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Briten unterwegs Gebrauchsanweisung für die Tube
ОглавлениеDie meisten Touristen möchten ja lieber nicht als Touristen erkannt werden, sondern sich unauffällig unters Volk mischen. Damit das in der Londoner U-Bahn problemlos gelingt, habt ihr glücklicherweise mich. Hier ein Dutzend handlicher Verhaltensregeln für Möchtegern-Londoner:
Regel Nr. 1
Die Tube meiden, wann immer es geht. Besorgt euch einen Stadtplan und geht entweder zu Fuß oder nehmt einen Bus. Oft seid ihr so schneller. Wenn ihr beispielsweise auf der Northern Line in die Innenstadt fahren und zu „Covent Garden“ wollen, dann solltet ihr an „Leicester Square“ aussteigen und laufen. Das geht wesentlich schneller als an Leicester Square das Gleis zu wechseln und auf die Piccadilly Line nach „Covent Garden“ umzusteigen. Wer mit der U-Bahn von „Tower Hill“ nach „Bank“ fahren will braucht mindestens eine halbe Stunde. Zu Fuß schafft man das in 15 Minuten. Lasst euch nicht von der Tube Map täuschen: Was darauf aussieht, als sei es kilometerweit entfernt mag gleich um die Ecke liegen (und umgekehrt).
Busstrecken sind leider etwas schwieriger auszubaldowern, aber Londoner geben gern Auskunft. Am besten fragt ihr die, die sowieso an der Bushaltestelle herumstehen und nicht die, die den Bürgersteig entlang hasten. Zu Fuß oder mit dem Bus sieht man was und mag sogar auf so manche Überraschung stoßen.
Denkt daran, dass laut Faustregel beinahe jede Reise, sofern sie mehr als drei Stationen umfasst, ungefähr eine Stunde dauert. Wenn ihr pünktlich irgendwo sein müsst, plant reichlich Zeit ein.
Regel Nr. 2
Besorgt euch eine „Oyster Card”, mit der U-Bahn und Busfahrten nur halb so viel kosten wie mit den alten Papiertickets (die es auch noch gibt – für ahnungslose Touristen). Man lädt Oyster Cards mit Geld und berührt beim Betreten und Verlassen des Bahnhofs eine an den Sperren angebrachte gelbe Fläche, wobei der korrekte Betrag abgebucht wird. Macht man so viele Fahrten, dass man den Preis einer Tageskarte erreicht, wird nicht mehr weiter abgebucht. Zum Geld laden gibt es in jedem Bahnhof Automaten, aber man kann es auch am Schalter machen oder in vielen Corner Shops.
Regel Nr. 3
Wenn ihr eure Oyster Card am Automaten ladet, seid nicht überrascht, wenn ihr zum Bezahlen aufgefordert werdet. Der Automat will tatsächlich Geld! Kramt deshalb euer Portemonnaie schon einmal hervor, während ihr noch in der Schlange wartet. Nichts regt eilige Londoner mehr auf als jemand, der erst an diesem Punkt anfängt, nach seinem Geld zu suchen. (Obwohl … doch, ich glaube, es gibt noch mehr, was eilige Londoner aufregt …, siehe zum Beispiel Regeln Nr. 4 und 5.)
Regel Nr. 4
Steht auf den Rolltreppen nur rechts. Links wird freigehalten für Eilige, die lieber die Rolltreppe hinauf oder hinunter rennen.
Regel Nr. 5
Bleibt nicht am Fuß einer Rolltreppe stehen, um euch zu orientieren! Entfernt euch zunächst ein paar Schritte vom Ende der Rolltreppe, wenn ihr nicht von jedem angerempelt werden wollt, den die Rolltreppe hinter euch in eure Hacken transportiert. Man sollte meinen, das sage einem der gesunde Menschenverstand, aber ich kann euch versichern: Den hat nicht jeder!
Regel Nr. 6
Beim Ein- und Aussteigen wird nicht gedrängelt. Wenn die Bahn hält, tritt man zur Seite und lässt Aussteiger erst einmal aussteigen. Das hat den Vorteil, dass dann auch in der Bahn mehr Platz ist, wenn man selbst einsteigen will. Da das alles wirklich wunderbar funktioniert ist Drängeln auch beim Aussteigen nicht nötig. Egal, wie voll die Bahn ist, man kommt immer zivilisiert wieder heraus. Also, keine Panik!
Regel Nr. 7
Knubbelt euch in der Bahn nicht alle an den Türen herum, während die Gänge leer sind. Eure Chancen auf einen Sitzplatz sind im Gang auch wesentlich höher. Wenn jemand aufsteht und ihr noch in dem Raum bei den Türen steht, schafft ihr das nie. Die besten Chancen hat man an „Bank“, „Tottenham Court Road“, „Liverpool Street“, „Leicester Square“, „Victoria“ und „Holborn“. Da steigen immer viele aus. Im Gang hat man auch mehr Luft zum Atmen.
Regel Nr. 8
Wenn ihr etwas zu essen dabei habt, ignoriert die Schilder, auf denen steht, dass man aus Rücksicht auf Mitreisende keine aromatischen Lebensmittel verzehren soll. Haut rein! Am besten Fleisch mit Zwiebeln und Knoblauch. Wenn ihr euer Kebab nicht ganz schafft, legt den Rest einfach vor eurem Sitz auf dem Fußboden ab. Falls ihr Kaffee, Tee oder Cola habt, stellt auch die auf den Boden, bevor ihr aussteigt. Die beim nächsten Bremsen auslaufenden Reste sorgen für den für die Londoner U-Bahn so charakteristischen Klebeboden. Ihr habt so zur generellen U-Bahn-Atmosphäre beigetragen.
Regel Nr. 9
Falls der Sitz gegenüber frei sein sollte, legt eure Füße darauf ab (lasst aber unbedingt die Schuhe an, legt keine Zeitung unter) und ignoriert auch die Schilder, auf denen darum gebeten wird, das nicht zu tun. Es wird niemand meckern, und ihr habt es schön gemütlich.
Regel Nr. 10
Stellt keinen Blickkontakt zu Reisenden her, die ihr nicht kennt. Während es in Fernreisezügen üblich ist, ein Gespräch mit Mitreisenden anzufangen, wird dies im Londoner Personennahverkehr tunlichst vermieden. Beim ignorieren der anderen Passagiere hilft die morgens kostenlos erhältliche Zeitung „Metro“, abends der „Evening Standard“. Verbergt euer Gesicht am besten ganz dahinter. Das ist auch sehr hilfreich für Regel 11.
Regel Nr. 11
Statistisch gesehen wird bei jeder 10. U-Bahn-Fahrt ein schräger Typ oder Besoffener (oder ein besoffener schräger Typ) in eurem Wagen mitreisen. Egal, auf welche Weise sich dessen Schräg- oder Besoffenheit äußert: Ignorieren. Man glotzt nicht, man sagt nichts. Londoner sind schließlich tolerant. Außerdem ist derjenige mitunter auch nicht gefährlich, sondern nur exzentrisch. Blickkontakt bedeutet, dass der Typ ein Gespräch mit euch anfangen wird und, glaubt mir, das sollte man besser umgehen.
Regel Nr. 12
Seht beim Aussteigen zu, dass ihr eure Siebensachen mitnehmt (außer dem halb gegessenen Kebab und dem Cola-Becher natürlich). Ein vergessener Rucksack oder auch nur eine Plastiktüte mit Einkäufen wird die ganze Linie stilllegen. Das kann euch eigentlich egal sein, da ihr ja ausgestiegen seid, mag euch aber am Ende doch noch einholen, wenn ihr merkt, dass ihr eine Haltestelle zu früh ausgestiegen seid.