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9.

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„Fröhliche Witwe.“, meinte ich.

„Witwe? Du meinst...?“ Vielleicht war da nicht nur Bestürzung in Phillips Stimme.

„Hier entlang.“ Die Matuschek ging voraus. Am Ende des Korridors führte eine Glastür hinaus in den umwerfenden Garten. Die Frau Ministerialrat ging aber nach rechts, dann wieder links, und schließlich standen wir vor einer roten Tür in einer weiß getünchten Ziegelmauer.

„Um eine Idee zu bekommen, was für ein Objekt den Conte Kosi interessieren könnte, dachte ich mir, es wäre gut, sich die Sammlung einmal anzusehen. Und natürlich bin ich neugierig.“ Matuschek gab einen Code in die Tastatur neben der Tür ein, worauf das Schloss weich klickte und die Tür sich öffnete. Wir betraten eine sicher zehn Meter hohe Halle mit Ziegelwänden, die zum Teil weiß gekalkt waren. Riesige Fenster, eine Metallkonstruktion als Dach. Das Ambiente war hier nicht mehr toskanisches Landhaus sondern modernes Museum in renoviertem Industriebau, nüchtern und elegant. Die Luft wirkte gefiltert. Wir konnten noch nicht die gesamte Halle übersehen, da wir uns in einem Eingangs- und Garderobenbereich befanden, der vom Rest der Halle abgetrennt war.

„Hier macht der Conte seine Vernissagen, natürlich nur für ausgewähltes Publikum, zahlungskräftige Käufer. Das hier war ursprünglich einmal eine Textilfabrik.“

Wir gingen ums Eck. Es gab hier Skulpturen und Bilder und Teile von Installationen. Bei letzteren war ich mir aber nicht so sicher, kann sein, dass auch nur die Putzfrau vergessen hatte, ihre Sachen wegzuräumen. Die Kunstwerke standen wild durcheinander. Manche der Bilder lehnten an der Wand, Skulpturen waren zum Teil in Karton verpackt. Ich bin kein Kunstkenner, aber manches kam mir bekannt vor: zwei Giacometti Figuren standen im Eck, ein Arnulf Rainer auf einer Staffelei, ein Nitsch-Schüttbild an einer Wand. Insgesamt mussten hier Millionen herumstehen.

„Das ist es nicht, was uns interessiert.“ Die Frau Ministerialrat ging eine Schlangenlinie durch die erlesenen Exponate, die sie auf kürzestem Wege zum rückwärtigen Teil der Halle führte. Wir bogen um eine Zwischenwand.

Hier, in einer Ecke befand sich ein Garten. Verwildert, mit Kies und ein paar Rosenbüschen. Aber kunstvoll, scheinbar genau geplant, wie ein Zen-Garten. Ein alter verkrüppelter Baum, ein Bonsai wie aus einer japanischen Tuschezeichnung, schmiegte sich an eine Mauer. An dieser Mauer fand das freundliche mediterrane Ambiente des Grundstücks ein jähes Ende. Wie aus der Unterwelt aufgefahren, stand mitten in dem Gärtchen ein schwarzer Kubus. Das ganze Ensemble mit dem Gärtchen, dem Baum und dem Kubus wirkte unwirklich, wie eine Traumszene. Eine Szene aus einem Albtraum. Fast vermeinte ich zu sehen, wie sich über dem Kubus ein bleicher Mond hinter einer unheilvollen Wolke verbarg. Aber natürlich konnte das nicht sein, wir waren immer noch in der Ausstellungshalle.

Der Kubus hatte eine Seitenlänge von vielleicht sieben Metern. Er war aus rohen, speckigen Steinblöcken gemauert, die alt, feucht und verwittert aussahen. Aber nur aus der Entfernung. Wenn man genauer hinsah, erkannte man eine glatt polierte, schimmernde Oberfläche, plötzlich waren gar keine einzelnen Blöcke sichtbar. Die ganze Struktur schien aus einem Stück zu sein. Ein Monolith. Was zunächst wie Moos auf und zwischen den Steinen wirkte, waren aus der Nähe schimmernde Farbvariationen auf dem vollkommen glatten Stein. Trat man wieder zurück, wirkte die Mauer wieder alt und bröckelig. Ein Vexierbild.

Was dem Kubus aber eine endgültig unheilvolle Atmosphäre verlieh, war das Tor. In der Mitte der vorderen Wand des Kubus befand sich ein massives, mindestens fünf Meter hohes Tor. Seine Oberfläche wirkte wie dunkles Metall. In beide Flügel des Tores waren zyklopische Runen gehämmert, die fast unmerklich grünlich irisierten. Von diesem Monolithen und insbesondere dem Tor, ging eine unheilvolle, fast gewalttätige Aura aus. So, als ob hinter den Mauern eine dunkle Macht pulsierte, die von innen gegen den Stein presste und nur mit größter Mühe von dem gewaltigen Tor zurückgehalten werden konnte. Die Runen wirkten wie eine Warnung. Oder wie eine dunkle Bann-Formel. Die Umrisse des Tores wirkten seltsam unscharf, als würde das Licht durch unsichtbar schmale Spalten in den Raum dahinter gesogen werden.

„Hübsch!“, sagte ich fröstelnd.

„Der Graf hat manchmal auf Partys zu fortgeschrittener Stunde Andeutungen gemacht, er sei im Besitz eines Artefakts, das das Ende der Geschichte bedeuten könnte ...“, sagte Matuschek mit dramatischem Unterton.

Hinter ihr schien das Tor jetzt richtiggehend zu pulsieren, es lockte. Vielleicht spürte es uns. Ich weiß, ich rede Unsinn, aber ich sage nur, was ich mir in dem Moment dachte.

„Wo der Herr Graf das her hat, weiß man nicht. Ich glaube nicht, dass er das schon einmal jemandem gezeigt hat. Die Zeichen, die sie hier auf dem Tor sehen, gehören zu keiner bekannten Schrift. Das ist zumindest, was mir ein Dutzend Altertumsexperten und Schriftgelehrte auf der Uni sagen, denen ich schon einmal ein Foto geschickt habe. Zwei dieser Experten schienen ein wenig alarmiert. Ich bin hier erst seit ein paar Stunden am Werk, hoffentlich erfahren wir also noch mehr. Es ist auch schon kompetente Hilfe hier. Ich habe versucht, etwas von dieser Tür abzuschaben, für eine Altersbestimmung, aber da geht nichts ab.“

„Dürfen Sie denn das? Ich meine, das ist doch Eigentum des Conte ...“, fragte Phillip.

„Jaja. Glauben Sie, ich lasse mir das entgehen, wenn ich schon einmal die Möglichkeit habe, hier herumzuschnüffeln? Sehen Sie sich das Ding doch an!“ Die Matuschek ist selten um eine Antwort auf heikle Fragen verlegen.

„Der Stein sieht aus, als wäre er direkt aus der Hölle in Beelzebubs Schrebergärtchen aufgefahren.“ Phillips Beschreibung traf den Nagel wieder einmal auf den Kopf.

„Tja, wer weiß, vielleicht ist er das ja. Auf jedem Fall ist das ein eindeutiger Fall für ... das Wiener Denkmalamt ... in dessen Kuratorium ich das Vergnügen habe, zu sitzen.“, verkündete die Matuschek glücklich.

„So jetzt aber los! Ich hoffe, Herrn Kozolov ist es mittlerweile gelungen, dieses Tor zu öffnen. Aljoscha?“

Aljoscha, den wir im Laufe unseres letzten Falles kennengelernt hatten – technisches Genie, früher russische Weltraumforschung oder so - war mittlerweile Matuscheks wissenschaftlicher Chefberater geworden.

„Sie wollen doch nicht etwa da hinein?“, fragte ich ungläubig und mit einem Anflug von Panik in der Stimme.

„Warum denn nicht?“

„Weil - das das Ende der Geschichte bedeutet! Schon vergessen?“

„Papperlapapp! Sie werden doch nicht dieses Geschwätz glauben, das ist doch nur Propaganda! Betrunkenes Partygetratsche, Werbetrommel für seine geheimnisvolle Sammlung!“

„Aber das Tor, die Zeichen. Keine bekannte Sprache ... Hallo!“

„Mein Gott, das kann er selber gebastelt haben!“

„Aber sie haben nichts abkratzen können von dem Tor! Muss wohl sehr hart sein.“

„Ja, das ist tatsächlich etwas ...“ Matuschek bedachte das Tor mit einem misstrauischem Blick und tippte sich mit dem Zeigefinger an die Lippen. „Herr Kozolov, wo sind Sie denn?“, rief sie dann.

Wir hörten Schritte hinter uns und drehten uns um. Aljoscha kam eine Metalltreppe heruntergestiegen, die auf eine Balustrade führte. Dort oben war ein Raum mit großen Glasscheiben, der mir noch gar nicht aufgefallen war.

„Privjet!“, sagte Aljoscha. Phillip und ich begrüßten ihn herzlich. Die Frau Ministerialrat unterbrach uns barsch, wie es eben ihre Art ist. „Nun Herr Kozolov?“

„Leider noch nicht geschafft. Ist äußerst ausgeklügeltes System.“

„Was ist denn da oben?“, fragte Phillip. Statt Aljoscha antwortete Matuschek: „Das ist, wie es aussieht, das Kontrollzentrum dieser ganzen Anlage. Was können Sie denn von da oben berichten, Herr Aljoscha.“

„Wie sie sagen. Ist Kontrollzentrum.“

„Haben Sie irgendwelche Hinweise, was da drinnen sein könnte?“, fragte ich ihn.

„Eigentlich nicht.“

„Ich setze drei Bier auf: Höllenschlund ...“, brachte Phillip sich ein.

„Meine Herren, bleiben wir doch vernünftig!“

„Vernünftig? Ich könnte schwören, das Ding ruft mich!“

„Herr Ford, ein bisschen mehr Contenance! Ja schade, dass wir da jetzt nicht hineinkommen. Na da kann man nichts machen. Aljoscha, ich bin mir sicher, Sie kriegen das hin. Wir schauen uns dann eben noch kurz etwas anderes an. Da werden Sie Augen machen! Ach so, Herr Kozolov, was ist mit den Proben von dem Tor?“

Aljoschas Augen leuchteten auf. „Wirklich interessant - da geht tatsächlich nichts ab! Ist ungeheuer hart!“

„Wie ungeheuer?“, fragte ich.

„Härter als Diamant!“, verkündete Aljoscha glücklich.

„Das geht?“, fragte Phillip.

„Ja. Aber schwer.“

„Hm, äußerst seltsam! So, kommen Sie jetzt meine Herren. Herr Aljoscha, halten sie mich auf dem Laufenden!“ Die Matuschek wollte uns unbedingt noch etwas anderes zeigen. Mir war alles Recht, so lange ich diesen diabolischen Monolithen nicht mehr ansehen musste. Mir reicht schon die Geisterbahn! Was die Matuschek uns dann zeigte, war weniger furchterregend, aber auch ziemlich seltsam.

Monolith

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