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a) Totalverbot des Internet-Vertriebs

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Die stärkste Form der Online-Vertriebsbeschränkung ist eine vollständige Untersagung des Internet-Vertriebs. Ein solches Totalverbot ist – unabhängig von der Vertriebsform – grundsätzlich nicht zu rechtfertigen. In seiner Pierre Fabre-Entscheidung[441] hat der EuGH dies jedenfalls für den Selektivvertrieb unmissverständlich klargestellt.[442]

Totalverbot der Internet-Nutzung im Selektivvertrieb

Ein Totalverbot des Internet-Vertriebs ist regelmäßig als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung zu qualifizieren. Eine Tatbestandsrestriktion nach den „Metro“-Kriterien kommt nicht in Betracht, so dass ein entsprechendes Verbot in aller Regel den Tatbestand des Art 101 Abs. 1 AEUV erfüllt.[443]
Eine Freistellung nach Art. 2 Abs. 1 Vertikal-GVO ist nicht möglich: Ein rechtliches oder faktisches Totalverbot der Internetnutzung für den Verkauf von Vertragsprodukten ist eine Kernbeschränkung i.S.d. Art. 4 lit. c Vertikal-GVO (im Selektivvertrieb).[444]

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Auch außerhalb selektiver Vertriebssysteme kommt eine Freistellung nach der Vertikal-GVO grundsätzlich nicht in Betracht: Hier erfüllt ein Totalverbot regelmäßig den Tatbestand der Kernbeschränkung nach Art. 4 lit. b Vertikal-GVO (Kundengruppenbeschränkung, Beschränkung des passiven Vertriebs).[445] Dies lässt sich entweder damit begründen, dass die Gesamtheit der Kunden, die bereit und in der Lage sind, über das Internet einzukaufen, als Kundenkreis i.S.v. Art. 4 lit. b Vertikal-GVO qualifiziert, also eine Kundengruppenbeschränkung i.S.d. Art. 4 lit. b Vertikal-GVO annimmt.[446] Alternativ lässt sich der Internet-Vertrieb – mit der Kommission – als passiver Verkauf einstufen,[447] sodass auch eine unzulässige Kernbeschränkung i.S.d. Art. 4 lit. c Vertikal-GVO vorliegt.

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Auch eine Einzelfreistellung kommt mit Blick auf die Qualifizierung als Kernbeschränkung regelmäßig nicht in Betracht (s.o.). Als Ausnahme von diesem Grundsatz kann ein Totalverbot jedoch zulässig sein, wenn es sich mit Blick auf die Eigenschaften der fraglichen Produkte objektiv rechtfertigen lässt.[448] Eine solche Rechtfertigung kommt aber lediglich in sehr engen Grenzen in Betracht, wobei regelmäßig Gefahren für Gesundheit oder Sicherheit der Verbraucher erforderlich sein dürften.[449] Zu denken wäre insoweit an gefährliche Gegenstände (wie Waffen) oder (etwa hoch-toxische) Substanzen.[450]

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Auch in diesem Rahmen kommt eine objektive Rechtfertigung nur in Betracht, wenn ein Totalverbot für die in Rede stehenden Schutzgüter auch tatsächlich erforderlich ist. Die Aspekte Sicherheit oder Gesundheit dürfen vom Anbieter nicht als Vorwand verwendet werden, um Beschränkungen des Internet-Vertriebs zu legitimieren. Der insoweit von den Kartellbehörden angelegte, strenge Maßstab kommt etwa hinsichtlich des Online-Vertriebs von apotheken- oder verschreibungspflichtigen Arzneimitteln oder medizinischen Hilfsmitteln zum Ausdruck. Dabei zeigt sich, dass (vermeintlichen) Gesundheitsgefahren beim Online-Vertrieb vielfach schon durch regulatorische Vorgaben[451] Rechnung getragen wird.[452]

Beispiel:

In der Bußgeldentscheidung des BKartA gegen Ciba Vision[453], einem Tochterunternehmen von Novartis, das verschiedene Arten von Kontaktlinsen anbietet,[454] wurde die Rechtfertigung des Internet-Verbots mit Belangen des Gesundheitsschutzes zurückgewiesen.[455]

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