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1. Mehraktiger Verfügungstatbestand

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Der Gesetzgeber des BGB war darauf bedacht, Verfügungen über Rechte an Sachen dem Publizitätsgrundsatz zu unterstellen: Die Erfüllung eines Publizitätstatbestands gehört grundsätzlich zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen des Verfügungsgeschäfts. So bedarf nach §§ 873 Abs. 1, 875 ff. jede Verfügung über ein Recht an einem Grundstück der Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch. Die Übereignung oder Belastung einer beweglichen Sache setzt nach §§ 929 S. 1, 1032 S. 1, 1205 Abs. 1 S. 1 grundsätzlich deren Übergabe voraus. Aneignung und Dereliktion schließlich sind nach §§ 958 f. an die Erlangung bzw. Aufgabe des Besitzes gebunden.

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Die Entscheidung für einen mehraktigen Verfügungstatbestand wirft eine Reihe von Folgefragen auf. Klar ist zunächst, dass nur das rechtsgeschäftliche Element und die Verwirklichung des Publizitätstatbestands zusammen die Rechtsänderung herbeizuführen vermögen, wobei allerdings die Reihenfolge unerheblich ist. Vorbehaltlich des § 878 (Rn. 297 f.) muss zudem die Verfügungsbefugnis des Veräußerers noch im Zeitpunkt der Vollendung des gesamten Verfügungstatbestands bestehen. Kommt es nach Abgabe der Einigungserklärung zum Eintritt des Todes oder der Geschäftsunfähigkeit einer Partei, so finden §§ 130 Abs. 2, 153 Anwendung. Was die Frage der Bindung an die Einigung betrifft, so stellt § 873 Abs. 2 für Verfügungen über Rechte an Grundstücken klar, dass beide Parteien an die Einigung gebunden sind, wenn die Erklärungen in bestimmter Form verlautbart wurden. Fehlt es an den Voraussetzungen des § 873 Abs. 2, so kann jede Partei ihre Einigungserklärung widerrufen, solange nicht der Publizitätstatbestand verwirklicht und damit der Verfügungstatbestand komplettiert ist. Der Widerruf mag dann zwar dem Verpflichtungsgeschäft zuwiderlaufen (Rn. 27 ff.); die dingliche Einigung ist jedoch auch dann entfallen, wenn nach der Erklärung des Widerrufs der Publizitätstatbestand verwirklicht wird. Ist umgekehrt die Einigung bindend, so kann der Veräußerer, solange er noch Eigentümer ist, sein Grundstück gleichwohl anderweit veräußern oder belasten[2].

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Hinsichtlich der Frage der Bindung des Veräußerers einer beweglichen Sache bleibt das Gesetz eine eindeutige Antwort schuldig. Die hM geht jedoch zu Recht davon aus, dass eine Bindung angesichts der Wertung des § 873 Abs. 2 und des Wortlauts des § 929 S. 1, der ein Einigsein im Zeitpunkt der Übergabe verlangt („einig sind“), nicht in Betracht kommt[3]. Der Veräußerer kann mithin seine Einigungserklärung noch bis zur Übergabe der Sache widerrufen. Dem kommt vor allem im Zusammenhang mit dem „nachträglichen“ Eigentumsvorbehalt Bedeutung zu: Haben sich Verkäufer und Käufer zunächst unbedingt über den Übergang des Eigentums geeinigt, so kann der Veräußerer gleichwohl bis zur Übergabe seine Erklärung widerrufen[4] und die aufschiebend bedingte Übereignung anbieten. Nimmt der Käufer diesen Antrag an, so hat er nur aufschiebend bedingt Eigentum erworben (Rn. 239).

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Solange der mehraktige Erwerbstatbestand nicht vollendet ist, hat der Veräußerer sein Recht nicht verloren und der Erwerber das Vollrecht nicht erworben. Unter Umständen ist aber der Erwerber bereits Inhaber eines Anwartschaftsrechts (Rn. 54 ff.). So verhält es sich insbesondere in dem Fall, dass zwar die Auflassung des Grundstücks erfolgt ist, die Eintragung in das Grundbuch aber noch aussteht (Rn. 299 ff.), ferner in dem Fall, dass die Hypothek zwar bestellt, die gesicherte Forderung aber noch nicht entstanden ist (Rn. 372). Aber auch das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers beruht darauf, dass der mehraktige Erwerbstatbestand noch nicht voll verwirklicht ist: Zwar ist die Übergabe bereits erfolgt, die Wirkungen der Einigung sind aber durch Aufnahme einer Bedingung hinausgeschoben (Rn. 230 ff.).

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