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5.Die formellen Vorschriften der Bauordnung
ОглавлениеDie formellen oder auch Verfahrensvorschriften finden sich in § 58 ff. HBauO. Anders als die materiell rechtlichen Vorschriften der §§ 1 bis 57 HBauO, die die inhaltlichen Anforderungen an bauliche Anlagen festschreiben, regeln die §§ 58 ff. HBauO die bei Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung oder Beseitigung von Anlagen geltenden verfahrensrechtlichen Anforderungen, aber auch bauaufsichtliche Maßnahmen, z. B. zur Herstellung ordnungsgemäßer Zustände, die Bauüberwachung, Baulasten, aber auch Ordnungswidrigkeiten und die Rechtsgrundlagen zum Erlass von Rechtsverordnungen.
In § 58 HBauO werden in einer Generalklausel die Aufgaben und Befugnisse der Bauaufsichtsbehörden geregelt. Soweit die HBauO keine Verfahrensregelungen trifft, ist das Hamburgische Verwaltungsverfahrensgesetz (HmbVwVfG) vom 9.11.1977 (GVBI. S. 333) – Loseblattausgabe HmbGes. OrdNr. 2010-1 – ergänzend heranzuziehen.
§ 58 Abs. 1 HBauO ist die verfahrensrechtliche Grundbestimmung für das Handeln der Bauaufsichtsbehörden und damit das formelle Gegenstück zur materiellen Generalklausel des § 3 HBauO. Aufgabe der Bauaufsicht ist es, „bei der Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und Beseitigung, bei der Nutzung und Instandhaltung von Anlagen und bei der Teilung von Grundstücken darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden“. Hinsichtlich dieser umfassenden Überwachungsaufgabe ist zu unterscheiden zwischen der präventiven und der repressiven Tätigkeit der Bauaufsicht. Als präventive Tätigkeit wird die vorsorgende Überwachung, in der Regel durch das Erfordernis einer Baugenehmigung, verstanden; die repressive Überwachung erfasst die nachwirkende Aufsicht der Bauaufsicht nach Durchführung baurechtlich relevanter Maßnahmen.
Im Grundsatz erfordern Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und Beseitigung von Anlagen eine Baugenehmigung (§ 59 Abs. 1 HBauO). Insoweit ist zu unterscheiden:
Mit der Benennung von verfahrensfreien Vorhaben verzichtet der Gesetzgeber auf eine präventive Überwachung (§ 60 HBauO in Verbindung mit Anlage 2 zu § 60). Verzichtet wird jedoch nur auf das Erfordernis einer Genehmigung. Inhaltliche Anforderungen, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften an diese Vorhaben gestellt werden, sind zu beachten. Zulassungsentscheidungen nach anderen als bauordnungsrechtlichen Vorschriften sind einzuholen. Repressive Maßnahmen der Bauaufsicht bei Verstößen gegen materielle rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.
Soweit ein Genehmigungsverfahren erforderlich bleibt, ist zu unterscheiden zwischen dem vereinfachten Genehmigungsverfahren und dem Genehmigungsverfahren mit Konzentrationswirkung.
Das vereinfachte Genehmigungsverfahren (§ 61 HBauO) gilt im Grundsatz für Wohngebäude bis zur Hochhausgrenze einschließlich der zugehörigen Nebenanlagen und Nebengebäude. Genehmigt werden in diesem Verfahren auch überwiegend zu Wohnzwecken dienende Gebäude mit Räumen bis zu jeweils 200 m² für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und Gewerbetreibender und sonstigen Nutzungseinheiten bis insgesamt 400 m2 Geschossfläche. Diesem Verfahren unterliegen weiterhin sonstige Gebäude der Gebäudeklassen 1 und 2 und die Beseitigung baulicher Anlagen. Sonderbauten können dagegen nicht im vereinfachten Genehmigungsverfahren genehmigt werden.
Im vereinfachten Genehmigungsverfahren prüft die Bauaufsicht nicht vollumfänglich die Einhaltung aller öffentlich-rechtlichen Anforderungen an ein Gebäude, sondern lediglich einen enumerativ in der Bauordnung vorgeschriebenen Katalog einzelner Anforderungen (vgl. §§ 61 Abs. 2 und § 68 Abs. 2 HBauO). Danach war zunächst nur die Prüfung der Einhaltung städtebaulicher Anforderungen, der Abstandsflächen und beantragter Abweichungen im Sinne von § 69 HBauO sowie der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung vorgesehen. Seit dem Jahre 2009 werden für Gebäude oberhalb gewisser Schwellen auch die bautechnischen Nachweise zur Standsicherheit, zum Wärmeschutz, zur Energieeinsparung und zum Brandschutz einschließlich der Anforderungen an Rettungswege im vereinfachten Genehmigungsverfahren bauaufsichtlich geprüft (§ 68 Abs. 2 HBauO). Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung der Hamburgischen Bauordnung, das am 1. April 2012 in Kraft getreten ist, wurde das bauaufsichtliche Prüfprogramm auf Grund der Ergebnisse der Evaluierung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens um die Prüfthemen der Einhaltung der Anforderungen aus § 10 HBauO betr. Kinderspielflächen, des § 16 HBauO im Hinblick auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten, des barrierefreien Bauens aus § 52 HBauO und der Anforderungen des § 22 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bei Gebäuden mit gewerblicher Nutzung und mit Tiefgaragen ergänzt. Das vereinfachte Genehmigungsverfahren ist durch strenge Fristen und eine Genehmigungsfiktion gekennzeichnet (vgl. § 61 Abs. 3 HBauO). Sofern die Baugenehmigung nicht innerhalb von zwei Monaten, in einfachen Fällen innerhalb von einem Monat, beschieden wird, gilt sie als erteilt (fiktive Baugenehmigung).
Mit der Bauordnung von 2005 wurde das Baugenehmigungsverfahren mit Konzentrationswirkung (§ 62 HBauO) neu eingeführt. Diesem Genehmigungsverfahren unterliegen zwingend alle Vorhaben, die nicht nach § 60 HBauO verfahrensfrei sind und nicht dem vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 61 HBauO unterliegen; andere Vorhaben werden dann in einem Baugenehmigungsverfahren mit Konzentrationswirkung nach § 62 HBauO geprüft, wenn Bauherren dies in Ausübung ihres in § 59 Abs. 3 HBauO geregelten Wahlrechts wünschen. Nach § 62 HBauO prüft die Bauaufsicht alle öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die durch das Vorhaben berührt werden; sofern die weiteren berührten Vorschriften (z. B. Denkmalschutzgesetz oder Baumschutzverordnung) eine eigenständige Genehmigung, Erlaubnis oder ähnliches verlangen, werden diese durch die Baugenehmigung mit Konzentrationswirkung ersetzt. Die Prüfung erstreckt sich allerdings nur auf die Zulässigkeit des Vorhabens als solches. Eine Prüfung der Zulässigkeit von Maßnahmen, die ausschließlich die Bauausführung betreffen, findet nach § 62 Abs. 1 S. 2 HBauO nicht statt. Ausgenommen sind daher insbesondere Sondernutzungserlaubnisse für die Baustellenzufahrt, vorübergehende Grundwasserabsenkung und Einleitung in Gewässer oder öffentliche Abwasseranlagen, Aushub der Baugrube und Zwischenlagerung des Bodens, Sondernutzungen im Bereich des Baugrubenverbaus im öffentlichen Grund (Einbringen von Trägern und Erdankern sowie Schlitz- oder Spundwände) und Baustelleneinrichtung auf dem Baugrundstück, auf Nachbargrundstücken und im Bereich des öffentlichen Grundes z. B. Bauschilder, Bauzäune, Lager- und Schutzhallen, Unterkünfte, Toiletten, Kräne, Gerüste, Reifenwaschanlagen, Container, Baustellenzufahrten während der Bauzeit. Ausgenommen vom Prüfungsumfang ist außerdem die Prüfung der Erfüllung der Anforderungen an Grundstücksentwässerungsanlagen nach § 13 Absatz 1 HmbAbwG. Die gesamte Verfahrensherrschaft liegt bei der Bauaufsicht. Diese holt Stellungnahmen der für die anderen Rechtsbereiche zuständigen fachkompetenten Stellen ein und erarbeitet nach Auswertung der eingegangenen Stellungnahmen die Baugenehmigung. Die (verwaltungsintern wirkende) Frist für die Stellungnahmen der anderen Behörden ist auf einen Monat nach Vorliegen aller vollständigen Unterlagen begrenzt. Für die Bearbeitung der Baugenehmigung gilt insgesamt eine Frist von 3 Monaten nach Vorliegen der vollständigen Unterlagen. Nach Ablauf der 3 Monate tritt aber keine Fiktionswirkung ein; eine fiktive Baugenehmigung kennt das Baugenehmigungsverfahren mit Konzentrationswirkung nicht.
Öffentliche Vorhaben bedürfen ebenfalls nur einer vereinfachten Genehmigung, nämlich der Zustimmung (§ 64 HBauO). Das Zustimmungsverfahren findet Anwendung bei Vorhaben des Bundes und der Länder; dazu gehören auch mittelbare Träger der Bundes- oder Landesverwaltung. Privilegiert sind alle Vorhaben, für die die Leitung der Entwurfsarbeiten und die Bauüberwachung bei einer Baudienststelle des Bundes oder der Länder liegen, auch wenn Träger des Vorhabens ein anderer öffentlicher Bauherr ist. In diesem Verfahren beschränkt sich die Prüfung der Bauaufsicht auf die Einhaltung der städtebaulichen Anforderungen, der bauordnungsrechtlichen Anforderungen mit Ausnahme der bautechnischen Nachweise sowie auf die Einhaltung anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften, soweit diese für das Vorhaben beachtlich sind und eine eigenständige Zulässigkeitsentscheidung nicht vorsehen (vgl. § 64 Abs. 3 HBauO).
Auf die Erteilung eines Vorbescheids (§ 63 HBauO) gewährt die Bauordnung einen Rechtsanspruch. Mit dem Vorbescheid beantwortet die Bauaufsicht mit Bindungswirkung für eine nachfolgende Baugenehmigung einzelne Fragen zu einem Vorhaben, im Regelfall zur Bebaubarkeit eines Grundstücks. Ein Vorbescheid gilt 2 Jahre, auch wenn es in der Zwischenzeit zu Rechtsänderungen (z. B. in der Bauleitplanung) kommt (§ 73 Abs. 2 HBauO). Die Frist kann bis zu einem Jahr verlängert werden.
An die Stelle der früheren Ausnahmen (§ 66 HBauO 1986) und Befreiungen (§ 67 HBauO 1986) trat mit der Bauordnung von 2005 die Abweichung (§ 69 HBauO). Sie kann erteilt werden, wenn der Zweck der Vorschrift, von der abgewichen werden soll, auf andere Weise sichergestellt wird, oder wenn Gründe des Allgemeinwohls die Abweichung erfordern. Abweichungen sind mit Begründung gesondert zu beantragen.
Zwingende Bauzustandsbesichtigungen oder Schlussabnahmen sind nicht mehr vorgesehen. Stattdessen kann die Bauaufsicht verlangen, dass zur rechtzeitigen Ermöglichung solcher Maßnahmen Beginn und Beendigung bestimmter Bauarbeiten angezeigt werden (§ 77 HBauO); die beabsichtigte Aufnahme der Nutzung ist mindestens 2 Wochen vorher der Bauaufsicht anzuzeigen. Nach Ermessen kann sie die Bauausführung und Beseitigung überwachen (§ 78 HBauO).
Die Generalklausel für die repressive Überwachung findet sich in § 58 Abs. 1 HBauO. Danach kann die Bauaufsicht all diejenigen Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen treffen, die notwendig sind, um eine Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften sicherzustellen. Nur einzelne der danach möglichen Maßnahmen regelt das Gesetz ausdrücklich, so z. B. die Baueinstellung (§ 75 HBauO), die Nutzungsuntersagung und das Beseitigungsgebot (§ 76 Abs. 1 HBauO), die Befugnis, unter bestimmten Umständen auch bei bestandsgeschützten Gebäuden eine Anpassung an das geltende Recht zu verlangen (§ 76 Abs. 3 HBauO) und das Eingreifen nach der rechtswidrigen Teilung bebauter Grundstücke (§ 76 Abs. 4 HBauO).
Unter der in § 67 HBauO geregelten Bauvorlageberechtigung ist die ausschließliche Befugnis der im Gesetz genannten Berufsgruppen zu verstehen, Bauvorlagen für das nicht verfahrensfreie Errichten und Ändern von Gebäuden anzufertigen und zu unterschreiben. Diese Befugnis ist Architekten und den als bauvorlageberechtigt eingetragenen Ingenieuren gleichermaßen sachlich uneingeschränkt zuerkannt (§ 67 Abs. 2 HBauO). Eine eingeschränkte Bauvorlageberechtigung haben bestimmte Meister des Bauhandwerks, staatlich geprüfte Bautechniker sowie Hochschulabsolventen der einschlägigen Fachrichtungen, die (noch) nicht in die Liste der Architekten oder bauvorlageberechtigten Ingenieure eingetragen sind; die Bauvorlageberechtigung ist beschränkt auf Wohngebäude der Gebäudeklassen 1 und 2 (§ 67 Abs. 3 HBauO). § 67 Abs. 4 und 5 HBauO begründen eine im Hinblick auf die jeweilige Fachkompetenz eingeschränkte Bauvorlageberechtigung zugunsten von Innenarchitekten beim Umbau oder Ausbau von Gebäuden und zugunsten von Landschaftsarchitekten im Hinblick auf Freianlagen.