Читать книгу Aufzucht- und Haltungsanleitung für Jungbullen - Max Busch - Страница 5
ОглавлениеEignungstest
Schließlich bekam ich einen Termin für die Prüfung. Diese sollte zwei Tage dauern, Anreise am Sonntagabend, Schluss am Dienstag, nachmittags. Die Ausbildungsstelle war über einhundert Kilometer von zuhause entfernt, also brachte mich mein alter Herr mit seinem klapprigen Opel.
Am nächsten Morgen wurde zeitig geweckt. Frühstück gab es in der Kantine, wo wir von den anderen „Jungbullen“, die schon in Ausbildung waren, neugierig beäugt wurden.
Pünktlich um acht begann die Prüfung, zunächst der für viele schwierigste Teil, das Diktat. Das Wort „Senf“ bereitete mir Probleme. Blackout. Der Prüfer sah väterlich lächelnd auf mein Geschriebenes und dozierte:
„Folgt ein F-Laut auf den Buchstaben N, ist der F-Laut immer ein F, folgt dieser Laut auf den Buchstaben M, ist der F-Laut immer ein Pf!“
Da ich wusste, dass Senf nicht mit „pf“ geschrieben wird, konnte ich messerscharf ableiten, dass Senf in der Mitte wohl mit „n“ geschrieben wird.
Nach einer Stunde Diktat gab es einen Aufsatz zu schreiben, Dauer zwei Stunden. Dann Mittagessen und Bekanntgabe der ersten Ergebnisse. Die Hälfte der Bewerber durfte dann die Sachen packen und abreisen. Sie waren jetzt schon durchgefallen.
Angst hatten wir Verbliebenen vor der Sportprüfung. Es hatte sich herumgesprochen, dass es dort wohl ziemlich hart zuginge und viele Prüflinge versagten. Doch keiner von uns fiel durch, obwohl viele es nicht schafften, sich an dem von der Hallendecke herabgelassenen Tau ohne Hilfe der Füße hochzuziehen. Das war für mich einfach, Muskeln hatte ich bereits mit dreizehn unfreiwillig aufgebaut, als meine lieben Eltern meinten, in Eigenregie unter Ausnutzung aller Familienmitglieder ein Einfamilienhaus zu bauen. Die dann dreijährige Bauzeit verschliss zwar meinen Rücken, brachte aber Muckis.
Der zweite Tag bescherte uns gleich morgens nach dem Frühstück die ärztliche Prüfung. 15 Jungs standen nackt in einer Reihe auf dem Flur und den kalten Fliesen der Sani-Stelle. Ein sehr alter Arzt kam hereingeschlurft, und befahl grußlos mit nasalem Ton:
„Fingerspitzen berühren den Boden, Knie durchgedrückt!“
Langsam schlich er um uns herum und betrachtete das Dargebotene von allen Seiten. Nachdem wir uns wieder aufgerichtet hatten, trat er an jeden heran, umfasste dessen Hoden und bellte:
„Husten Sie mal!“
Mehr als ein Hüsteln bekam keiner beim ersten Versuch heraus.
Beim Augen-Farb-Test kam dann meine letzte Stunde dieser Veranstaltung. Ich sollte auf Karten mit lauter bunten Klecksen irgendwelche Zahlen aus andersfarbigen Klecksen erkennen. Ich konnte partout fast keine Zahl erkennen.
„Dann dürfen Sie nach Hause fahren, Sie sind farbenblind.“ Ich fasste es nicht.
„Ich farbenblind? Ich kann doch alle Farben sehen. Die Ampel hat doch oben rotes und unter grünes Licht!“ stammelte ich.
„Ja trotzdem, Sie sind rot/grün-blind. Das ist bei Männern oft angeboren. Frauen haben so was nicht. Wenn Sie ein Attest vom Augenarzt vorlegen, dass Ihr Anomalitätsquotient nicht über 2,9 liegt, könne Sie wiederkommen“, war die Antwort des Sanis.
Na Klasse, also mit hängenden Ohren, völlig desillusioniert nach Hause.
Augenärzte gab es damals noch nicht in jeder Kleinstadt, also fuhr ich darauf folgende Woche in die Kreisstadt. Der Augenarzt war älter, dicklich und sehr freundlich. Ich schilderte ihm mein Problem.
„Na, das kriegen wir schon hin. So ein gesunder junger Mann der zur Polizei will, das muss klappen!“
Er ließ mich in ein Gerät gucken, das einem Mikroskop nicht unähnlich war. Ich sah einen leuchtenden Kreis, die linke Hälfte grün, die andere rot.
„Drehen Sie mal an diesem Rädchen, bis Sie meinen, die beiden Halbkreise haben die gleiche Farbe!“
Also drehte ich langsam und hörte auf, als ich dachte, das Ziel erreicht zu haben.
„Los noch ein wenig, noch etwas, so langsam, Stopp!“ kamen seine Anweisungen. Inzwischen waren beide Halbkreise für mich wieder grün und rot. Er besah sich die Skala am Drehknopf, nahm einen Rechenschieber zur Hand und meinte:
„Perfekt, der Quotient ist ja nur 2,8.“
Ich hüpfte vor Freude und hätte den Arzt beinahe umarmt.
Also auf zum zweiten Teil der Prüfung mit dem Attest im Gepäck. Wortlos nahm es der Sani entgegen und trug es zum Arzt. Nun durfte ich tatsächlich gleich zur weiteren Prüfung. Dieser Teil bestand nur noch aus einer mündlichen Fragerunde zur Allgemeinbildung mit fünf Ausbildern. Dabei hatte ich ein mulmiges Gefühl, was auch noch durch die teilweise zusammenhanglosen Fragen verstärkt wurde:
„Sagen Sie, können Sie Städte in der Sowjetunion nennen?“
„Ja, Leningrad, Moskau, Wolgograd“ erwiderte ich.
„Was heißt denn „Grad“, in dem Wort Leningrad?“ kam die nächste Frage.
Da stand ich auf dem Schlauch. Dass Russisch zu den Prüfungsfragen gehört, hätte ich mir niemals träumen lassen.
„Na das „Grad“ kommt von dem russischen Wort Gorod, und das heißt Stadt“, wurde ich dann grinsend belehrt.
Schließlich war ich durch und hatte bestanden!
Die Einstellung sollte zum zweiten Oktober 1978 erfolgen, weil der erste auf einem Sonntag fiel. Bis dahin beendete ich noch das Schuljahr und wäre auch versetzt worden, aber das war mir ja jetzt egal.
Ich war im Sommer 1978 mit Anne befreundet. Anne und ich waren nun schon fast ein viertel Jahr zusammen. Mir kam das unglaublich lange vor, davor hielten die Freundschaften mit Mädels maximal ein paar Tage. Wir trafen uns fast täglich. Sie war 16 Jahre alt, blond, hatte ein hübsches Sommersprossengesicht und eine aufregende Figur. Anne ging auch in meine Klasse. Die anderen Mädels hatten keine so gute Meinung von ihr, fanden sie etwas hochnäsig und eingebildet. Nachmittags setzte ich mich immer auf mein Fahrrad und fuhr die 12 Kilometer zu ihr. Stundenlanges Ewaldschen und Fummeln folgte.
Dann schliefen wir zum ersten Mal miteinander. Wir nutzten die Gunst der Stunde, als ihre Eltern verreist waren. Ihr erstes Mal war gut geplant. Die Pille nahm sie nicht, da ihr Vater, ein Heilpraktiker, etwas gegen diese „Chemie“ hatte. Also planten wir mit Vaginalzäpfchen und Kondomen. Anne meinte, beides zusammen erreiche die 99-prozentige Sicherheit der Pille.
Die folgenden Vorbereitungen dauerten länger als der eigentliche Akt. Danach war mir klar, dass ich das so nicht mehr wollte, es war mir deutlich zu unromantisch.
Nach Ende des Schuljahres nutze ich die freie Zeit, in einer Verpackungsfirma etwas Geld zu verdienen. Unser Nachbar hatte einen Heinkel-Roller in der Garage, den wollte ich ihm unbedingt abkaufen.