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Exkurs: Das (Miss-)Verstehen von Begriffen

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Missverständnisse und Konfusionen in Argumentationen und Kontroversen erwachsen häufig daraus, dass zentrale Begriffe unreflektiert und undefiniert gebraucht werden. In der Wissenschaft gibt es nominalistische Freiheit. Grundsätzlich kann jeder Begriffe so definieren, wie er das für richtig hält. Allerdings sollte man stets klar sagen, d. h. definieren, wie man einen Begriff gebraucht, insbesondere wenn man von einem im jeweiligen Diskurs üblichen Verständnis des Begriffs abweicht. In diesem Fall sollte man gut begründen, warum man diesen Begriff anders als üblich definiert und gebraucht. Diese Definitions- und Begründungspflicht wird oft vernachlässigt. Meist wird munter drauflosgeredet und -geschrieben – in der naiven Annahme, dass die eigene Verwendung des Begriffs nicht eine mögliche, sondern die einzig richtige ist und jeder Hörer/Leser den Begriff genau so versteht, wie ihn der Autor meint (im Kopf hat). Diese weitverbreitete Unsitte öffnet dem Missverstehen Tür und Tor, denn der Hörer/Leser muss und kann sich selbst „zusammenreimen“, was der Autor mit dem betreffenden Begriff meint. Das führt regelmäßig zu der Unklarheit, ob der Autor bestimmte Sachverhalte kognitiv nicht adäquat begriffen oder diese zwar richtig begriffen, aber nicht sprachlich adäquat ausgedrückt hat, also nicht das sagt, was er meint.

Dass Verstehensprozesse misslingen können, liegt in ihrer Natur. Das Risiko des Missverstehens lässt sich nie vollständig eliminieren, sondern nur bestmöglich reduzieren. Das Hinterhältige an Verstehensprozessen ist, dass sie misslingen können, ohne dass dies der Mensch bemerkt, in dessen Kopf das Verstehen stattfindet. Nicht selten kommt es vor, dass Menschen aneinander vorbeireden, ohne dass sie das merken. Die meisten Menschen haben keine Wahrnehmung dafür, dass sie selbst in beiden Rollen – als Produzent und Rezipient von Texten – Verursacher des Missverstehens sein können.

Besonders hoch ist das Risiko des Missverstehens, wenn wissenschaftliche Begriffe gleichlautende Verwandte in der Alltagssprache haben, wie das beim Begriff ‚Eigentum‘ der Fall ist. Hier besteht immer die Gefahr, dass beim Verstehen auf die alltagssprachliche Bedeutung der Begriffe zurückgegriffen wird. Eine weitere Herausforderung tut sich auf, wenn Begriffe in komplexe Theoriezusammenhänge eingebunden sind. Theorien sind in komplexen Texten kodiert, in denen Begriffe und Theorie in reziproken semantischen und pragmatischen Verweisungszusammenhängen stehen. Um den Inhalt der Begriffe adäquat zu verstehen, muss man die Theorie, in die sie eingebettet sind, adäquat verstehen und umgekehrt. Die Vielzahl exegetischer Abhandlungen von Philosophen und Geisteswissenschaftlern zum Thema „Über den Begriff X bei Denker Y“ zeigt, dass sich der Inhalt zentraler Begriffe eben nicht allein aus ihrer Definition erschließen lässt.

Die Begriffe Onlinewelt, Offlinewelt und Contentgüter umreißen den thematischen Fokus der Studie.

Die Onlinewelt umfasst alle Aktivitäten, Güter und soziale Strukturen, die „im Internet“ stattfinden. Die Offlinewelt ist die Menschenwelt ohne das Internet. Sie umfasst alle gesellschaftlichen und individuellen Reproduktionsprozesse, die außerhalb des Internets stattfinden und stattfanden, bevor es das Internet gab. Contentgütersind für den öffentlichen Gebrauch bestimmte Kommunikationsgüter, die in der Offlinewelt über dingliche und audio-visuelle Trägermedien und in der Onlinewelt über das Internet zu ihren Nutzern gelangen.

Meine Untersuchung und Darstellung beschränken sich ausdrücklich auf Contentgüter. Erkenntnisse und Aussagen über andere Arten geistiger Güter (Patente, Marken, Geschmacksmuster u. a.), Wissen allgemein oder Informationsgüter allgemein lassen sich daraus nicht herleiten.

Der Schlüssel zum Verständnis der Contentkultur im Onlinezeitalter sind die Eigentumsbeziehungen. Eigentum wird im Alltag und in der Wissenschaft primär als Rechtsbeziehung verstanden und betrachtet, deshalb dominiert im gesellschaftlichen Diskurs über das Eigentum die juristische Perspektive. Das, was derzeit und zukünftig mit den Eigentumsbeziehungen von Contentgütern passiert, erkennt und begreift man jedoch nur, wenn man auch die sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen, politischen und psychischen Dimensionen von Eigentumsbeziehungen reflektiert.

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