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b) Mehrheitsentscheidung und Minderheitenschutz

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Darüber hinaus könnte durch die Verschiebung der Bundestagswahlen der Minderheitenschutz als Ausdruck der demokratischen Grundordnung verletzt sein. Die Entscheidungsgewalt in der Demokratie ist am Mehrheitsprinzip ausgerichtet. Der Volkswille äußert sich zunächst als Wille der Mehrheit. Das heißt aber nur, dass die Entscheidung nach der Mehrheit erfolgt, nicht, dass die Mehrheit immer Recht hat. Das Grundgesetz sieht für verschiedene Entscheidungen unterschiedliche Mehrheiten vor. Kontrastierend seien hier die Anwesenheitsmehrheit, die Abstimmungsmehrheit (relative Mehrheit) und die Mitgliedermehrheit (qualifizierte Mehrheit) genannt. Welche Mehrheit erforderlich ist, kommt in der jeweiligen Norm des Grundgesetzes zum Ausdruck. Wenn aber die Entscheidungen der Mehrheit überlassen werden, dann ist im Gegenzug die Minderheit zu schützen. Minderheitenschutz drückt sich auch in den Mehrheiten, wie z.B. der qualifizierten Mehrheit für Verfassungsänderungen, aus. Besonders deutlich wird die Funktion der demokratischen Minderheitenrechte anhand der Rechte der parlamentarischen Minderheit – Gesetzesinitiative, Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, große und kleine Anfragen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Opposition ihren Standpunkt in den Willensbildungsprozess des Parlaments einbringen und Alternativen präsentieren kann.[54] Als Faustformel gilt: Die Minderheit muss die Möglichkeit haben, Mehrheit zu werden. Daher sind dem Mehrheitsprinzip immanente Grenzen gesetzt, etwa durch die zeitlich begrenzte Herrschaft in Form von Legislaturperioden, das Mehrparteiensystem, die Gründungsfreiheit der Parteien und die Chancengleichheit in den Medien. Auf den Fall bezogen würde dieser Minderheitenschutz der Opposition bzw. der kleinen Parteien unterlaufen werden. Durch die Verschiebung der Bundestagswahl besteht vorerst keine Möglichkeit für die Opposition, Mehrheit zu werden. Dabei wird die demokratische Zielsetzung eines offenen politischen Entscheidungsprozesses konterkariert.

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Folglich ist die Verschiebung der Bundestagswahlen unzulässig, da in mehrfacher Hinsicht ein Verstoß gegen das Demokratieprinzip vorliegt. Die Repräsentation und der Minderheitenschutz würden ausgehebelt. Die Neuregelung ist in materieller Hinsicht verfassungswidrig.

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