heimatliche hinaus richten, was m. E. für einen Hochschullehrer unerlässlich ist, da es dessen Aufgabe in erster Linie ist, Theorie auf weitester Basis zu vermitteln. Dass Herr Buttler aber auch auf praktischem Gebiete seinen Mann zu stellen in der Lage ist, beweist die vorzüglich geführte und mit höchst bedeutsamen, durch gute Beobachtung erzielten Ergebnissen aus gestattete Grabung in Köln-Lindenthal, die zweifellos zu den wichtigsten Untersuchungen gehört, die jemals in Deutschland auf prähistorischem Gebiet gemacht worden sind. Herr Buttler hat auch einige Zeit bei mir in Wien gehört und ich habe ihn als einen ernsten und fleissigen jungen Mann in Erinnerung, von dem ich mir immer Tüchtiges erwartet habe...(UAK Zug 44/112)
Bolko von Richthofen aus Königsberg schrieb in seiner Referenz für Werner Buttler vom 26.1.1935: Die bisher gedruckten wissenschaftlichen Arbeiten von Dr. Buttler machen mir einen sehr guten Eindruck.
Ebenso gefiel mir ein Berliner Vortrag von Dr. Buttler und seine kulturpolitische Stellungnahme zu dem Fall Prof. H. Wirth besonders. Er hat mich als Parteigenosse auch in der Aufklärung der Öffentlichkeit über die weltanschauliche Seite des Falles Wirth unterstützt...(UAK Zug 44/112)
Das war ein deutlicher Hinweis auf die Absetzungsbewegung der Vorgeschichtler gegenüber Hermann Wirth. (zur Auseinandersetzung um Hermann Wirth siehe auch BOLLMUS 1970, GUGGENBERGER 1987, FREUND 1995, KATER1997)
Die Referenzen für Werner Buttler waren auch ein Beispiel für das wissenschaftliche Selbstverständnis einer bestimmten Gruppe von Vorgeschichtlern: gediegene Gründlichkeit...eigenem Urteil... Sprockhoff am 26.1.1935 (UAK Zug 44/112), ... umfassende Vergleiche...nicht mehr wissen ... wollen ... als ... möglich Oswald Menghin am 26.1.1935 (UAK Zug 44/112), zuverlässiger Arbeiter ... Einzelheiten ... gleichmässig... Carl Schuchardt am 30.1.1935 (UAK Zug 44/112), gewissenhaft... Paul Reinicke am 30.1.1935 (UAK Zug 44/112) ...dass Herr Buttler sich durch seine wissenschaftlichen Leistungen aus der Reihe seiner Altersgenossen heraushebt..., es erscheint mir besonders wichtig, dass seine wissenschaftliche Haltung eine Gewähr dafür bietet, dass er eine feste Stellung gegenüber gewissen schwärmerischen und unsachlichen Bestrebungen einnehmen wird, die gelegentlich auf unserem Fachgebiet zu beobachten sind. Hans Zeiss am 1.2.1935 aus München (UAK Zug 44/112)
In diesen Chor begeisterter Referenzen platzte Ende August 1935 das Habilitationsgutachten von Professor Ernst Wahle aus Heidelberg, das Werner Buttler viel eher die Begabung für den Posten eines wissenschaftlichen Beamten zusprach und bezweifelte, dass er eine Dozentur ausfüllen könnte. (UAK 44/112)
Ernst Wahle, Jahrgang 1889 habilitierte sich 1920 als erster deutscher Prähistoriker in Heidelberg und lehrte dort als Professor. 1934 trat er dem von Rosenberg gegründeten «Kampfbund für deutsche Kultur», dem Vorläufer des «Amtes Rosenberg», bei. (PAPE 1998)
In seinem Aufsatz «Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen», 1939 das erste Mal aufgelegt und in beinahe unveränderter zweiter Auflage 1952 wieder erschienen, schränkte Ernst Wahle Gustav Kossinnas theoretische Ansätze in ihrer Bedeutung ein und kritisierte die rein typologischen Methoden sowie die naturwissenschaftlichen Verfahren in der Ur- und Frühgeschichte. Er unterstellte allen diesen Methoden, dass sie einer Entseelung des Fundstoffes (WAHLE 1952, 140) Vorschub leisteten und nicht geeignet seien, das wahre Wesen der Menschen, ihre Lebenskraft (WAHLE 1952, 143) zu fassen. In den Vorgeschichtlern Lothar Zotz und Walter von Stokar sah Ernst Wahle Protagonisten dieser Art «entseelter» Forschung.
Abschliessend postulierte Ernst Wahle: Das Vorhandensein überindividualer Einheiten, nämlich der Menschenrassen, zwingt uns dazu, in dem skizzierten Rhythmus der geschichtlichen Entwicklung einen Kampf um das Dasein zu sehen, welcher der Autonomie der menschlichen Gemeinschaften, der Rassen, Völker und Kulturprovinzen entspringt. (WAHLE 1952, 145)
Ernst Wahle lehrte vor, während und nach dem 2. Weltkrieg in Heidelberg und wurde Mitte der fünfziger Jahre emeritiert. (zu Ernst Wahle siehe auch Abschnitt 6.2.)
Zwar konstatiert Ernst Wahle Werner Buttler grossen Fleiss, stiess sich aber zuerst einmal an der Gliederung der vorgelegten Habilitationsschrift. Er warf Werner Buttler weiterhin grosse Einseitigkeit und eng gestellte Wissensgrenzen vor. Wirklich zuhause ist Vf. nämlich nur in der Keramik der Donaukultur. (UAK Zug 44/112)
Es stimme weiterhin nicht, dass erst seit wenigen Jahren auf die Bearbeitung der neolithischen Kulturpflanzen geachtet würde, da gäbe es bereits seit 40 Jahren ein Buch. Ausserdem kritisierte Ernst Wahle ein mangelndes Literaturstudium Werner Buttlers: ... so beobachte ich ausserdem noch die empfindlichsten Lücken in derjenigen fachlichen Bildung, die ein junger deutscher Vorgeschichtsforscher heute haben muss. (UAK Zug 44/112)
Werner Buttler folge der Position Herbert Kühns und anderer in der Indogermanenfrage und kümmere sich, so Ernst Wahle, zu wenig um schwedische oder dänische Ansätze, welche eher mit dem Begriff der Kulturbewegungen arbeiten, denn mit dem von Völkerbewegungen. ... Gegenüber diesen Leistungen wirkt das Verfahren B¥s, jeden Wechsel der Zierform auf eine Wanderung von Menschen zurückzuführen und nirgendwo eine innere Entwicklung in Rechnung zu setzen, ja eine solche Möglichkeit überhaupt nicht zu erörtern und die eigene Vorstellung nicht zu begründen geradezu primitiv. (UAK Zug 44/112)
Die von Ernst Wahle kritisierte Einseitigkeit Werner Buttlers bezog sich wohl insbesondere darauf, dass Werner Buttler den Gegenwartsaufgaben der deutschen Frühgeschichtsforschung ganz abgewandt bleibt. ... Nun verlangt doch aber die Gegenwart von der frühgeschichtlichen Forschung, dass sie gerade die eigenständige Komponente, das germanische Altertum und den Werdegang zum deutschen Reich und Volk des Mittelalters, endlich stärker zur Geltung bringt. (UAK Zug 44/112)
Zum Schluss warnte Ernst Wahle davor, dass eine Habilitation Hoffnungen auf eine ganz bestimmte Laufbahn wecken würde, die Werner Buttler dann sicherlich nicht ausfüllen könne, müsse er doch dann das Schwergewicht seines Unterrichtens auf die germanischen und frühdeutschen Gebiete legen. (UAK Zug 44/112)
Ernst Wahle riet ab, die Habilitation auszusprechen.
Der zweite Gutachter, Gero von Merhart, blieb in seinem ausführlichen Habilitationsgutachten vom 7.Juni des gleichen Jahres bei seiner grundsätzlich positiven Einstellung Werner Buttler gegenüber.
Am 15. Oktober 1935 schrieb, aufgrund der beiden so sehr gegensätzlichen Hauptgutachten, der Kölner Historiker Rumpf noch eine weitere Beurteilung Werner Buttlers und meinte, dass bei einem 28-jährigen Menschen die Entwicklung noch nicht so definitiv abgeschlossen sei, wie Ernst Wahle das vermute. (UAK 44/112) Professor Rumpf gefielen Werner Buttlers Sorgfalt und Ernsthaftigkeit und er kam zu dem Schluss, dass die eingereichten Schriften Werner Buttlers genügten, ihn zu habilitieren.
Auch Bolko von Richthofen reichte am 11.12.1935 noch einmal ein Gutachten zur Habilitation Werner Buttlers nach, in welchem er die Lücken in Werner Buttlers Wissen auf dessen Ausbildung zurückführte, die sich ergänzen liessen. Gerade der Aufsatz zu Hermann Wirth zeige doch eine gute völkische Wissenschaftsauffassung. (UAK 44 /112) Damit die später auch voll zu Buche schlagen könne, empfahl Bolko von Richthofen Werner Buttler zum Schluss: Zum Äusseren seiner Arbeit möchte ich noch vorschlagen, dass er sie und überhaupt seine künftigen Veröffentlichungen von den vielen überflüssigen Fremdworten befreit. ich halte dies weiter nicht nur für eine Äusserlichkeit. Dr. Buttler wird gewiss doch schon jetzt auch als Schulungsleiter in Gliederungen der NSDAP. usw. aufgetreten sein. Für diese schöne Aufgabe der Vervolkstümlichung unserer Arbeitsergebnisse halte ich es für unerlässlich, die Sprache der wissenschaftlichen Arbeiten möglichst von allen nichtdeutschen Worten zu befreien, auch innerhalb der sogenannten Fachausdrücke! (UAK 44 /112)
Offensichtlich versuchte man von Köln aus das Habilitationsverfahren von Werner Buttler, zu beschleunigen, denn immerhin lag der Lehrbetrieb seit dem Wintersemester 1935 lahm. Am 4.2.1936 ermächtigte der Reichsminister die Philosophische Fakultät, die Habilitation Buttlers auszusprechen, was diese dann am 16.3. 1936 tat. (UAK Zug 44/112)
Am 25.3.1936 bat Professor Gerhard Kallen die Fakultät, Werner Buttler einen Lehrauftrag für Vorgeschichte zu erteilen oder ihn mit Vorlesungen zu beauftragen, wenn nicht genügend Geld vorhanden sei.
Die Zulassung zu einem Lehrauftrag durch das Reichministerium in Berlin bedeutete auch, dass dieser bezahlt wurde, das Vorlesungen-Halten aber nicht. Die Habilitation bedeutete nicht gleichzeitig, dass man dozieren durfte. Das Reichsministerium erteilte diese Zulassung und hatte so auch Zugriff auf die Inhalte, die gelehrt werden sollten.
Am 27.3.1936 stellte Werner Buttler den Antrag auf diese Zulassung und schickte die Themen für die drei Probevorlesungen an den Dekan der Philosophischen Fakultät ein:
1. Die Arbeitsweise der Vorgeschichte und ihre neueren Methoden.
2. Der Anteil der Rheinlande an den vorgeschichtlichen Kulturkreisen Deutschlands. 3. Gang und Auswertung einer Siedlungsgrabung, gezeigt am Beispiel des Köln-Lindenthaler Steinzeitdorfes. (UAK Zug 44/112)
Gleich am nächsten Tag, dem 28.3.1936, bat der Dekan in einem Brief an das Reichsministerium, die Ernennung Werner Buttlers zum Dozenten zu beschleunigen, da Gerhard Kallen, der in Vertretung das Institut leitete, im Krankenhaus sei und wohl seine Vorlesungen im Semester nicht aufnehmen könne.
Am 15.4.1936 beauftragte das Ministerium unter Bezugnahme auf diesen Brief vom 28.3. Werner Buttler im Sommersemester Vorlesungen zu halten. Den Antrag auf die Zulassung zur Dozentur wollte es sich noch vorbehalten.
Am 8., 9. und 12. Juni 1936 hielt Buttler seine Lehrproben in München ab, die mit befriedigend von Hans Zeiss bewertet wurden. ... Infolgedessen standen Typologie und Chronologie im Vordergrunde, während manches wichtige Problem nur gelegentlich angedeutet wurde; insbesondere hätte auf ausführlichere Würdigung der geistesgeschichtlichen Bedeutung gewisser Formenreihen nicht verzichtet werden sollen, ...(UAK Zug 44 /112) charakterisiert Hans Zeiss Werner Buttlers methodische Schwerpunkte.
Nun hätte der Weg für eine reguläre Aufnahme des Lehrbetriebes am Institut für Vorgeschichte zu Köln frei sein können, doch am 9. September 1936 teilte Werner Buttler dem Dekan mit, dass er bis zum 1. Januar 1937 beurlaubt sei, um im Kultusministerium das Referat Bodendenkmalspflege vorübergehend wahrzunehmen. (UAK Zug 44 /112) Erbittert beschwerte sich Gerhard Kallen am 6.1.1936 beim Dekan, dass nunmehr seit zwei Semestern kein geordneter Lehrbetrieb mehr statt fände. ...Der Fall der Vorgeschichte scheint mir nur ein Beispiel zu sein für eine fortgesetzte geistige Aushungerung unserer Fakultät, da ich höre, dass auch ein anderer für den Lehrbetrieb der Fakultät unentbehrlicher Dozent uns in diesem Semester genommen werden soll... Wir würden uns mitschuldig machen am Niedergang unserer Universität, wenn wir nicht beim Ministerium Verwahrung einlegten ... (UAK Zug 44 /112)
Am 16. Januar 1937 verlieh das Ministerium Werner Buttler die Dozentur für das Fach Vor- und Frühgeschichte und wies ihn der Philosophischen Fakultät Köln zu.
Am 25.1.1937 beschwerte sich der Dekan abermals beim Reichsminister und wies darauf hin, dass Werner Buttler ja nun am 16.1. der Universität Köln zugeteilt wurde. Ausserdem wandte er sich am 1. Februar an den Bürgermeister von Köln, Ludwigs, mit der Bitte, doch ebenfalls mal in Berlin nachzufragen, da Werner Buttler ja auch Museumsdirektor in Köln sei. Er bat Ludwigs, ihn in seinem Anliegen zu unterstützen, was auch, am 26.2.1937 geschieht. Ludwigs bat das Reichsministerium abermals am 1. April 1937 Werner Buttler Köln zur Verfügung zu stellen.
Trotz der Unsicherheiten, ob Werner Buttler nach Köln in absehbarer Zeit zurückkommen könnte, sollte er dennoch, so der Prodekan in einem Schreiben vom 16.4.1937, Vorlesungen ankündigen.
Werner Buttler kündigte für das Sommersemester 1937 nicht nur diese Vorlesungen an, sondern brachte auch erstmalig für Köln eine Neuerung in das Fach, die es dort zuvor nicht gegeben hatte: Übungen zur vorgeschichtlichen Denkmalpflege (mit Exkursionen) 2 St. Samstagnachmittag im Vorg. Inst. bzw. mach Vereinbarung im Gelände. Auch für das Sommersemester 1938 bot Buttler diese Geländeübungen zur Bodendenkmalpflege mit Exkursionen an.
Doch bei allen fortschrittlichen Unterrichtsmethoden: Sie nützen nichts, wenn der Dozent weit fort in Berlin am Ministerium als Referent weilt.
Als es eindeutig war, dass Werner Buttler auch im Sommersemester 1937 nicht in Köln lehren würde, schrieb der Dekan am 29.7.1937, fast resignierend an den Reichsminister: Da der Dozent Dr. Buttler nunmehr seit 15.9.1936 von hier beurlaubt ist, fehlt jetzt seit Semestern ein Vertreter für das Fach Vorgeschichte.
Ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, dass dieser Zustand besonders für Köln ausserordentlich nachteilig ist.
Gerade in einem Gebiet wie dem Rheinland und Köln müssen Fachgebiete, die sich mit Heimat, Volk und Kultur befassen, ganz besonders gepflegt werden. Für die auszubildenden Lehrer ist es unbedingt nötig, dass ein geeigneter Vertreter für Vorgeschichte da ist ... (UAK Zug 44/112) (zu den politischen Hintergründe dieses «Wartens auf Buttler» siehe auch: BOLLMUS 1970, KATER 1997)
Die Notwendigkeit, einen Mann wie Werner Buttler in Berlin, im Zentrum des Geschehens zu haben, schien grösser zu sein, als die der Philosophischen Fakultät in Köln, den Lehrstuhl für Vorgeschichte neu zu besetzen.
Am 3.8.1937 schrieb Werner Buttler an den Dekan, dass er möglicherweise im Herbst im Ministerium fest angestellt werde.Deshalb empfehle er schon mal vorsorglich: ...Es muss dann natürlich eine Persönlichkeit berufen werden, die in der Lage ist, gleichzeitg Dozentur und Museum zu versehen, und bei der schwierigen Lage auf dem Gebiet der Vorgeschichte müsste danach gestrebt werden, einen Mann zu wählen, der im Streit der Meinungen, der unser Fach in so unseeliger Weise beherrscht, noch nicht besonders hervorgetreten ist und die Dinge absolut sachlich beurteilt ... (UAK Zug 44/112)
Werner Buttler schlug Walter Kersten vom Landesmuseum Bonn als vorübergehende Vertretung vor oder Rafael von Uslar. ...Wenn Sie in diesem Sinne an den Herrn Minister herantreten, wäre es wohl zweckmässig, wenn Sie sich nicht darauf beziehen, dass diese Vorschläge von mir kommen. (UAK Zug 44/112)
Am 19.4.1938 schlug Werner Buttler dem Dekan vor, dass er ihn, anlässlich einer Dienstreise aufsuchen möge, um die Fragen bezüglich seiner Dozentur zu besprechen. Doch der Reichsminister hatte mit seinem Referenten für Bodenaltertümer andere Pläne vor, wie man aus einem Schreiben vom 10. Mai 1938 erfährt: Der Führer und Reichskanzler hat Sie unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum ausserordentlichen Professor ernannt. Ich verleihe Ihnen mit Wirkung vom 1. April 1938 ab in der Philosophischen Fakultät der Universität Göttingen die freie Planstelle eines ausserordentlichen Professors mit der Verpflichtung, die Vor- und Frühgeschichte in Vorlesungen und Übungen zu vertreten. Gleichzeitig ernenne ich Sie zum Direktor des Vorgeschichtlichen Seminars der Universität Göttingen. (UAK zug 44/112)
Dieses Schreiben sollte Werner Buttler hier im Haus – gegen Behändigungsschein (UAK zug 44/112) übergeben werden. Doch dieser befand sich mittlerweile im Fort Hahneberg, Berlin- Staaken, von wo er am 10.5.1938 als Schütze Buttler von der 17. E. M. G. K. – Kompanie noch einmal einen Brief an den Dekan schrieb, in welchem er ihm Walter von Stokar ausführlich charakterisierte und für die vorgeschichtliche Abteilung Kölns empfiehlt.