Читать книгу Aufzucht- und Haltungsanleitung für Jungbullen - Max Busch - Страница 13
ОглавлениеBergfest
Das erste Jahr war um. Bergfest! Hierüber hatten wir schon viel gehört. Party und Tanz mit Mädels aus dem Ort. Außerdem waren wir jetzt nicht mehr die „Brunos“. Ein neuer Jahrgang würde bald in Arbeitsanzügen ihren Dienst angetreten. Und unsere Sperrzeit war vorüber! Nicht mehr am Sonntag bis 24 Uhr anreisen und in der Woche um 22 Uhr in die Betten. Das war eigentlich das Schönste! Ach ja, befördert wurden alle, die das erste Jahr bestanden hatten, auch noch. Jetzt waren wir Oberwachtmeister und Atze bohrte jedem höchstpersönlich einen Pickel in jedes Schulterstück der Uniform. Beim zweiten und ersten Zug übernahm dies aber der größer gewachsene POK Dummers.
Der große Speisesaal war festlich geschmückt worden. Wir trugen zur Uniform ein weißes Hemd mit schwarzer Krawatte, bei der Polizei „Binder“ genannt. Knapp einhundert Jungpolizisten waren angetreten und erwarteten die Rede unseres Hundertschaftsführers. Diese fiel außerordentlich mitreißend aus. Seine Jungs, wie er uns jetzt alle nannte, hätten im Vergleich mit der anderen Ausbildungshundertschaft besser abgeschnitten! Und das in seinem ersten Jahr als HuFü! Nach weiteren Lobhudeleien, hauptsächlich auf seine eigene Person und sein Stammpersonal, erfolgte die Bekanntgabe, wer im Sparwettbewerb gewonnen hatte. Wer von seinem Gehalt im ersten Jahr am meisten gespart hatte, sollte einen Preis erhalten. Der erste Zug hatte diesen Schwachsinn komplett boykottiert. Gewonnen hat ein gerade 17-jähriger Junge, natürlich aus dem 4. Zug, der alle Gehälter komplett gespart hatte. Schön, wenn man trotz hohen Gehalts noch alles von den Eltern bekommt, dachte ich.
Dann kam der große Moment: Die Mädels aus der Stadt sollten kommen. Auf großen Plakaten war überall in der Stadt verkündet worden, dass Frauen im Alter von 16 bis 20 gratis am Fest teilnehmen konnten. Auch ein Polizeireisebus stand um 19 Uhr am Marktplatz bereit. Als der Bus vorfuhr, standen alle erwartungsfroh an den Fenstern des Speisesaals. Es kamen nur 20 Damen, von denen die Hälfte gar nicht ins Altersraster passte. Sie waren deutlich älter als 20 Jahre, einige sahen aus, als würden sie schon auf die 50 zugehen.
„Mann, das langt ja nie“, meinte Lucky zu mir.
„Ja und guck mal, wie viele Trümmertauben!“ entgegnete ich enttäuscht.
Da der Busfahrer keine Anstalten machte, ein zweites Mal in die Stadt zu fahren, setzten wir uns an einen Tisch und ergaben uns dem Bier. Die zwanzig Frauen waren innerhalb kürzester Zeit vom Stammpersonal, also unseren Ausbildern, vereinnahmt worden. Selbst unser alter „Spieß“ lief balzend wie ein Gockel herum. Mit fortschreitender Zeit stieg der Alkoholpegel deutlich an. Kurz vor Mitternacht hatte ich genug und wollte in mein Zimmer gehen, denn ich wusste, dass am nächsten Morgen mit Sicherheit ein 5-km-Waldlauf anstand. Das war auch so ein beliebtes Spiel, uns vernünftig auszubilden, wie sie meinten. Ich ging Richtung Ausgang und musste an Atze vorbei.
„Herr Busch, wo wollen Sie denn hin?“ blaffte er mich mit glasigen Augen an.
„Ins Bett, Herr Dunkel“, antwortete ich artig.
„Nix da! Sie bleiben hier! Das ordne ich an! Sie sind ja noch gar nicht richtig besoffen!“ lallte Atze.
„Das können Sie nicht anordnen und jetzt lassen Sie mich bitte vorbei“, erwiderte ich.
Klatsch, da hatte mir Atze doch eine Ohrfeige gegeben. Ich war drei Sekunden völlig sprachlos. Er stierte mich herausfordernd an. Ich packte ihn wütend am Revers seiner Uniformjacke und hob ihn 10 cm an. Atze riss die Augen auf, Sabber rann aus seinem Mundwinkel. Sepp hatte den Vorfall beobachtet und kam angesprintet.
„Max, lass ihn runter und sieh zu, dass Du hier raus kommst!“ herrschte er mich an.
Ich setzte Atze mit Schwung ab, der ging in die Knie und torkelte zur Seite.
„So geh, ich mach das mit dem Kerl schon“, raunte Sepp mir zu. Völlig konsterniert verließ ich die Veranstaltung. Der Fußmarsch zu meiner Unterkunft brachten meinen Blutdruck wieder in vernünftige Bereiche und ich war wieder völlig nüchtern.