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4. Kapitel Vereinigte Staaten, Houston (TX)
ОглавлениеDas Fadenkreuz lag zwei cm oberhalb des Herzens der Zielperson, auf die Entfernung von 300 m wäre das ein Volltreffer. Langsam atmete Lea aus und drückte den Abzug an ihrem M24, einer Variante des Remington 700, durch. Mit ihrem Zielfernrohr erkannte sie, das die Zielperson schon tot war, als der Körper auf dem Kiesboden aufschlug. »Sauber getroffen, Mission beendet. Fluchtpunkt Alpha in 10!« Hörte sie über ihr Headset.
Lea Enis ging hinter der Brüstung des Hochhauses in Deckung und nahm das M24 auseinander, verpackte die einzelnen Teile wieder in ihrer Umhängetasche. Sie legte sich die Träger auf die Schulter und ging geduckt zu der Tür, die auf das Dach führte. Im schummrigen Licht des Treppenhauses lief sie trittsicher nach unten bis zum 28. Stockwerk, schlüpfte durch die Tür zur Treppe und befand sich im Flur des Hotels. Dreißig Schritte links von ihr befand sich der Personalaufzug. Sie zog ihre Zugangskarte aus der Hosentasche und hielt sie vor das Lesegerät. Die Fahrstuhltür glitt auf und sie betrat die Kabine, des alten Aufzugs, der seine besten Zeiten lange hinter sich hatte. Nach dem Druck auf die Taste B1 schlossen sich die Türen und der Aufzug setzte sich ruckelnd in Bewegung. Unten angekommen verließ sie die Kabine, drehte sich nach rechts und lief durch die Großküche zum Seiteneingang. Sie wirkte wie ein junges Dienstmädchen in dem Hotel, das gerade ihre Schicht beendete und nach Hause wollte. Vor der Tür bog sie nach links ab und verschwand in der kleinen Seitengasse. Sie erblickte den dunkelblauen Van und eilte ihm entgegen. Im Schritttempo öffnete sich die Seitentür des Fahrzeugs und Lea sprang hinein. Die Tür fiel polternd hinter ihr zu. Es war warm in dem Van, doch Lea fröstelte. Etwas stimmte hier nicht. Sie sollte alleine in dem Fahrzeug sein, doch gegenüber auf dem hinteren Sitz saß eine Frau in Businessanzug, die verträumt aus dem verdunkelten Fenster blickte.
»Wo bin ich denn hier gelandet, das gehört nicht zum Plan«, eröffnete Lea.
»Ganz ruhig Miss Enis, es läuft alles so, wie es gedacht ist. Lehnen Sie sich zurück und genießen sie ihre letzte Fahrt in Freiheit. Sie werden sehr lange keine Gelegenheit mehr dazu haben«, entgegnete die Frau.
»Was soll das heißen?«, fragte sie.
»Das heißt, dass sie uns in die Falle gegangen sind und jetzt die nächsten Jahre in einem Hochsicherheitsgefängnis zubringen werden.«, konterte sie kühl.
»Wer zum Teufel sind sie, und wieso glauben sie, ich würde still hier sitzen bleiben? Was sollte mich davon abhalten sie einfach zu killen? Ob jetzt nur einer dran glauben musste oder zwei spielt keine Rolle!«
»Das hatten wir erwartet Miss Enis. Ich bin Special Agent Turner vom FBI. Wir sind jetzt seit vier Jahren hinter ihnen her. Sie waren fleißig. Insgesamt gehen mehr als vierzig Leichen auf ihr Konto und das ist sicher nur die Spitze des Eisbergs. Sollten Sie auch nur den Versuch unternehmen, mich anzugreifen, werden sie dieses Fahrzeug nicht mehr lebend verlassen. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?«
»Sie werden ihr blaues Wunder erleben!«, wütete Lea, »In spätestens zwei Stunden werden ihnen die Kugeln nur so um den Kopf sausen und es wird mir die größte Freude bereiten, sie mit einer rostigen Gabel auszuweiden!«
»Sparen sie sich die großen Reden Miss Enis. In zwei Stunden sitzen sie gemütlich in der Zelle und richten sich für einen sehr langen Aufenthalt in ihrer neuen Heimat ein!«
Lea konnte nicht glauben, was da eben passiert war. Der Plan war perfekt. Jetzt saß hier eine vom FBI vor ihr und erzählte was von Knast. Das kann einfach nicht wahr sein. Ich bin viel zu jung, um in den Knast zu gehen. Gerade mal 30 Jahre alt und in der besten Zeit meines Lebens. Was war da nur schiefgelaufen, und vor allem wo ist Dennis abgeblieben? Dennis war ihr Freund und war seit acht Jahren immer an ihrer Seite. Er sollte eigentlich den Fluchtwagen fahren, während sie hier alleine sitzend abtauchte. Nur wo war Dennis jetzt? Fragen über Fragen, aber keine Antworten.
Während ihr Tausende Gedanken durch den Kopf rauschten und sich zu einer breiigen Masse zusammenzogen, wurde das kleine Fenster zur Fahrerkabine geöffnet. Benommen vernahm sie eine vertraute Stimme, konnte aber die Worte nicht verstehen, zu sehr war sie in ihren Gedanken gefangen. Der Van fuhr weiter durch die Straßen von Houston in Texas, mit Lea auf der Reise in die ungewisse Zukunft.