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1. Begriff, Rechtsnatur und Funktionen
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→ Definition:
Anders als das Eigentum und die beschränkten dinglichen Rechte ist der Besitz ein tatsächliches Verhältnis, das zwar grundsätzlich an die tatsächliche Sachherrschaft anknüpft, indes unter dem besonderen Schutz der Rechtsordnung steht und an das das Gesetz sonstige rechtliche Folgen knüpft. Der Besitz ist mithin durchaus eine rechtliche Kategorie und eine Rechtsposition; dies zeigen nicht zuletzt die Kategorien des Erbenbesitzes im Sinne des § 857 (Rn. 171), des mittelbaren Besitzes, der Besitzdienerschaft und des Organbesitzes (Rn. 41 ff.). Der Besitz ist allerdings kein dingliches Recht[1].
Die Erhebung dieses tatsächlichen Phänomens in den Stand einer Rechtsposition ist vor dem Hintergrund der dem Besitz zukommenden Funktionen zu sehen. Die Publizitätsfunktion des Besitzes haben wir bereits kennen gelernt (Rn. 18; s. ferner Rn. 147 ff.). In gewissem Zusammenhang damit steht die sogenannte Erhaltungsfunktion[2]: Sie begegnet im Rahmen obligatorischer Rechte und verleiht diesen eine über das jeweilige Schuldverhältnis hinausreichende Wirkung. So verhält es sich namentlich bei §§ 566, 986 Abs. 2 (Rn. 89 ff.), §§ 57 ff. ZVG, § 108 InsO.
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Von besonderer Bedeutung ist schließlich die Schutzfunktion des Besitzes: Indem der Besitz als solcher, also unabhängig von einem Recht zum Besitz an der Sache, als Rechtsposition anerkannt wird und Schutz genießt[3], soll dem Faustrecht eine Absage erteilt und eine Friedensordnung geschaffen werden[4]. Die rechtliche Anerkennung des Besitzes dient demnach dem Erhalt des Rechtsfriedens: Jeder, der ein Recht zum Besitz an der Sache zu haben meint, soll zur Durchsetzung dieses Rechts die Gerichte in Anspruch nehmen. Nur daraus erklärt sich, dass auch der Dieb zumindest das Selbsthilferecht des § 859 hat. Denn zwar hat er keinerlei Besitzrecht; sein Besitz ist vielmehr fehlerhaft im Sinne der §§ 858 Abs. 2, so dass ihm nach §§ 861 Abs. 2, 862 Abs. 2 gegenüber dem Bestohlenen weder ein Herausgabe- noch ein Beseitigungsanspruch zusteht. Auch der wahre Eigentümer soll jedoch, nachdem er seinen Besitz verloren hat, diesen nicht eigenmächtig zurückerobern.