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Exkurs: Schwächen von Eigentumsbegriffen und -theorien

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Die Frage nach dem gemeinsamen konstitutiven Nenner der Vielfalt an Eigentumsgütern ist nicht nur ein passender darstellungsmethodischer (= argumentationsdidaktischer) Einstieg, sondern öffnet forschungsmethodisch genau den Zugang, der zum adäquaten Verständnis der allgemeinen Wesensart von Eigentum führt. Ein Großteil der unzähligen Aussagen (Theorien, Begriffe, Modelle) über das Eigentum allgemein basiert nämlich auf folgenden forschungsmethodischen Fehlleistungen:

 – Der Pars-pro-toto-Fehlschluss – ein zutreffendes Merkmal von Eigentumsbeziehungen wird zum alleinigen konstitutiven Merkmal von Eigentum erklärt. Als Ergebnis solcher Fehlschlüsse wurden fast alle Aspekte der Wesensart von Eigentum für die ganze Wesensart des Eigentums gehalten und als die Theorie des Eigentums verkündet. Beispiele: Theorie der Rechtsbündel, Property-Rights-Theorie, Exclusion-Theorie, Arbeitstheorie. Jeder dieser Theorieansätze beleuchtet aber nur einzelne Aspekte von Eigentumsbeziehungen.

 – Der induktive Fehlschluss – die charakteristischen Merkmale einer empirischen Art von Eigentumsgütern, z. B. das Privateigentum an stofflichen Gütern, werden zu den Wesensmerkmalen des Eigentums, also hypergeneralisierend zu den konstitutiven Merkmalen aller Arten von Eigentumsgütern erklärt.

 – Der exegetische Fehlschluss – die Analyse befasst sich nicht mit der empirischen Praxis von Eigentumsbeziehungen, sondern betreibt eine Exegese der Texte (Theorien, Begriffe), die andere Menschen über Eigentum verfasst haben.

 – Die fehlende Begriffsbestimmung – es wird über „das Eigentum“ geredet bzw. geschrieben, ohne explizit zu benennen, was damit gemeint ist.

 – Der hypostasierende Eigentumsbegriff – bei Erörterungen über das Eigentum (allgemein) hat der Autor in der Regel nur eine konkrete Existenzform von Eigentumsbeziehungen „vor Augen“.

Gründe für solche methodischen Fehlleistungen können sein:

 – die methodologische Unkenntnis und Unbedachtheit des Denkers/Autors,

 – die Prägung der kognitiven Optik des Denkers/Autors durch einen bestimmten sozioökonomischen/-kulturellen Kontext (z. B. Lockes Arbeitstheorie),

 – die selektive Optik (Begriffe, Fragestellungen, Erkenntnisinteressen, Diskurskultur) der Fachdisziplin. Auffällig ist das bei Juristen: Durch die rechtsdogmatische Brille betrachtet, existieren Eigentumsbeziehungen nur, weil es Gesetze gibt, in denen der Umgang mit Gütern als Eigentum normativ geregelt ist. Da liegt natürlich der Fehlschluss nahe, dass die rechtsdogmatische Betrachtung Einsichten über die allgemeine Wesensart des Eigentums liefert.

Schauen wir uns den Inhalt dieser allgemeinen Aussagen über Eigentum und ihre Schlüsselbegriffe genauer an!

Ein Gut ist ein konkretes Etwas mit einem Gebrauchswert, der dieses konkrete Etwas für Mitglieder des sozialen Systems nützlich und begehrenswert macht. Güter können unterschiedlich beschaffen sein: Sie können physikalisch-stofflich oder digital, lebend oder unbelebt, fertige Produkte oder Dienstleistungen sein. Damit ein Gut mit Eigentumsansprüchen und -rechten belegt werden kann, muss es knapp und ausschließbar sein. Ein Gut ist knapp, wenn die im jeweiligen Kontext zugänglichen Exemplare dieses Guts die bestehende Nachfrage nicht befriedigen können. Nicht die Menge ihres Vorhandenseins in der Welt, sondern ihre Zugänglichkeit für die Menschen, die diese Güter gern nutzen würden, macht Güter knapp oder nicht knapp. Wenn es von einem Romantext 10 000 Printbücher gibt, aber nur 1000 der 10 000 Menschen, die dieses Buch gern lesen würden, Zugang zu diesem Buch bekommen, ist dieses geistige Gut knapp. Wenn eine (!) Datei, in der der Romantext dargestellt ist, auf einem Server liegt und dort jederzeit und gratis für alle Menschen zugänglich ist, ist dieses geistige Gut nicht knapp. Die Zugänglichkeit von Gütern wird sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nutzungsseite entschieden.

Eigentümer können Einzelpersonen, Gruppen oder Rechtssubjekte verschiedenster Art (Vereine, Erbengemeinschaften, Wohnungseigentumsgemeinschaften, Genossenschaften, Aktiengesellschaften, Dorfgemeinden, Staaten u. v. m.) sein.

Die exklusive Verfügungsgewalt des Eigentümers über „sein“ Eigentumsgut ist das Monopolrecht zur Nutzung dieses Guts, das aus einem Bündel an Einzelrechten besteht. Dieses Rechtebündel ist je nach Art des Guts und historisch-kulturellem Kontext unterschiedlich. Bei dinglichen Gütern (Sachen) in modernen Gesellschaften umfasst das Eigentumsrecht folgende Einzelrechte:

 – das Recht zu besitzen – die physische Kontrolle über die Sache,

 – das Recht zum Gebrauch – die persönliche Nutzung der Sache,

 – das Verfügungsrecht – das Recht zu bestimmen, wie und durch wen die Sache gebraucht werden kann,

 – das Recht der Einkommenserzielung aus der Nutzung der Sache,

 – das Recht des Verbrauchs und der Zerstörung,

 – das Recht der Veränderung,

 – das Recht der Veräußerung durch Verkauf, Schenkung oder Tausch,

 – das Recht der Vererbung,

 – das Recht auf Sicherheit – Schutz vor Enteignung,

 – die Pfändbarkeit der Sache als Schuldtitel (vgl. Brocker 1992: Arbeit und Eigentum, S. 395 f.).

Eigentumsbeziehungen sind soziale Ausschlussbeziehungen: Der Eigentümer hat das Recht und die Macht, die Nichteigentümer von der Nutzung seines Eigentumsguts auszuschließen. Er kann den Nichteigentümern Nutzungen des Guts verwehren, die seinen Interessen widersprechen. Und er kann von Nichteigentümern, die seine Eigentumsrechte verletzen, Entschädigung fordern. Die Ausschließbarkeit ist ein konstitutives Moment von Eigentumsbeziehungen. Güter, bei denen es unmöglich ist, andere Menschen von der jeweiligen Nutzung auszuschließen, können kein Eigentum sein. Deshalb kann das für alle Menschen lebenswichtige Gut Sonnenlicht nicht mit Eigentumsansprüchen/-rechten belegt werden. Der Ausschluss der Nichteigentümer wird durch verschiedene Schutzmittel ermöglicht. Wie Eigentümer ihr Eigentum schützen können und welche Unterschiede es diesbezüglich in der Offlinewelt und in der Onlinewelt gibt, werde ich unten darstellen.

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