Читать книгу Verschwörungen, Verschwörungstheorien und die Geheimnisse des 11.9. - Mathias Bröckers - Страница 24

17.9.01
Die netten Hurensöhne der USA

Оглавление

Zu dem jüdisch-christlich-islamischen runden Tisch in Jerusalem samt Abzug der US-Truppen aus Nahost, den wir in der letzten Folge gefordert hatten, meint Freund S.: »Das ist doch geopolitische Naivität, mal wieder typische Anarcho-Hippie Gutmenschen-Romantik. Da wiederholt sich Babylon, und du Blödkopf glaubst immer noch an Fortschritt. Es ist doch ganz klar: Solange unsere Technologie am Öl hängt, können wir die Kontrolle nicht den Kameltreibern überlassen, wie Kissinger sich auszudrücken pflegte. Also überleg dir gut, wie weit du mit deinem Antiamerikanismus gehst.«

Letzteres weise ich sofort aufs Schärfste zurück und lobe die Höhepunkte der amerikanischen Kultur – Bob Dylan, Frank Zappa, Manche mögen's heiß –, was S. allerdings nichtgelten lässt: »Die ersten zwei sind Counterculture, und Billy Wilder ist Deutscher.« Egal: Wenn Methoden und Folgen der US-Außenpolitik die Welt in einen Krieg treiben, muss scharfe Kritik erlaubt sein und vor allem ein skeptischer Blick, was wirklich dahinter steckt. Terror kommt nicht aus heiterem Himmel: Die Bin Ladens, Saddams, Hitlers sind keine Naturereignisse.

General Motors, in den 30er Jahren kontrolliert von dem Chemieunternehmer und glühenden Nazi Irénée DuPont[41] , lieferte der deutschen Wehrmacht nicht nur das wichtigste Fahrzeug für ihren Blitzkrieg, den Opel Blitz, sondern zusammen mit Rockefellers Standard Oil auch den Sprit sowie Patente und Kapital für die IG Farben. George W. Bushs Urgroßvater und Großvater machten bis 1942 als Banker ein Vermögen mit Investitionen ins Dritte Reich.[42] Coca Cola war selbstverständlich Großsponsor der Olympiade 1936 und verzwanzigfachte während des Dritten Reichs seine Umsätze in Deutschland. In seinem Buch Facts & Fascism (1943 listete der Autor George Seldes[43] – eine Art Ralph Nader der 30er und 40er Jahre – eine ganze Phalanx hochrangiger US-Investoren auf, die massiv in Geschäfte mit den Nazis involviert waren. Auch Adolf war insofern einer dieser »netten Hurensöhne« der USA, was die Schuld seiner rasenden Mitläufer nicht geringer macht, aber die Dankbarkeit für die Befreier doch ein wenig relativiert. Ohne ihr vorheriges Großinvestment in den Faschismus wäre die Befreiung vermutlich gar nicht nötig geworden. Das »Volk ohne Raum« hätte nämlich mangels Mobilität zu Hause bleiben müssen.


»Unsere Stärke wird uns nicht helfen«


Als entsetzter und trauriger Amerikanerin und New Yorkerin scheint es mir, als sei Amerika niemals weiter von der Wirklichkeit entfernt gewesen als am letzten Dienstag, dem Tag, an dem ein Übermaß an Wirklichkeit auf uns einstürzte ... Die Stimmen, die zuständig sind, wenn es gilt, ein solches Ereignis zu kommentieren, schienen sich zu einer Kampagne verschworen zu haben. Ihr Ziel: die Öffentlichkeit noch mehr zu verdummen.


Wo ist das Eingeständnis, dass es sich nicht um einen »feigen«Angriff auf die »Zivilisation«, die »Freiheit«, die »Menschlichkeit« oder die »freie Welt« gehandelt hat, sondern umeinen Angriff auf die USA, die einzige selbsternannte Supermacht der Welt; um einen Angriff, der als Konsequenz der Politik, Interessen und Handlungen der USA unternommen wurde? ...


Es wird sehr gründlich nachgedacht werden müssen über das kolossale Versagen der amerikanischen Geheimdienste, die Zukunft der amerikanischen Politik besonders im Nahen

Osten und über vernünftige militärische Verteidigungsprogramme für dieses Land. Es ist aber klar zu erkennen, dass unsere Führer ... sich mit der willfährigen Unterstützung der

Medien dazu entschlossen haben, der Öffentlichkeit nicht zuviel Wirklichkeit zuzumuten. Früher haben wir die einstimmig beklatschten und selbstgerechten Platitüden sowjetischer

Parteitage verachtet. Die Einstimmigkeit der frömmlerischen, realitätsverzerrenden Rhetorik fast aller Politiker und Kommentatoren in den Medien in diesen letzten Tagen ist einer Demokratie unwürdig ... »Unser Land ist stark«, wird uns wieder und wieder gesagt. Ich finde dies nicht unbedingt tröstlich. Wer könnte bezwei feln, dass Amerika stark ist? Aber Stärke ist nicht alles, was Amerika jetzt zeigen muss.


Susan Sontag im New Yorker, 13.9.2002


Ganz ähnlich scheint die Lage bei der nunmehr anstehenden Befreiung der Welt vorn Terrorismus zu sein. Sechs Milliarden Dollar wurden laut CNN von den USA und den Saudis in Bin Ladens Söldnertruppe investiert, unter den Auspizien der CIA fand in den 80er Jahren die erste »Jihad-Weltkonferenz« ausgerechnet in New York statt, in 38 US-Filialen akquirierte das »Büro im Dienst der Heiligen Krieger« ebensolche für den Kampf.[44]

Es ist keine Verschwörungstheorie, dass Konspiration, Gewalt und Terror verborgene, aber selbstverständliche Mittelder US-Außenpolitik sind – fanatische Juden werden dafür ebenso instrumentalisiert wie fanatische Muslime. Die Geister aber, die die USA stets riefen, wenn es »amerikanische Interessen« zu wahren galt, haben jetzt auf grausame Art zurückgeschlagen. Höchste Zeit für Amerika, seine notorische Hurensohn-Politik zu überdenken.

Die Randbemerkungen von CNN und dem Spiegel, dass der Jihad als inoffizieller Arm der US-Außenpolitik gefördert und aufgebaut wurde, spielten in den folgenden Wochen in der Berichterstattung keine Rolle mehr – und wenn, dann wurde die Partnerschaft von Bin Laden und der CIA als »ehemalige« nur kurz gestreift.

Dass die braune Vergangenheit der Bush-Familie, wie auch anderer US-Großindustrieller, und ihr Finanzengagement in Deutschland wenig bekannt geworden ist, wundert nicht:

Der notwendigen Entnazifizierung wären derlei Informationen kaum dienlich gewesen. Mehr als ein halbes Jahrhundert nach Hitler kommt jedoch auch hier die historische Wahrheit langsam ans Licht[45]. Die Rolle von Großvater Bush als Banker und Vermögensverwalter des frühen Hitler-Finanziers Fritz Thyssen haben Webster G. Tarpley und Anton Chaitkin 1992 in George Bush. The Unauthorized Biography im Detail beleuchtet.[46]

Verschwörungen, Verschwörungstheorien und die Geheimnisse des 11.9.

Подняться наверх