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Disko

Schön war es, dass wir im zweiten Ausbildungsjahr nachts kommen konnten, wann wir wollten. Überhaupt waren wir Volljährigen überhaupt nicht mehr zum Übernachten in der Kaserne verpflichtet. Jetzt hieß es, Mädels der Kleinstadt, wir kommen! Es gab noch zwei weitere Kasernen in der näheren Umgebung, beide von der Bundeswehr. Die Stadt war überfüllt von jungen, hormongefüllten Männern. Eine Diskothek hatte es uns allen angetan. Direkt am Marktplatz in einem historischen Gebäude gelegen. Schön verwinkelt und schummerig mit vielen kleinen Nischen. Wir Jungpolizisten mussten natürlich erst einmal den Anspruch auf die weibliche Stadtbevölkerung gegenüber den zahlenmäßig überlegenen Soldaten durchsetzen. Das klappte natürlich nicht immer, obwohl der schwule Gastwirt Fred eher auf Seiten der Polizisten war und nach kleinen Scharmützeln öfter die Soldaten vor die Tür setzte. Allmählich gewannen wir so die Oberhand in dem Laden. Bis auf den einen Freitag im Herbst. Der gesamte 2. Zug hatte sich zum Feiern in besagter Disko verabredet.

Ich war nicht direkt dabei, denn ich war verliebt. Mein von Sylt stammender, noch 17-jähriger Kollege hatte mir seine Freundin vorgestellt. Ein zartes, kleines Püppchen. In ihrer Begleitung war ihre Freundin Sabrina. Sabrina war die Wucht, hübsch, mit großen braunen Kulleraugen und blonden, langen Locken. Wir verstanden uns auf Anhieb, sie war sehr nett und anschmiegsam. Wir Ewaldschten und fummelten viel in der Zeit. Meine Freundin Anne, die ich noch daheim gehabt hatte, hatte mich am Wochenende zuvor telefonisch wissen lassen, dass sie keinen Bock mehr auf eine Wochenendbeziehung habe und deshalb nun Schluss machen werde. Sie sei jetzt außerdem mit Torben zusammen. Meine Trauer hielt sich in Grenzen. Ich wünschte beiden alles Gute.

Jedenfalls war ich aus besagtem Grund nicht in der Diskothek. Am nächsten Tag hatten einige Kollegen des 2. Zuges blaue Augen und blutige Nasen. Sie hatten von den Soldaten Prügel bezogen. In der Mittagspause stand der 2. Zug nun eng beieinander in der Kantine, die neben dem Speisesaal lag. Sie tuschelten miteinander und machten eindeutige Handbewegungen. Abends, so gegen 22 Uhr in der Stadt, ich saß mit Sabrina vor dem Stadtbrunnen und hielt Händchen, kamen die 25 Kollegen des zweiten Zuges in Marschordnung daher. Alle trugen ein weißes langärmeliges Sweatshirt und hatten die Polizei-Signalpfeife an einer Kette um den Hals hängen. Sie marschierten schnurstracks zur Diskothek. Ungefähr zehn Minuten später stolperten und rannten die ersten Soldaten aus der Diskothek und davon. Wir betrachteten das Schauspiel und mir war klar, dass die Kollegen Vergeltung für die gestrige Niederlage übten. Weitere zehn Minuten später, keiner flüchtete mehr, rasten drei Streifenwagen der örtlichen Polizei mit Blaulicht heran. Sechs Kollegen stürzten in den Club.

Am nächsten Morgen hatten wir Strafrechtsunterricht. Plötzlich: „Hundertschaft um 10 Uhr vollzählig vor dem Hauptgebäude antreten!“ schnarrte die Stimme vom Spieß aus dem Lautsprecher im Unterrichtsraum.

Das war in fünf Minuten, also nichts wie los. Alle waren pünktlich, der dritte Zug trug Sportanzüge.

„Meine Herren! Gestern ist es zu einem unerfreulichen Zwischenfall gekommen!“ schnarrte Atze, „Teile der Hundertschaft haben sich uniformiert und einen Überfall auf ein hiesiges Lokal gestartet. Sie wissen, dass es in öffentlichen Lokalen ein Uniformierungsverbot gibt!“

Ich konnte nicht fassen, was ich hörte. Uniform? Uniformiert? Sind die Tennisspieler, die gemeinsam in ihrer Tenniskleidung in ihrem Lokal speisen Straftäter, weil sie uniformiert in einer Gaststätte sind? schoss es mir durch den Kopf, der spinnt doch wieder.

„Die zuständige Staatsanwaltschaft wird prüfen, ob es deshalb zu einer Straftat gekommen ist, meine Herren! Sie wissen, dass sie dann mit ihrer Entlassung zu rechnen haben?“

Jetzt tischte Atze mal wieder dick auf.

„Von den örtlichen Kollegen konnten vor Ort nur die Personalien vor drei Kollegen des zweiten Zuges festgestellt werden. Ich weiß, dass es mehr waren. Ich gebe allen jetzt und hier die einmalige Chance, sich zu stellen! Die drei Kollegen habe ich schon suspendiert.“

Wir feixten. Nur drei Kollegen von 25, herrlich!

Die Jungs vom 2. Zug taten das einzig Richtige. Geschlossen traten 25 Mann vor. Atze war sprachlos.

„Was? Alle?“ stieß er hervor und dann:

„Hundertschaft wegtreten!“

Wir haben von dem Vorfall nie wieder etwas gehört. Auf jeden Fall war unser Club für die nächste Zeit frei von Soldaten, die uns die einheimischen Mädels streitig machen konnten.

Aufzucht- und Haltungsanleitung für Jungbullen

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