Читать книгу Aufzucht- und Haltungsanleitung für Jungbullen - Max Busch - Страница 15
ОглавлениеBart
Ich verfluchte meinen Bartwuchs. Morgens, 6 Uhr: Rasieren. Nachmittags 14 Uhr:
„Herr Busch, wie sehen Sie aus? Wegtreten zum Rasieren!“
Allmählich litt ich unter Hautirritationen. Es musste etwas geschehen. Ich beschloss, den Sommerurlaub zu nutzen, und ließ meinen Bart wachsen. Ich hatte mir nur nicht vorgestellt, was diese Entscheidung für Probleme mit sich bringen würde. Kaum einen Tag im Dienst kam der Zugtruppführer PHM Klein zu mir:
„Herr Busch, das geht so nicht. Der Bart muss ab.“
Ich schilderte ihm den Grund der üppigen Gesichtsbehaarung.
„Na ja gut, ich weiß ja nicht, ob das so durchgeht“, meinte er schließlich.
Und was soll ich sagen? Einer musste ja wieder sinnlose Anordnungen ausstoßen:
„Ich ordne an, dass Sie sich sofort rasieren! Sie sind mit Bart nicht dienstfähig!“ bellte Atze bei einer Außenübung.
„Nein, das werde ich nicht! Es gibt keine Dienstvorschrift, in der geregelt ist, dass ich keinen Bart tragen darf, Herr Dunkel. Warum sollte ich nicht dienstfähig sein?“ entgegnete ich provozierend entspannt.
„Sie sind nicht dienstfähig, weil die Gasmaske bei einem möglichen Einsatz nicht richtig abdichten kann! Und Sie haben meine Anordnung auszuführen!“
Allmählich lief Atze wieder rot an.
„Herr Dunkel, Sie können nichts anordnen, was nicht irgendwo festgeschrieben ist. Und Barttragen ist definitiv nirgendwo festgeschrieben. Wenn sie der Meinung sind, die Maske dichtet nicht, werden wir das ja auf einer unserer Gasmaskenübungen feststellen. Wir können die Angelegenheit auch gern bei dem Abteilungsleiter klären.“
Wortlos ließ er mich stehen und stapfte davon.
Und sie kam, die Gasmaskenübung. In einem alten Gebäude war ein gasdichter Raum eingerichtet worden. In dem Raum, von außen durch eine große Glasscheibe gut einsehbar, waren Holzbänke und ein aus Holz bestehendes Tunnelsystem verbaut. Immer zu acht wurden wir in den Raum geschickt. „Gasmaske aufsetzen!“ kam der erste Befehl über Lautsprecher. Wir setzten die Masken auf und zogen sie fest. „Filter einsetzen!“ kam die nächste Anordnung. Jeder schraubte nun den Filter in die Maske. Jimmy fing plötzlich an, wild mit den Händen zu rudern. Dann riss er sich die Maske vom Gesicht.
„Ich krieg keine Luft“, schrie er.
Wir mussten alle lachen, hatte Jimmy doch vergessen, den unteren Schutzdeckel vom Filter zu entfernen. Als alle ihre Maske wieder trugen, tönte es aus dem Lautsprecher:
„Gas kommt!“
Durch eine Klappe warf der Ausbilder eine Tränengaspatrone in den Raum. Das CS-Gas breitete sich schnell aus und füllte den Raum. Wie dicker Nebel. Jeder zog die Halteriemen der Maske noch etwas nach. „Filter mit dem Gegenüber tauschen!“ schallte es aus dem Lautsprecher. Also hielten wir die Luft an und drehten die Filter heraus. Mir stand ausgerechnet Jimmy gegenüber, der den Filter immer in die falsche Richtung loszuschrauben versuchte. Schließlich ging mir fast die Luft aus, hatte ich meinen Filter doch schon abgeschraubt. Ich drehte ihm den Filter los. Das ging gerade noch einmal gut, ich konnte endlich wieder atmen. Jeder durfte dann noch durch den verwinkelten Tunnel kriechen. Nach ungefähr zehn Minuten vermeldete der Lautsprecher:
„Alle in die Schleuse treten, bis auf Oberwachtmeister Busch!“
Also ich mal wieder. Ich blickte durch die Scheibe und sah Atze, der zu der Übung hinzugekommen war. Er diskutierte mit dem Spieß. „So Herr Busch, für Sie jetzt der Auftrag, drei Mal durch den Tunnel zu kriechen!“ ließ er mich dann wissen. Ich kroch drei Mal durch den Tunnel. Atze glotzte durchs Fenster und versuchte, mich in dem Nebel zu sehen. Inzwischen waren die anderen aus der Schleuse gekommen und klopften sich draußen die Kleidung ab, um Gasreste zu entfernen. Dabei standen sie recht dicht bei Atze vor der Scheibe. Fluchtartig verließ dieser plötzlich den Ort. Vermutlich hatte er doch noch Reste vom Gas aus den Klamotten abbekommen. Schließlich durfte auch ich die Gaskammer verlassen.
Der Bart blieb dran.