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1.5. Das antike Verständnis von Oikonomik (Ende 4. Jh. v. Chr.)
ОглавлениеLiteratur: Zoepffel 2006; Audring/Brodersen 2008.
Unter dem Namen des Aristoteles sind drei Bücher mit dem Titel Oikonomiká überliefert, die gegen Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr. entstanden sind. Das erste Buch bestimmt die Oikonomik im Sinne einer Haushaltsführung nach ihren verschiedenen Aufgabenbereichen. Sie ist demnach nicht „Wirtschaft“ sondern „Verwaltung“; es geht um die praktische Organisation und Leitung des privaten oīkos.
Quelle: [Aristot.] oec. 1,1–2 (Übersetzung G. Audring/K. Brodersen)
(1) Die Haushaltsführung (oikonomikē) und die Staatsführung (politikē) unterscheiden sich nicht nur so wie Haus und Staat voneinander – denn dies sind für sie die Grundlagen –, sondern auch darin, dass die Staatsführung aus dem Wirken vieler Herrscher hervorgeht, die Haushaltsführung aber eine Alleinherrschaft ist. […] (2) Ein Staat aber ist eine Menge von Häusern, Land und Besitztümern, die sich selbst genügt zu einem gelungenen Leben. Das ist offenkundig; wenn man nämlich nicht fähig ist, dies zu erreichen, löst sich auch die Gemeinschaft auf. Auch deswegen vereinigt man sich. Weshalb ein jedes ist und geworden ist, das macht auch sein Wesen aus; daher ist klar, dass die Haushaltsführung in ihrer Entstehung früher ist als die Staatsführung. Auch für ihre Aufgabe gilt dies, denn das Haus ist ein Teil des Staats. Untersucht werden sollen nun die Haushaltsführung und das, was ihre Aufgabe ist.
Quelle: [Aristot.] oec. 1,6,1–8 (Übersetzung G. Audring/K. Brodersen)
(1) Es gibt vier Tätigkeitsformen (eíde toū oikonómou), die der Hauswirt beim Umgang mit dem Vermögen kennen muss. Er soll fähig sein, sowohl zu erwerben als auch zu bewahren, wenn nicht, nützt das Erwerben nichts; das heißt mit dem Sieb schöpfen und ist das sprichwörtliche Fass ohne Boden. Außerdem soll er das Vorhandene in Ordnung halten und zu gebrauchen verstehen, denn wegen dieser letztgenannten Tätigkeitsformen brauchen wir auch jene erstgenannten. (2) Es ist nötig, dass jeder Teil des Besitzes aufgegliedert wird und dass die einträglichen Teile mehr sind als die nicht einträglichen, und dass die Arbeiten so eingeteilt werden, dass die einzelnen nicht zugleich allen Gefahren bringen. Zum Bewahren ist es hilfreich, die persischen wie auch die lakonischen Verfahren anzuwenden. Auch die attische Haushaltsführung (oikonomía) ist nützlich. Man verkauft und kauft gleich wieder, und die Einrichtung eines Vorratsraums gibt es in kleineren Haushalten nicht. (3) Persische Art ist es, alles anzuordnen und alles selbst zu beaufsichtigen, […] denn niemand kümmert sich in gleicher Weise um fremde Angelegenheiten wie um die eigenen, so dass man soweit wie möglich in eigener Person Sorge tragen soll. […] (4) Beaufsichtigen soll das eine der Hausherr selbst, das andere die Gattin, so wie jedem von ihnen die Aufgaben der Haushaltsführung zugeteilt sind. Auch soll dies in kleinen Haushalten nur selten getan werden, in den von Verwaltern geführten aber oft. Denn es ist nicht möglich, etwas gut nachzuahmen, wenn es niemand gut zeigt, weder in den anderen Dingen noch beim Verwaltereinsatz, so dass es auch unmöglich ist, dass unter sorglosen Herren die Verwalter sorgsam sind. (5) Weil dies sowohl schön ist für die Tüchtigkeit als auch nützlich für die Haushaltsführung, sollen die Herren früher als die Sklaven aufstehen und später schlafengehen, und zu keiner Zeit darf das Haus unbewacht sein, wie eine Stadt; was getan werden muss, darf man weder nachts noch am Tage versäumen. […] (6) In den kleinen Besitzungen nun ist die attische Art der Verfügung über die Erträge nützlich. In den großen aber, in denen der Aufwand sowohl für das Jahr als auch für den Monat eingeteilt wird, verfährt man ebenso auch beim Gebrauch der Gerätschaften, der täglich und der selten benutzten, diese sollen den Verwaltern übergeben werden. Überdies soll man auch eine Überprüfung dieser Dinge in gewissen Zeitabständen abhalten, damit das Aufbewahrte und das Fehlende nicht verborgen bleiben. […] (8) Es scheint auch in den großen Haushaltungen ein Türsklave, der unbrauchbar ist für die anderen Arbeiten, zum Schutz des Eingebrachten und des Herausgebrachten nützlich zu sein. Für die gute Benutzbarkeit der Gerätschaften empfiehlt sich die lakonische Art: Es soll nämlich ein jedes an seinem Platze liegen. Denn so braucht es, da es bereitliegt, nicht erst gesucht zu werden.